Hohenbrunn:Startschuss für den Weg durch die Instanzen

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Die Anwohner der Friedrich-Fröbel-Straße sollen nach dem Willen der Gemeinde nicht für den Ausbau zahlen müssen. (Foto: Angelika Bardehle)

Hohenbrunn reicht Beschwerde gegen das Straßenbeitrag-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ein. Die Erfolgsaussichten sind allerdings gering.

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Eigentlich ist das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes über Hohenbrunns Straßenausbaubeitragssatzung eindeutig ausgefallen: Kommunen müssen für die Sanierung von Straßen in der Regel Beiträge erheben. Sie können selbst dann nicht darauf verzichten, wenn es um ihre Finanzen prinzipiell ganz gut bestellt ist. Mit diesem Urteil war auch klar: Hier geht es längst nicht nur um Hohenbrunn oder den Landkreis, das betrifft Gemeinden und Städte in ganz Bayern.

Bis eine endgültige Entscheidung fällt, kann es Jahre dauern

Hohenbrunn jedoch will sich damit nicht zufrieden geben. Der Gemeinderat hat am Donnerstagabend mit großer Mehrheit beschlossen, auf dem Weg durch die Instanzen das Urteil anzufechten. Zuerst geht der Fall vor das Bundesverwaltungsgericht, danach eventuell vor das bayerische Verfassungsgericht. Bis eine endgültige Entscheidung fällt, kann es Jahre dauern.

Große Hoffnungen auf einen Erfolg weckte Ferdinand Kuchler, der Anwalt der Gemeinde, nicht. Formal legte Hohenbrunn bereits vor kurzem Revision ein, diese wurde abgelehnt. Und dagegen möchte die Kommune jetzt eine Beschwerde einreichen. Diese würde vor dem Bundesverwaltungsgericht landen. Dass Hohenbrunn hier weiterkommt, ist eher unwahrscheinlich. Nur um die drei Prozent aller Beschwerden würden vor dem Bundesverwaltungsgericht zugelassen, sagte Kugler.

Hohenbrunn muss trotzdem zuerst diesen Weg gehen. Denn das eigentliche Ziel der Gemeinde heißt Bayerischer Verfassungsgerichtshof. Und da kommt die Kommune nur hin, wenn sie den Rechtsweg bis zur letzten Instanz ausgeschöpft hat.

Der Anwalt der Gemeinde ist nicht allzu optimistisch

Vor dem bayerischen Verfassungsgericht seien die Chancen zwar etwas größer, schwierig werde es aber wohl trotzdem, sagt Kuchler. Die einzige Möglichkeit sieht er in einem Artikel der Bayerischen Verfassung beziehungsweise im Grundgesetz. Dort heißt es sinngemäß, dass sich die Gemeinden um ihre Finanzen und um ihre Einnahmen selbst kümmern. Wenn also vorgeschrieben werde, dass Kommunen in der Regel nicht auf Beiträge für den Straßenausbau verzichten dürften, würde damit, so Kuchlers Gedanke, ihre Finanzhoheit beschnitten. Und das verstoße gegen die Verfassung.

Genauso argumentierte der Anwalt im November vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht. Da hörte der Richter zwar recht interessiert zu, im Urteil selbst fanden diese Ausführungen aber keinen Platz. Ob das jetzt besser wird? Gerade optimistisch gibt sich Kuchler jedenfalls nicht.

Die Versprechen der Vergangenheit holen Hohenbrunn ein

Warum klagt die Gemeinde trotzdem weiter? Es liegt daran, dass ihr jetzt ein Versprechen auf die Füße fällt, das sie vor einigen Jahren gab. Den Anliegern der Friedrich-Fröbel-Straße und der Steinstraße hatte der Gemeinderat zugesagt, dass sie nicht für die Straßenarbeiten zahlen müssen. Es waren die letzten beiden Straßen, die anstanden, alle anderen Baumaßnahmen hatte die Kommune bereits bezahlt. Und dann kam plötzlich alles Mögliche dazwischen - die Sanierung der Grundschule zum Beispiel.

Hohenbrunn musste Kredite aufnehmen und wurde schließlich vom Landratsamt ermahnt, eine Satzung zu erlassen. Mit einer großen Mehrheit hatte sie der Gemeinderat 2009 verabschiedet und gleichzeitig beschlossen, dass die beiden Straßen ausgenommen werden sollen. Nur machte das Landratsamt bei dieser Regelung nicht mit. Und seitdem tut Hohenbrunn alles, um die Satzung wieder loszuwerden. Zweimal zog die Gemeinde bereits vor Gericht, zweimal scheiterte sie. Trotzdem will die Kommune weiter für die Anwohner streiten.

"Moralische Pflicht" gegen Verwaltungsrecht

Manfred Weber von der SPD nannte es "eine moralische Pflicht", sich weiter für die Grundstücksbesitzer an der Friedrich-Fröbel-Straße einzusetzen: "Die Leute haben uns vertraut, sie haben nie einen Hinweis bekommen, dass etwas schiefgehen könnte." Dass man Dinge, die man einmal begonnen habe, auch zu Ende führen müsse, betonte Anton Fritzmaier (CSU): "Wir sollten nicht den Kopf in den Sand stecken. Wir sollten jetzt eine ultimative Entscheidung herbeiführen." Beide bekamen Applaus von den Zuhörern.

Letztlich stimmten nur drei Hohenbrunner Gemeinderäte gegen die Fortführung des Prozesses. "Wenn ich so einen Rechtsstreit mit so geringen Erfolgsaussichten privat zu führen hätte, ich würde die Finger davon lassen", sagte Martina Kreder-Strugalla von Grünen. "Wir wollten damals die Satzung. Wir haben es nur falsch angepackt." Und schließlich koste der Prozess auch Geld. Mit einem fünfstelligen Betrag rechnet zumindest Hohenbrunns Anwalt.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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