Was der Zoll alles einkassiert:Funde aus der Gruselkammer

Getötete Tigerbabys, Krokodilköpfe oder Kobras im Reisschnaps - es ist nicht nur skurril, was der Zoll am Münchner Flughafen alles beschlagnahmt. Die Einfuhr ist oft auch strafbar. Ein Überblick in Bildern.

Michael Ruhland

Was der Zoll alles einkassiert

Kopflos aus Afrika

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(Foto: Marco Einfeldt)

Getötete Tigerbabys, Krokodilköpfe oder Kobras im Reisschnaps - es ist nicht nur skurril, was der Zoll am Münchner Flughafen alles beschlagnahmt. Die Einfuhr ist oft auch strafbar. Ein Überblick in Bildern. Was auch immer den Flugreisenden getrieben haben mag, der den präparierten Krokodilschädel in eine Umzugskiste gepackt hat: Lautere Motive dürften es nicht gewesen sein. Die Tiere sind streng geschützt, seit sie von Jägern weltweit schon beinahe ausgerottet waren. Der Münchner Zoll entdeckte die Trophäe in der Luftfracht eines Deutschen, der aus Afrika wieder nach Hause zog. Sie stellte den nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen illegal eingeführten Tierkopf sicher und reichte den Vorfall an das Bundesamt für Naturschutz in Bonn weiter. Dort legt man je nach Größe und Art des geschützten Tieres ein Bußgeld fest. Ist das Verfahren abgeschlossen, bleibt das Stück im Eigentum des Bundes. Ab und an verleiht der Zoll ausgestopfte Tiere an Museen wie zum Beispiel an das Museum Mensch und Natur im Nymphenburger Schloss.

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Totes Baby an Bord

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(Foto: Marco Einfeldt)

Die Jäger müssen ziemlich kaltblütig gewesen sein. Das Löwenbaby war erst wenige Wochen alt, als eine Kugel sein Leben auslöschte. Ob die Mutter ebenfalls dran glauben musste, wissen wohl nur die Wilderer, die mit ihren Trophäen auf dem afrikanischen Schwarzmarkt viel Geld machen. Leider gibt es dafür Abnehmer, wie jenen deutschen Reisenden, der das ausgestopfte Löwenkind im Reisekoffer verstaut hatte. Der Zoll spürte es auf, und obwohl der Fund fast zwanzig Jahre zurückliegt, regt sich Thomas Meister vom Hauptzollamt noch heute über den Fall auf. "Stellen Sie sich vor, wie schön so ein Tier in freier Wildbahn wäre. Und der Urlauber wollte sich die Trophäe zuhause in die Vitrine stellen!", schimpft er. Immerhin bekam der Mann ein Strafverfahren an den Hals, ein Gericht legte den Strafrahmen fest. Auch wenn Meister nichts über die Höhe der Strafe weiß (der Zoll erfährt nur, dass ein Verfahren abgeschlossen ist), ist er sich sicher, dass der Reisende zu mehr als 90 Tagessätzen verdonnert wurde. Damit wäre er automatisch vorbestraft.

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Böses im Schilde

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(Foto: Marco Einfeldt)

Schildkröten können ziemlich alt werden und sind auf diesem Planeten schon ein paar Jahre länger vertreten als die Spezies Homo sapiens. Gerade letzterer macht den Meeresschildkröten das Leben schwer, sei es, indem er Strände heimsucht, in denen die Tiere ihre Eier ablegen, sei es, dass es immer noch Lokale gibt, die Schildkrötengerichte servieren. Man muss aber schon ziemlich kaltblütig sein, um eine Meeresschildkröte als ausgestopftes Souvenir ins Gepäck zu stecken. Das Schicksal des Tieres sah wahrscheinlich folgendermaßen aus: Es wurde mit Netzen gejagt, auf den Rückenpanzer gedreht, am Bauch aufgeschlitzt - so blutete es langsam aus. Zehn Jahre liegt der Fall zurück, und der Zoll hat zum Glück festgestellt, dass derlei grausige Funde nur noch sehr selten vorkommen. Weil das Tier zu den hochgeschützten Arten gehört, bekam die Urlauberin automatisch ein Gerichtsverfahren an den Hals, das wohl mit mehreren 1000 Euro Buße und einer Vorstrafe endete.

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Hochprozentig daneben

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(Foto: Marco Einfeldt)

Der Gag kommt, wenn alle schon leicht angeheitert sind. Und meistens sitzt er auch. Der Gastgeber zeigt die Bilder der letzten Vietnamreise und schenkt, passend zum Anlass, den mitgebrachten Reisschnaps aus. Die Runde dankt's mit viel Gelächter und dummen Sprüchen, doch dann trumpft der Hausherr auf. Er holt den Reisschnaps aus der Küche und lässt ihn kreisen - dem ein oder anderen verschlägt es dann die Sprache. In der Flasche hat sich eine Kobra in Kampfeshandlung aufgebaut, es war ihre letzte Tat. Oft sind dem billigen Alkohol noch Ginsengwurzeln beigefügt, zusammen mit der toten Schlange soll das Gesöff von rheumalindernd bis potenzfördernd wirken. Wieviele solcher Mitbringsel in deutschen Wohnzimmern landen, ist schwer zu schätzen. Der Zoll stellt jedenfalls regelmäßig Flaschen sicher, in der Asservatenkammer stehen allein um die fünfzig Stück. In Asien kann man sie auf Märkten für umgerechnet etwa sieben Euro kaufen, das Bußgeld beträgt in Deutschland etwa 150 Euro. Kobras stehen unter Artenschutz, die Einfuhr ist illegal und bringt dem Reisenden eine Menge Ärger ein. Bis hin zum Strafverfahren.

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Teurer Hingucker

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(Foto: Marco Einfeldt)

Natürlich ist so ein holzgerahmter Glaskasten an der Wand ein Augenschmaus. Denn wen faszinieren riesige Schmetterlinge nicht, noch dazu, wenn sie in metallischem Grün, glühendem Orange und samtenen Blau leuchten? Das haben sich Mutter und Tochter wohl gedacht, als sie auf ihrer Reise in Papa-Neuguinea ein schön aufbereitetes Ensemble erwarben und arglos in den Koffer packten. Dumm nur, dass es sich bei den Exponaten um Vogelflügler handelt. Diese zur Gruppe großer Schwalbenschwänze gehörenden Schmetterlinge sind in der indoaustralischen Welt zuhause und kommen nur sehr selten vor. Deshalb erzielen die farbenprächtigen Schmetterlinge auch recht ansehnliche Preise auf einschlägigen Börsen. Ihre Einfuhr ist illegal, und da interessiert es den Zoll auch nicht, ob die Stücke angeblich von Eingeborenen gezüchtet worden sind. Besser die Finger davon lassen, das drohende Bußgeld ist saftig und kann je nach Fall ein paar hundert Euro betragen.

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Federleicht reingerasselt

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(Foto: Marco Einfeldt)

Gegen Musikinstrumente als Souvenirs ist im Prinzip gar nichts einzuwenden. Sie transportieren auch etwas von der Lebensfreude, die der Reisende in den vergangenen Wochen erlebt hat. Ob Marimba, Conga oder Gong: Sofort sind die karibischen Klänge wieder da, die afrikanischen Rhythmen, das Sphärische eines buddhistischen Klosters. Man kann also kaum etwas falsch machen, oder? Man kann: Ein junger Urlauber brachte aus Südamerika eine Rassel mit, ein reines Naturprodukt, weil sie aus einem getrockneten Flaschenkürbis, einer Kalebasse, besteht. Ein Händler wollte der etwas langweiligen braunen Frucht wohl noch ein paar Farbtupfer aufsetzen und drapierte an die Spitze mit Klebstoff bunte Federn. Es waren Papageienfedern, wie der Zoll nach einem genaueren Blick feststellte, denn es sind die einzigen Federn, die auf der Unterseite andersfarbig sind als oben. Papageien sind aber geschützt, und das gilt für das komplette Tier. Das Stück wurde konfisziert, der Globetrotter musste ein Bußgeld bezahlen.

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Dickes Haar

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(Foto: Marco Einfeldt)

Er ist pechschwarz, eher unscheinbar und trägt sich wunderbar leicht. Ein Armreif aus Elefantenhaar ist nichts für Protzer, denn nur der Kenner wird das Stück als ehemaligen Bestandteil der Quaste am Schwanz eines Elefanten identifizieren. Forscher untersuchen Elefantenhaare neuerdings, um anhand der Stickstoff- und Kohlenstoffzusammensetzung auf das Ernährungsverhalten und die Gesundheit der Dickhäuter zu schließen und daraus Vorschläge für die Größe von Reservaten abzuleiten. Dabei sollte es auch bleiben, denn gerade die Verarbeitung zu Schmuck ist illegal, wie auch sämtlicher anderer Handel mit Bestandteilen eines Elefanten. Dem Zoll ist es im Übrigen egal, wann der Armreif erworben wurde. Wer ihn trägt oder im Gepäck mitführt, muss sich dafür verantworten. War es ein Erbstück, muss der Beerbte ein entsprechendes Dokument vorlegen. Das sollte man am besten bei sich haben, das erspart Ärger.

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Erleuchtung nicht garantiert

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(Foto: Marco Einfeldt)

Es gibt viele gläubige Menschen, die sich gerne mit Devotionalien umgeben. Hier ein Heiligenbildchen, dort eine Muttergottes, über allem wacht der Gekreuzigte im Herrgottswinkel. Der Geschmack solch kleiner Glaubensbekenntnisse geht je nach Kultur weit auseinander und ist eigentlich ganz Privatsache. Eigentlich. Denn was der Münchner Zoll manchmal aus den Gepäckstücken zieht, ist nicht nur purer Kitsch, sondern obendrein illegal. Eine Pilgerreisende wollte am Münchner Flughafen nur einen Zwischenstopp einlegen. Doch was sie in ihrem Koffer aus der Karibik mitführte, brachte ihr völlig unerwarteten Ärger ein. Die von unten beleuchtete Muttergottes steht in einer aus zwei Mördermuscheln geformten Grotte auf einer dritten Riesenmuschelhälfte. Bunte Plastikblumengestecke sollen sie schmücken, doch nun steht das Ding nicht, wie geplant, auf dem Nachttischchen, sondern fest verschlossen in der Asservatenkammer. Riesenmuscheln sind geschützt, da hilft auch göttlicher Beistand nichts. Die ältere Dame musste Geld hinterlegen, um weiterreisen zu dürfen. Ein paar Monate später wurde ihr der Bußgeldbescheid zugesandt.

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Unheilvolle Sehnsucht

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(Foto: Marco Einfeldt)

So ein Stück passt wunderbar ins Handgepäck. So kann man es schon im Flugzeug eingehend betrachten und die ersten Sehnsuchtsgefühle wachrufen. Wie schön war es doch am Meer! Weil die Händler an den Strandorten um diese Sehnsucht wissen, blüht das Geschäft mit den filigranen Korallenstücken, die naturbelassen oder kitschig mit Farben besprüht in allen Variationen angeboten werden. Mal sind kleine Muscheln beigefügt, mal Plastikfische. Hauptsache, das Unterwassergefühl kommt irgendwie rüber. Der Zoll interessiert sich für den Schnickschnack drumherum nicht, er schaut nur auf die Koralle, und die ist in all ihren Arten geschützt (kleine, daumendicke Stücke darf man mitnehmen). Das Meeressouvenir aus Mauritius wanderte also aus dem Handgepäck in die Hände des Zolls. Auch hier war ein - wenn auch wegen der kleinen Größe der Korallenstücke moderates - Bußgeld fällig.

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Fataler Fund

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(Foto: Marco Einfeldt)

Das Fundstück ist sicherlich schon Monate vom Sand und den Wellen rundgeschliffen worden, ein mächtiger Korallenstock war das einmal. Man kann sich die Freude des Finders ausmalen, der beim Strandspaziergang das Schwemmgut liegen sah, das möglicherweise ein Sturm an Land gespült hatte. Er hätte es besser liegengelassen, denn auch längst abgestorbene Korallenteile sind geschützt. Die Zollbeamten können ja nicht überprüfen, ob das Stück gefunden, geschenkt, gekauft oder geklaut wurde. Entscheidend ist allein, dass ein Reisender es einführen will. Weil der Korallenstock recht mächtig war, musste der gutgläubige Urlauber wohl auch weit mehr als 100 Euro berappen. Wäre die Koralle noch unversehrt gewesen, wäre die Strafe noch deutlich höher gewesen, weil man davon ausgehen hätte müssen, dass das Stück heraufgetaucht worden war.

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Schuppen am Schuh

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(Foto: Marco Einfeldt)

Mit solch einer Fußbekleidung fällt man zweifelsohne auf, wenn auch nicht gerade positiv. Offenbar ging es dem Geschäftsmann um ein ungewöhnliches Outfit. Allein, er kam nicht dazu, es der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Zoll konfiszierte die Fußbekleidung, die der Mann bei einer Reise im Jahr 2004 in seinen Koffer gepackt hatte. Zuvor waren die Schlangenlederschuhe einer Python zum Verhängnis geworden, die zu den geschützten Arten gehört. Könnte es nicht auch ein Imitat sein? Ein einfache Probe überzeugte die Beamten vom Gegenteil: Streift man mit der Hand über den Schuh, spürt man, wie sich die Schuppen leicht abheben. Billig waren die Schuhe beim Einkauf in Thailand sicherlich auch nicht gerade, richtig teuer wurde es aber erst in Deutschland. Je nach Einkommen des Geschäftsmannes könnte das Bußgeld auch mehr als 1000 Euro betragen haben.

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Aus dem Rahmen

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(Foto: Marco Einfeldt)

Mit Souvenirs ist es so eine Sache: Will man gleich mehrere Menschen beglücken, kann die Auswahl in Stress ausarten. Warum also nicht allen das Gleiche schenken, wenn es praktisch, formschön und obendrein individuell einsetzbar ist? So ähnlich mag ein Mexiko-Reisender gedacht haben, als er fünf Bilderrahmen aus Kaktusholz ganz legal in einem Souvenirladen erwarb. Unglücklicherweise sind aber alle Kakteenarten geschützt, die gut gemeinte Idee endete misslich. Fünf Stück heißt zugleich fünfmal illegal, was das Strafmaß nach oben schraubte. Ob der junge Mann jemals wieder Geschenke aus dem Urlaub mitbringen wird, darf bezweifelt werden.

© SZ vom 18.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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