"Das ist ja gar nicht golden." Erst am Vormittag war wieder eine Schulklasse im Rathaus, erzählt Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU), und durfte die Blätter besichtigen, auf denen jeder, der Rang und Namen hat in Grünwald, sehr gerne verewigt werden möchte: das Goldene Buch der Gemeinde. Doch die Schulkinder haben recht: Es ist nicht golden. Allenfalls gelblich.
Aber der Einband ist aus wertvollem Leder. Und der Inhalt ist noch wertvoller. Denn er besteht aus den eigenhändigen Unterschriften vieler bekannter Menschen. Geführt wird es in der Gemeinde seit 1952, alle, die bisher darin stehen, werden in die Geschichte eingehen.
54 Jahre lang lag das zweite Buch im Tresor
2006 musste ein zweiter Band angefangen werden, der glücklicherweise genauso aussieht wie der erste. Was daran liegt, dass der geschäftsleitende Beamte aus dem Jahr 1952, Max Ernst, weit in die Zukunft dachte und gleich zwei der Bücher mit geschöpftem Büttenpapier kaufte. Band zwei lag demnach 54 Jahre lang im Tresor. Dort war das Buch offenbar gut aufgehoben, denn es sieht noch immer nagelneu aus.
Im Gegensatz zu Band eins, der ja unzählige Male in die Hände genommen wurde. Ins Goldene Buch schreibt man sich nicht nur im Rathaus ein, sondern es wird einigen Menschen auch hinterher getragen. Zwar gibt es eine Schutzhülle, doch die schützt nicht vor allen Gebrauchsspuren. Aber die sind ja auch ein sympathischer Teil des viel geliebten Werkes. Übrigens, auch Max Ernst schaffte es ins Goldene Buch der Gemeinde Grünwald, und das gleich zwei Mal: zu seinem 25. Dienstjubiläum 1966 und 1988 aufgrund von "verdienstvoller Vereinsarbeit".
Louis Trenker und Franz Beckenbauer sind verewigt
Wen findet man nun alles auf den liebevoll gestalteten Seiten? Ja, das ist noch so etwas. Die Unterschrift wird nicht einfach nur auf ein leeres Papier geleistet, sondern die betreffende Seite ist bereits liebevoll und kreativ vorbereitet. Früher von Franz Graf, der herrliche Zeichnungen anfertigte, etwa eine vom langhaarigen Franz Beckenbauer aus dem Jahr 1974 oder von Louis Trenker mit Hut 1975. Heute werden die einfallsreichen Zeichnungen von Valentin Pruy angefertigt.
Die Unterschrift wird also erst dann geleistet, wenn die Seite - immer in Absprache mit dem Bürgermeister - bereits gestaltet ist. Daher hat es sich Neusiedl angewöhnt, vorher beim Geehrten "etwas vorzufühlen". Doch wer würde schon Nein sagen, wenn er gebeten wird, sich im Buch zu verewigen? Da gebe es einige, verrät Neusiedl. Dabei handele es sich oft um Träger des bayerischen Verdienstordens, die "zu bescheiden" seien, um sich einzutragen. Die meisten jedoch lassen sich nicht zweimal bitten.
Auch Joachim Fuchsberger hat es ins Goldene Buch geschafft
Obwohl Grünwald ein beliebter Wohnort von Prominenten ist, genügt es nicht, ein solcher zu sein. Rudolph Mooshammer beispielsweise schaffte es nicht ins Goldene Buch. "Man muss sich schon um die Gemeinde verdient gemacht haben", erklärt Bürgermeister Neusiedl. Joachim Fuchsberger ist dies gelungen, und er war Träger des bayerischen Verdienstordens. Ebenso Karlheinz Rummenigge. Doch auch so wichtige Personen wie Bundespräsident Roman Herzog, Ministerpräsident Edmund Stoiber und Franz Josef Strauß sowie Kardinäle sind verzeichnet.
In die Geschichte eingehen wird aber auch eine ganze Menge "normaler" Grünwalder Bürger. Nämlich die, die bei der Eröffnung der Parkgarage am Marktplatz 2011 zugegen waren. Denn an diesem Tag durfte "jeder" unterschreiben, das Goldene Buch lag offen aus. Immer mit von der Partie sind auch die Lokalpolitiker, alle Grünwalder Gemeinderäte dürfen unterschreiben. Nur die Seite mit den derzeitigen Räten, über der steht "2014 bis 2020", ist noch leer. "Da haben wir zwar noch Zeit", sagt Neusiedl. Aber trotzdem möchte der Bürgermeister das jetzt erledigen und daher wird er das Goldene Buch in die letzte Gemeinderatssitzung vor Weihnachten am 15. Dezember mitnehmen. Dann dürfen alle Lokalpolitiker feierlich ihre Unterschrift leisten. Auch eine Art von Weihnachtsgeschenk.