Krankenpfleger verurteilt:Albtraum unter Narkose

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"Schutzlos ausgeliefert": Ein Krankenpfleger begrapscht am Klinikum Pasing drei frisch operierte Patientinnen. Nun hat ihn das Münchner Amtsgericht zu drei Jahren Haft verurteilt.

Von Christian Rost

Ein Pfleger, der sich im Klinikum Pasing an narkotisierten Patientinnen vergangen hat, ist am Freitag am Münchner Amtsgericht zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Matthias Braumandl sprach den 39-Jährigen des sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger schuldig und verhängte ein lebenslanges Berufsverbot.

Das Gericht folgte der Sichtweise von Anklägerin Rebecca Hupke, wonach der Angeklagte in zwei Fällen im März dieses Jahres sowie einmal im März 2012 im Aufwachraum der Klinik frisch operierten Patientinnen an die Brüste gefasst hatte. Er massierte und knetete die Brüste der noch halb sedierten Frauen und drehte auch an ihren Brustwarzen, um sich offensichtlich sexuell zu erregen.

"Sie waren dort eingesetzt, um den Menschen zu helfen - und nicht, um zu grapschen", warf die Staatsanwältin Konstantinos L. vor, der sich das Plädoyer wort- und regungslos anhörte. Eine Patientin hatte im Prozess ausgesagt, dass der Pfleger während seiner Fummeleien zu ihr gesagt habe: "Du hübsches Mädchen bleibst noch hier."

Die Frauen, die an der Hand, am Blinddarm beziehungsweise an der Galle operiert worden waren, seien L. "schutzlos ausgeliefert" gewesen, betonte die Staatsanwältin. Die drei Frauen hätten gespürt und beobachtet, dass L. sie von den Brüsten bis hinunter zum Bauchnabel streichelte. Sie hätten aber nichts sagen und sich auch nicht wehren können unter der Nachwirkung der Narkose. "Das hat der Angeklagte ausgenutzt", sagte Hupke.

Eva Koch, Sachverständige vom Institut für Rechtsmedizin, hatte zuvor das Argument der Verteidigung entkräftet, ein Narkosemittel habe bei den Patientinnen womöglich sexuelle Phantasien ausgelöst. Solche durch das Narkotikum Propofol ausgelösten "bad trips" sind in Einzelfällen tatsächlich als Nebenwirkungen bekannt. In der Praxis kommt dies aber so gut wie nie vor. Ein Leitender Oberarzt am Klinikum Pasing mit 23 Jahren Berufserfahrung hatte gesagt, ihm seien nur fünf mögliche Fälle bekannt - um drei davon ging es in diesem Prozess. Die Sachverständige Koch sagte, es sei zudem sehr unwahrscheinlich, dass Propofol bei gleich drei Patientinnen dieselben Phantasien erzeugt habe.

50 Fotos von Frauenbrüsten

Die Staatsanwältin verwies schließlich noch auf eine spezielle Leidenschaft des Angeklagten. Auf seinem Mobiltelefon waren 50 Fotos gespeichert - die Bilder zeigten ausnahmslos Frauenbrüste. Die Anklägerin forderte drei Jahre und elf Monate Haft für L. sowie ein Berufsverbot. Die Nebenklageanwältin, die vor Gericht zwei der Opfer vertrat, schloss sich der Forderung an und betonte, die Frauen litten teils heute noch unter Angstattacken.

Verteidiger Jens Bosbach hielt die Vorwürfe für nicht erwiesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Propofol sexuelle Phantasien auslöse, sei zwar gering. "Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Frauen Trugbilder hatten." Bosbach verlangte deshalb einen Freispruch.

Richter Braumandl sprach L. nach kurzer Beratung mit den Schöffen schuldig. "Nicht das Medikament hat ,bad trips' bei den Opfern ausgelöst - der Albtraum waren Sie", hielt er dem Angeklagten vor. Er habe angesichts der Wehrlosigkeit der Patientinnen "die Gelegenheit beim Schopf gepackt", so Braumandl. Schon die Handyfotos belegten eine "gewisse Brustfixierung" bei Konstantinos L.

© SZ vom 21.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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