Konzerte:Bibers Klagelied

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Der Ruf eines klagenden Bibers gehört zu den traurigsten Geräuschen, die Richard Blackford je gehört hat. (Foto: Richard Blackford)

Der britische Komponist Richard Blackford hat für sein Stück "The Great Animal Orchestra" Tierstimmen gesampelt. Die Symphoniker bringen es nun im Herkulessaal zur Aufführung.

Interview von Rita Argauer

Naturabbildungen und Tierlaute haben in der Musik Tradition, nicht erst seit so bekannten Werken wie "Peter und der Wolf" oder dem "Karneval der Tiere". Der britische Komponist Richard Blackford hat das Tiermusik-Prinzip nun noch um eine Ecke weitergedreht: In seinem Stück "The Great Animal Orchestra" werden Tierstimmen, die der Naturforscher Bernie Krause über Jahrzehnte hinweg aufgenommen hat, via Sampler zu einem Symphonieorchester hinzugespielt. Jetzt kommt das Stück mit den Münchner Symphonikern unter Kevin John Edusei zur deutschen Erstaufführung.

SZ: Herr Blackford, welcher Vogel singt am schönsten?

Richard Blackford: Es geht hier nicht um Schönheit. Und wir wollten die Tierstimmen in "The Great Animal Orchestra" auch nicht herausstellen, sie sollen vielmehr zum Teil der symphonischen Struktur des Stückes werden. Aber Robben zum Beispiel singen wunderschöne Töne und manchmal, wenn man das Stück anhört, weiß man nicht, ob da jetzt eine Flöte spielt oder ein Buckelwal singt.

Worin unterscheidet sich Ihre Tier-Symphonie von den bekannten Tiervertonungswerken der Musikgeschichte?

In meinem Werk werden die Tierstimmen nicht imitiert, ich habe vielmehr die originalen Tierstimmen in die Musik eingebaut. Das Orchester wird so zur Umgebung für diese außergewöhnlichen Tieraufnahmen. Bernie Krause hat insgesamt um die 15 000 Stunden Material, daraus haben wir einzelnen Stimmen ausgesucht, die von einem Keyboard gesampelt werden. Das Orchester spielt also synchron und live mit den Tierstimmen zusammen.

Haben Sie die Stimmen nach musikalischen Kriterien ausgewählt?

Manchen Stimmen habe ich tatsächlich so benutzt, als würde ich ein instrumentales Stück komponieren und ich habe mich gefragt, welcher Klang wohin passt. Andere Tiere kamen mit einer Geschichte. Etwa der klagende Biber.

Was ist dem Biber denn passiert?

Seine Biberburg wurde gesprengt und der Nachwuchs wie auch sein Weibchen wurden dabei getötet. Dieser Klageruf gehört zu den traurigsten Klängen, die ich je gehört habe. Um diese Aufnahme herum habe ich eine Elegie komponiert, für all die Tiere, die unter dem Einfluss des Menschen leiden.

Welche Instrumente passen denn generell zu welchem Tier?

Für den Biber habe ich zum Beispiel ein Fagott gewählt, das in der höchsten Lage spielt. Dadurch klingt es immer ein wenig, als würde es gerade erwürgt. Der Zaunkönig passt zum Beispiel gut mit der Piccoloflöte zusammen, die Frösche ergänzen die Percussion-Holzblöcke...

Ihr Stück ist also eine Art Konzert geworden, in dem die Tiere die Solo-Stimme spielen?

Richtig. Aber das Orchester ebenso eine wichtige Rolle, auch die einzelnen Instrumente haben immer wieder Soli. Es ist ein ordentliches klassisches Stück, das auch die klassischen Formen wie Rondo oder Scherzo benutzt.

Sind Ihnen als Komponist die Tierstimmen jemals zur künstlerischen Last geworden? Immerhin konnten Sie die ja nicht umschreiben, wenn sie Ihnen nicht mehr gefallen haben.

Nein. Es ging darum, die Tierstimmen im Orchester zu empfangen und das Orchester mit ihnen in Einklang zu bringen. Bernie Krause und ich haben uns dabei das Versprechen gegeben, die Stimmen nicht digital zu verändern. Es geht um Authentizität und Integrität. Und die Stimmen sind dabei ein fantastisches Quellenmaterial, das mich auf spannende musikalische Gedanken gebracht und inspiriert hat.

The Great Animal Orchestra, Di., 20. Dez., 20 Uhr, Herkulessaal, Residenzstraße 1, 089 / 21 83 73 00

© SZ vom 15.12.16 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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