Kinderbetreuung:Warum Familien auf ihr Geld vom Kita-Streik warten müssen

Lesezeit: 3 min

Nur ein Teil der Eltern in den kommenden sechs Wochen eine Rückerstattung erhalten. (Foto: dpa)
  • Nach den Kita-Streiks versprach die Stadt den Eltern, sie würden ihre Gebühren zurückbekommen.
  • Doch noch immer warten 20 000 Familien auf ihr Geld.
  • Grund ist nach Angaben der Stadt die aufwendige Abwicklung.

Von Melanie Staudinger, München

Nach den wochenlangen Kita-Streiks im Mai und Juni hat die Stadt München die Eltern mit einer Ankündigung zumindest ein bisschen beschwichtigt: Sie werden die Gebühren für die Kindertagesstätten auf den Tag genau zurück bekommen. So hat der Stadtrat es gegen den großen Widerstand der Regierung von Oberbayern beschlossen.

Warum viele Eltern sich weiter gedulden müssen

Doch fünf Monate später warten die Familien noch immer auf ihr Geld, ausgezahlt worden sind bisher lediglich die Pauschalen für das Mittagessen. Das soll sich jetzt ändern, wie das zuständige Bildungsreferat verspricht. Allerdings wird nur ein Teil der Eltern in den kommenden sechs Wochen eine Rückerstattung erhalten. Viele müssen sich weiter gedulden, weil ihre Fälle zu kompliziert für automatische Verfahren sind.

Dass die Rückzahlung der Elternbeiträge so lange gedauert hat, liegt an verschiedenen Faktoren, etwa am langen Arbeitskampf. Die Stadt wollte die endgültige Tarifeinigung abwarten, damit sie die Rückerstattungen nicht mehrfach berechnen muss. Doch kommunale Arbeitgeber und die Gewerkschaften ließen sich Zeit: Sie einigten sich Ende September auf Lohnerhöhungen, seit 31. Oktober gilt die sogenannte Tarifsicherheit.

Kita-Streiks
:Ruhigstellung für die Alten - kaum Verbesserungen für die Jungen

Der Kita-Streit ist befriedet, was wohl das Ende für einen der drei großen Arbeitskämpfe des Jahres bedeutet. Doch zu welchem Preis? Der Schlichterspruch ist schwach; eine Perspektive für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst fehlt nach wie vor.

Ein Kommentar von Detlef Esslinger

Danach sollten die komplizierten Berechnungen beginnen - jetzt aber kam der Umzug der zentralen Gebührenstelle von der Bayerstraße in die Landsberger Straße dazwischen. Am 16. November, so bekräftigte eine Sprecherin des Bildungsreferats, soll es wirklich losgehen.

Viele Erstattungen müssen manuell erfolgen

Fünf zeitlich befristete Stellen hat der Stadtrat für den Prozess genehmigt, sie sind bereits besetzt. Die Sachbearbeiter müssen nun für jedes Kind, das vom Streik betroffen war, eine eigene Rechnung anstellen. Die Gebühr wird taggenau gemindert: Konnte ein Kind also an 17 der 20 Streiktage seine Einrichtung nicht besuchen, so beträgt die Minderung 17 Zwanzigstel des regulären monatlichen Betrags.

Nach Angaben des Bildungsreferats kann ein Teil der Mädchen und Buben in einem teilweise automatisierten Verfahren gemindert werden. Dennoch müsse der Sachbearbeiter jede einzelne Kita-Gruppe prüfen und die Kinder, die in den automatischen Prozess fallen, auswählen und die Anzahl der Streiktage festlegen. Dies allerdings treffe nur einige Fälle zu. Ein "nicht unerheblicher Teil der Rückerstattungen muss manuell erfolgen", sagt die Sprecherin. Etwa wenn Fehltage abweichen, das Kind während des Streiks in die Kita kam oder abgemeldet wurde. Dies bedeute einen erheblichen Arbeitsaufwand.

Schließlich hätten zwischen 20 000 und 22 000 Mädchen und Buben wegen des Streiks nicht in ihre Krippe, ihren Kindergarten, Hort oder in ihr Tagesheim gehen können. Das Bildungsreferat geht davon aus, dass die teilautomatisierten Verfahren in einem Zeitraum von etwa sechs Wochen abgeschlossen sein werden. Danach würden die Sonderfälle manuell abgearbeitet, was je nach Fallkonstellation und personellen Ressourcen "noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen kann".

Wenn diese Vorgänge abgeschlossen und die entsprechenden Gebührenbescheide erstellt sind, kommt die Stadtkämmerei ins Spiel. Dort warten die Mitarbeiter bereits, wie die Sprecherin der Kämmerei bestätigt. "Wir können loslegen, sobald wir wissen, wie viel welche Familien zurückbekommen sollen", sagt sie. Eltern sollten allerdings auf jeden Fall abwarten und nicht eigenmächtig handeln. Denn wer jetzt nachträglich seine Monatsgebühr nicht bezahlt, muss mit einer teuren Mahnung rechnen.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf
:Baby an Bord

Der nächste Kita-Streik steht bevor, viele Arbeitgeber zeigen sich kooperativ. Aber wie viel Kind verträgt der Job wirklich?

Von Tanja Rest

Diese Erfahrung hat auch eine Familie aus Neuhausen gemacht. Anfang September hatte sie das Warten satt und mahnte eine Rückzahlung beim Bildungsreferat an. Nach einer für die Eltern unbefriedigen Antwort, dass an einer weitgehend automatisierten Lösung gearbeitet werde, buchten diese eine volle Monatsgebühr wieder zurück. Die Folge: eine Mahnung mit einer Mahngebühr von 24 Euro. "Es wäre schön, wenn Sie sich als Dienstleister und nicht als Geldeintreiber betätigen würden", schreibt der Vater in einem Brief an Stadtschulrat Rainer Schweppe (SPD).

Nach Angaben der Kämmerei ist der Vorgang üblich. Mehr als 30 000 Kita-Zahler gebe es, darunter immer wieder welche, die Fristen verpassten oder ihr Geld nicht überwiesen. Das Computersystem wisse nicht, aus welchen Gründen jemand nicht zahlt und verschicke daher standardmäßig die Mahnungen. Eine Ausnahme gab es allerdings: Wer während des vierwöchigen Streiks in den städtischen Kindertagesstätten im Mai und Juni nicht bezahlt hat, bekam keine Mahnung.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: