Borkenkäfer:Ein Sommer zum Schwärmen

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Kleiner Käfer, der großen Schaden anrichtet: der Buchdrucker. (Foto: Ralf Petercord/LWF)

Die Hitze begünstigt die Ausbreitung des Borkenkäfers, der sich heuer dank des milden Winters ohnehin stark vermehrt hat. Inzwischen machen mehrere Generationen des Baumschädlings den Waldbauern zu schaffen

Von Michael Morosow, Landkreis

Ein milder Winter, ein regenwarmes Frühjahr und jetzt ein extrem heißer Sommer - für die Bruten des Borkenkäfers hätte es nicht besser kommen können, für die Waldbauern nicht schlechter. "Der Käfer fliegt und fliegt und fliegt", heißt es in der jüngsten Ausgabe des Newsletters "Blickpunkt Waldschutz" der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF). Dagmar Rothe vom Ebersberger Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten spricht von einer außergewöhnlichen Situation mit einer sehr hohen Vermehrungsrate - und das in Wäldern, die nach wie vor unter den Folgen des Orkans Niklas vor sechs Jahren leiden.

Deutlich mehr Fichten als in den Jahren zuvor werden heuer dem gefräßigen Käfer zum Opfer fallen. Werner Fauth, selbst Waldbesitzer in Aying und Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung für Ebersberg und München Ost, prognostiziert für das laufende Jahr einen Verlust von 100 Euro je Hektar, was bei einer Waldfläche von 13 500 Hektar einen Gesamtschaden in Höhe von 1,35 Millionen Euro ergibt.

Befallene Bäume sind am Bohrmehr zu erkennen

Damit der Schaden nicht ins Unermessliche anwächst, sind seit Wochen die Waldbauern damit beschäftigt, nach befallenen Fichten zu suchen, diese unverzüglich zu fällen und fachgerecht zu entsorgen. Doch offenbar legt dabei nicht jeder Waldbesitzer das gleiche Engagement an den Tag, was laut Fauth mitunter zu "handfesten Konflikten" führt zwischen jenen, die in ihrem Revier mit großem Einsatz bei der Sache seien, und denen, die das Problem eher lässig angingen und den Borkenkäfer nicht mit aller Kraft bekämpften, sodass dieser auch in die benachbarten Wälder ausschwärmen kann.

Gerade zum jetzigen Zeitpunkt könne man befallene Bäume recht gut an dem feinen Bohrmehl erkennen, das auf Rindenborken und Pflanzenblättern rund um den Baumstamm zu finden sei und aussehe wie Schnupftabak oder Kaffeepulver, sagt Forstwirt Heiko Willig von der "Weißer Rabe soziale Betriebe und Dienste GmbH". Willig ist seit Wochen im Auftrag von Kommunen und privaten Waldbesitzern unterwegs, um dem Borkenkäfer zu Leibe zu rücken.

Um den Ausflug der zweiten Generation und damit die Anlage einer dritten zu verhindern, ist dabei Sorgfalt oberste Pflicht. Frische Resthölzer, selbst kleinere Äste und das Kronenmaterial eines befallen Baumes müssen restlos entfernt werden, damit sie keine Brutstätten bilden können. Momentan würden die geschlagenen Fichten geschält, damit die unter der Rinde verborgenen Käfern vertrocknen. Mit drei bis sieben Helfern ist Willig dazu täglich unterwegs, aktuell in Gräfelfinger und Pullacher Wäldern.

Mehrere Generationen des Käfers sind heuer gleichzeitig unterwegs

Die derzeitige Entwicklungsgeschwindigkeit der Bruten des Borkenkäfers sei eine der höchsten der vergangenen zehn Jahre, meldet die LWF. Heuer habe die Entwicklungszeit des Buchdruckers vom Ei bis zum fertigen Jungkäfer nur fünf Wochen betragen. Und nicht nur das: Der Ausflug der Jungkäfer zur Anlage der Geschwisterbrut erfolgte zeitlich synchron mit dem Ausflug der Jungkäfer der ersten Geschwisterbrut aus der ersten Maihälfte. Durch die zeitlich ausgedehnte erste Schwärmwelle überlagern sich laut LWF-Mitteilung die Schwärmflüge der Folgegenerationen und Geschwisterbruten und lassen sich zeitlich nicht mehr auseinanderhalten. "Das bedeutet, dass aktuell ein hoher Befallsdruck besteht und nahezu permanent mit frischem Stehendbefall zu rechnen ist", heißt es in dem Newsletter der Landesanstalt.

"Der Käfer ist heuer Anfang April zum ersten Mal ausgeschwärmt", weiß der Ayinger Waldbauer Werner Fauth. Seit im April 2004 die LWF ein einheitlich strukturiertes, organisiertes Überwachungssystem gestartet hat, lassen sich Gefährdungssituationen schneller vorhersehen. Dieses Monitoring gewährleistet einen kontinuierlichen, flächendeckenden Überblick, der die Borkenkäferüberwachung effizienter macht und den Aufwand für den Waldbesitzer zu verringern hilft. Spezialisten an der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft werten dabei die an den allen Forstrevieren gesammelten Daten aus Fallenfängen und Bruthölzern aus. Die sich daraus ergebenden Informationen von einem Fallenstandort werden dann mit der aktuellen örtlichen Lageeinschätzung durch die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten verknüpft.

Bislang hat man im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg nicht daran gedacht, wie zuletzt in Fürstenfeldbruck einen "Käferalarm" mit der höchsten Warnstufe auszurufen. "Die Waldbauern haben eh schon so viel Stress", sagt Dagmar Rothe vom LWF.

© SZ vom 02.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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