Isarvorstadt:Glück gehabt

Lesezeit: 2 min

Der Kindergarten "Elterninitiative Isarvorstadt" muss nach mehr als 20 Jahren die Räume an der Geyerstraße verlassen und findet überraschend schnell einen Ersatz - angesichts der Mieten und der Konkurrenz nicht alltäglich

Von Melanie Staudinger, Isarvorstadt

Für den Kindergarten "Elterninitiative Isarvorstadt" endet eine Ära: Nach mehr als 20 Jahren verlässt die Einrichtung zum Ende des Kindergartenjahres ihre angestammten Räume an der Geyerstraße. Weit führt die Reise aber nicht: Nach den Sommerferien beziehen die drei Betreuer mit den 19 Kindern ihr neues Domizil an der Thalkirchner Straße. "Wir freuen uns über die neuen Räume", sagt Vorstandsmitglied Bastian Fatke, trotzdem geht die Elterninitiative mit "einem weinenden Auge". Dem Auszug gingen zähe Verhandlungen mit der damaligen Vermieterin, der Nachbarschaftshilfe Westermühlbach, voraus.

An der Geyerstraße standen im vergangenen Jahr plötzlich Kinder gegen Kinder. Denn die Nachbarschaftshilfe Westermühlbach kümmert sich um die Mittagsbetreuung an der nahegelegenen Klenze-Grundschule, mit der Geschäftsführerin Hilde Gerner allerdings nicht mehr zufrieden war. Wegen des Ausbaus der Ganztagsklassen hätte die Mittagsbetreuung keinen eigenen Raum gehabt, sondern ein Klassenzimmer nutzen müssen. "Das lehnen wir aus pädagogischen Gründen ab", so Gerner. Sie wollte die Gruppe aus der Schule heraus nehmen und in den vereinseigenen Räumen an der Geyerstraße unterbringen - genau dort, wo der Kindergarten beheimatet ist. Die Elterninitiative erhielt die Kündigung, ihr drohte das Aus nach mehr als 20 Jahren.

Daraufhin begann die Suche - und ein paradoxes Schauspiel zugleich. Die Familien drehten einen kleinen Film, in dem die Kinder auf ihre brenzlige Situation hinwiesen und um Hilfe riefen. Doch es meldete sich niemand, das Ende der Traditionseinrichtung schien besiegelt zu sein. Urplötzlich tat sich eine Lösung auf, die dem Kindergarten hätte helfen können: Die Klenzeschule beschloss, eine eigene Mittagsbetreuung aufzubauen, die der dortige Förderverein tragen sollte. Die Nachbarschaftshilfe Westermühlbach war damit raus aus dem Rennen und brauchte die Räume an der Geyerstraße nicht mehr, die Elterninitiative hätte bleiben können. Doch beide Parteien konnten sich, trotz Unterstützung von Bildungsreferat und Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD), nicht auf einen neuen Mietvertrag einigen.

Der Fall der Elterninitiative zeigt vor allem eines: Wie schwierig es in dicht bebauten Lagen der Innenstadt ist, geeignete Räume für die Kinderbetreuung zu bekommen - obwohl Mieten und Lebenshaltungskosten viele Eltern zu Doppelverdienern machen und deshalb der Bedarf an Betreuungsplätzen enorm ist. Mittagsbetreuungen, Kindergärten, Horte und Krippen buhlen um die immer gleichen Immobilien. Die Stadt stellt hohe Anforderungen an Ausstattung und Qualität, Vermieter sind in der Regel wenig begeistert, wenn sie an Dutzende spielende Kinder denken. Wer in einer Gegend, in der 23 Euro und mehr Kaltmiete pro Quadratmeter keine Seltenheit sind, etwas Passendes gefunden hat, kann sich glücklich schätzen.

Dann, ein Glücksfall: Ein Vater, dessen Kind die Elterninitiative besucht, entdeckte im Internet die Anzeige für ein Objekt gleich auf der anderen Seite des Südfriedhofes und nicht weit weg vom jetzigen Standort. "Das war echt ein Zufall", sagt Vorstandsmitglied Fatke. Der Vormieter, ein Gewerbetreibender, wollte aus dem Pachtvertrag aussteigen, der Kindergarten konnte ihn übernehmen. Getan war die Arbeit damit aber nicht: Die Eltern mussten eine neue Betriebserlaubnis bei der Stadt beantragen und einen Bauantrag stellen - der Brandschutz muss ertüchtigt, Sanitäranlagen für die Kinder mussten eingebaut werden. "Wir hoffen, dass wir bis zum September einziehen können", sagt Fatke.

Für die Nachbarschaftshilfe Westermühlbach sind all die Entwicklungen dann doch überraschend gewesen, sagt Geschäftsführerin Gerner - vor allem, dass die Schule nun eine eigene Mittagsbetreuung unterhält: "Aber wir sind ein großer Verein und können das abfangen. Die Räume werden wir nun anders nutzen." Derzeit entstehe ein neues Konzept, das in Richtung Sprachförderung bei Kindern geht und in sechs Wochen vorgestellt wird.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: