Baierbrunn:Gut für Mensch und Fisch

Lesezeit: 2 min

An der Wehranlage wird künftig eine moderne Turbine aus Restwasser Strom erzeugen. Weil der Abstand zwischen den Schaufelrädern groß ist und sie sich langsam dreht, schont sie die Bewohner der Isar.

Von Melanie Artinger, Baierbrunn

In einem spannenden Pilotprojekt wird die Wehranlage Baierbrunn derzeit erweitert. So werden neben einer Restwasserkraftanlage zur regenerativen Stromerzeugung auch zwei Bauwerke errichtet, mit deren Hilfe die ökologische Durchlässigkeit der Isar entscheidend verbessert werden soll. Bisher zweigt die Wehranlage lediglich rund 80 Kubikmeter Wasser pro Sekunde von der Isar für die Stromerzeugung in den Kraftwerken Höllriegelskreuth und Pullach ab. Um in Zukunft auch das Restwasser energetisch nutzbar zu machen, kommt in dem entstehenden Kleinwasserkraftwerk eine hochmoderne Turbine zum Einsatz.

Deutschlandweit wird hier in der Isar die zweite Turbine mit Very-Low-Head-Betrieb (VLH) eingesetzt. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie bereits niedrige Fallhöhen energetisch ausnutzen kann und außerdem den Fischen nicht schadet. Der Abstand zwischen den Schaufelrädern ist relativ groß und sie dreht sich langsam. Üblicherweise erreicht eine Turbine in einem vergleichbaren Kleinkraftwerk an die 300 Umdrehungen pro Minute, während es bei der VLH-Turbine in der selben Zeit lediglich 20 Umdrehungen sind, wie Jochen Zehender von der Bayerischen Landeskraftwerke GmbH sagt. Dieser Turbinentypus soll die Fischwanderung flussabwärts ohne Schädigung der Tiere erleichtern. Gleichzeitig können damit jährlich rund 1,8 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt und rund 700 Haushalte versorgt werden. Bereits im Februar nächsten Jahres soll das Kleinwasserkraftwerk auf Baierbrunner Flur in Betrieb genommen werden, wie Projektleiter Gerhard Hofmann ankündigt.

Naturnahe Gestaltung durch verschiedene Gewässertiefen

Baierbrunn, Baufortschritt Wasserkraftwerk Baierbrunn Baierbrunn, Baufortschritt Wasserkraftwerk Baierbrunn, mit Fischrampe, Fischtreppe, raue Rampe, ermöglicht Fischdurchgängigkeit in beide Richtungen, Foto: Angelika Bardehle (Foto: Angelika Bardehle)

Um die Fischwanderung auch flussaufwärts zu ermöglichen, entsteht im Uferbereich eine Raue Rampe. Dabei handelt es sich um eine etwa 40 Meter breite schräge Fläche, auf der durch geschickte Platzierung von großen Störsteinen die Fließgeschwindigkeit reduziert wird und Ruhezonen entstehen. Innerhalb der Rampe wurden bei der naturnahen Gestaltung auch verschiedene Gewässertiefen beachtet. Sollten manche Fische dennoch einmal den unteren Einstieg in die Rampe verpasst haben, gibt es so neben der Turbine eine zweite Einstiegsmöglichkeit.

Auch in diesem Gewässerabschnitt können schwimmschwache Tiere Ruhe-Zonen finden. Um die Isar um weitere 19 Kilometer für Wasserlebewesen durchgängig zu machen, investierte Uniper Kraftwerke, die die Gesamtbauleitung macht und später den Betrieb der Anlage übernimmt, rund zwei Millionen Euro für diese beiden Maßnahmen. Erklärtes Ziel ist eine erhöhte Biodiversität. Ein umfangreiches Fischmonitoring durch das Landesamt für Umwelt in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München soll die Auswirkungen des Projekts untersuchen.

Bis 2021 soll vollständige Durchlässigkeit der Isar erzielt werde

"Beide Anlagen setzen neue Maßstäbe", sagt Christian Barth, Amtschef des bayerischen Umweltministeriums. Gerade in Zeiten, in denen die klimaneutrale Wasserkraft eine wichtige Rolle in Bayern spiele werde, seien Beispiele, die zeigten, dass eine sinnvolle Balance zwischen Ökologie und Ökonomie gefunden werden kann, von großer Bedeutung, so Barth.

Er geht davon aus, dass bis 2021 eine vollständige Durchlässigkeit der Isar vom Sylvensteinspeicher bis zur Donau erreicht werden könne. Teile des insgesamt 5,5 Millionen Euro teuren Projekts werden über die neugegründete Wasserkraft Baierbrunn GmbH finanziert, bei der sich Bayernwerk Natur und die Bayerische Landeskraftwerke GmbH als Partner eingebracht haben. Nach Fertigstellung sollen sich auch Kommunen und Bürgergesellschaften an dem Projekt beteiligen können.

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: