Südöstlicher Landkreis:Niemand will die Realschule haben

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Die Neubiberger Realschule muss entlastet werden, darüber herrscht weitgehend Einigkeit bei den Kreispolitikern. (Foto: Claus Schunk)

Der Vorstoß der Freien Wähler für eine neue Realschule im Südosten des Landkreises trifft bei den betroffenen Bürgermeistern in Hohenbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn auf erhebliche Skepsis. Die Grünen sprechen von Kirchturmpolitik.

Von Stefan Galler und Martin Mühlfenzl, Hohenbrunn/Höhenkirchen

Eine Realschule in ihrer Gemeinde? "Ich vergönne sie Hohenbrunn, die haben ein wunderbares Grundstück westlich der S-Bahn", sagt Ursula Mayer (CSU), Bürgermeisterin von Höhenkirchen-Siegertsbrunn halb im Scherz. Es geht um den Vorstoß der Freien Wähler in der Kreistagssitzung am Montag im Bürgerhaus Haar. Dort hatte der stellvertretende Landrat Otto Bußjäger seinen Antrag gestellt, den Bedarf für eine weitere Realschule im südöstlichen Landkreis ermitteln zu lassen - und diese bei einer entsprechenden Nachfrage beim Kultusministerium zu beantragen.

Ein ziemlich überraschender Vorstoß

Ein für die meisten Anwesenden ziemlich überraschender Vorstoß, der keineswegs einhellige Begeisterung hervorruft. Ursula Mayer etwa sagt: "Wir sind erstens mit unserer Mittelschule sehr zufrieden und wünschen uns als Anschluss eine Pflegeschule, über die ja schon beraten wird." Außerdem, sagt die Rathauschefin, könne sich Höhenkirchen-Siegertsbrunn eine Realschule schlicht nicht leisten.

In der Kreistagssitzung selbst hatte Bußjäger kein Wort über mögliche Standorte verloren; erst im Anschluss an die Sitzung sagte der Freie Wähler der SZ, er könne sich eine Realschule idealerweise in seinem eigenen Wohnort Höhenkirchen-Siegertsbrunn oder in der Nachbarkommune Hohenbrunn vorstellen. Deren Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) zeigte sich ähnlich wie die Amts- und Parteikollegin Mayer auf dem falschen Fuß erwischt.

"Ein bisschen populistisch"

"Ich weiß nicht, ob der Vorschlag ernst gemeint ist oder doch eher ein bisschen populistisch", sagte Straßmair auf Nachfrage. "Ich hätte es besser gefunden, wenn er erst den Schulzweckverband, dem ich als Mitglied angehöre, und uns Bürgermeister über seine Pläne informiert hätte." Es sei bekannt, dass die Neubiberger Realschule aus allen Nähten platze und Entlastung nötig sei, so der Hohenbrunner Rathauschef. "Aber ich bin sicher nicht derjenige, der schreit 'Her mit der neuen Schule', wenn ich die Bedingungen nicht genau kenne."

Vorstoß der Freien Wähler
:Neue Realschule für den Südosten

Die Realschule in Neubiberg platzt aus allen Nähten. Deshalb fordern die Freien Wähler einen Neubau. Er könnte nach ihren Vorstellungen in Hohenbrunn oder Höhenkirchen-Siegertsbrunn entstehen.

Von Stefan Galler

Der Vorschlag der Freien Wähler fällt in eine Zeit, in der die Kreispolitiker die Bildungslandschaft des Landkreises ohnehin neu ordnen. Nicht zuletzt die Diskussion über eine neue Realschule in Haar verdeutlicht aber, wie komplex der Prozess hin zu einer neuen weiterführenden Schule ist: Zwar sprechen sich in der Gemeinde alle Parteien für eine eigene Realschule aus, auch das Kultusministerium hat den Bedarf in Haar anerkannt - Bürgermeisterin Gabriele Müller und ihre SPD aber hegen massive Zweifel, ob sich die Kommune ein derartiges Projekt überhaupt wird leisten können. Darüber hinaus gibt es in Haar erhebliche Bedenken, ob der Bedarf tatsächlich vorhanden ist - die meisten Haarer Kinder und Jugendlichen besuchen schließlich die nur eine S-Bahnstation entfernte Realschule Vaterstetten.

Der zweite Schritt vor dem ersten

Und nur der Bedarf, verbunden mit der Tatsache, dass eine neue Schule eine benachbarte nicht im Bestand gefährden darf, sind für Neugründungen ausschlaggebend. "Die Freien Wähler aber machen den zweiten Schritt vor dem ersten", sagt Christoph Nadler, Fraktionschef der Grünen im Kreistag. "Denn gerade wird der neue Bedarfsplan für den Landkreis erstellt. Wir wissen also noch nicht, ob eine neue Realschule im Südosten gebraucht wird." In Nadlers Augen ist Bußjägers "Vorpreschen auch Kirchturmpolitik", denn: "Momentan wohnt Bußjäger in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. So einfach ist das."

Nadlers Kollegin Ingrid Lenz-Aktas von der SPD sagt, es brauche "schon konkrete Zahlen, um über so ein Vorhaben zu diskutieren". Einfach eine Schule fordern, sagt sie, sei "kein sehr durchdachtes Vorgehen". "Wir planen momentan sehr konkret im Norden und Osten, auch in Haar, und dann kommt so ein überraschender Vorschlag daher", sagt Lenz-Aktas. "Viel kann man damit nicht anfangen, solange die neuen Zahlen nicht da sind." Das sieht Nadler ganz ähnlich: "Das Bauchgefühl kann nicht vor neutralen, unangreifbaren Zahlen stehen." Und der Grüne legt nach: "Das ist schon etwas lächerlich."

Der Landrat ist "um jede Anregung dankbar"

Zumindest von oberster Stelle wird Bußjägers Vorschlag mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. "Ich bin um jede Anregung dankbar", sagt Landrat Christoph Göbel (CSU). Der Antrag gehe grundsätzlich in die richtige Richtung. Mittelfristig werde sich die Kreispolitik mit einer weiteren Realschule beschäftigen müssen. "Aber dafür haben wir den Schulbedarfsplan", sagt Göbel. Was wäre ein möglicher Standort? "Das kann man heute noch nicht sagen."

© SZ vom 16.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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