Giesing:Unerwünschte Konkurrenz

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Bezirksausschüsse versuchen Kommerzspektakel aus dem Viertel herauszuhalten - in der Regel vergeblich. Ein Beispiel aus Giesing

Von Julian Raff, Harlaching/ Giesing

Stadtteilfest oder Kommerzspektakel? Der "Bürgermarkt" am Wettersteinplatz in der vergangenen Woche ist zwar fast komplett ins Wasser gefallen. Im Bezirksausschuss (BA) 18 hinterließ er aber aus ganz anderen Gründen bei den meisten Mitgliedern einen überwiegend negativen Eindruck. Ob das Kulturprogramm und das Warenangebot ins Viertel gepasst hätten, sei wohl eine Frage des Geschmacks, wie BA-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) und andere Kritiker einräumten. Grund für ungedämpften Ärger bot aber der Ablauf des Genehmigungsverfahren beim Kreisverwaltungsreferat (KVR).

Am 3. Juni, also nur eine Woche vor Veranstaltungsbeginn und so terminiert, dass sie nicht im BA behandelt werden konnte, hatte die Aufsichtsbehörde Baumgärtner den Antrag übermittelt. Dieser trägt einen Eingangsstempel des KVR vom 23. Mai, sowie eine Unterschrift vom 30. April. Antragsteller Michael Dentinger, der den Markt mit seinem Geschäftspartner Thomas Niederreiter veranstaltet hat, versicherte gegenüber der SZ, sie hätten den Antrag fristgerecht, mindestens sechs Wochen vor dem Termin beim KVR eingereicht. Dort sei er, wie Nachfragen ergeben hätten, wegen Urlaub, Überlastung und Krankheitsfällen liegen geblieben.

Die Terminverwirrung lässt sich nachträglich kaum auflösen, den BA-Vorsitzenden macht sie argwöhnisch. Hatte doch der Bezirksausschuss vor einem Jahr eine ähnliche, damals als "Alpenmarkt" betitelte Veranstaltung der beiden Gastronomen abgelehnt. Niederreiter hatte den Antrag seinerzeit zurückgezogen, da sich der Platz wegen Bauarbeiten ohnehin als nicht bespielbar erwies. Für den BA blieb die Veranstaltung so oder so inakzeptabel, da die Nachbarschaft mit abendlicher Livemusik belästigt und die kleine Rasenfläche östlich der Tramgleise beschädigt werde. Und eben genau so sei es diesmal ja auch geschehen, so Baumgärtner.

Tatsächlich hat die neuntägige Veranstaltung auf der Wiese Reifenspuren und Abdrücke hinterlassen. Dass die hinterlegte Kaution von 2000 Euro zu deren Beseitigung ausreicht, bezweifeln einige BA-Mitglieder. "Megadreist" findet Baumgärtner nach wie vor, dass die Genehmigung dem Veranstalter erlaubt, auf Toilettenanlagen zu verzichten. Stattdessen wird auf die U-Bahntoiletten verwiesen. Baumgärtner sagt, er habe beim KVR prompt Bedenken angemeldet - vergeblich. Das Referat habe ihm einen Tag vor der Markteröffnung geantwortet, laut Veranstaltungsrichtlinien seien gewerbliche Märkte in Grünanlagen gegen Gebühr zulässig. Die gewerberechtlichen Voraussetzungen lägen in diesem Fall vor, ein letztes Hindernis sei beseitigt, nachdem die Veranstalter auf ein Zelt verzichtet hätten. Ein kurzfristiger Umzug auf den Candidplatz mit festem Untergrund sei nicht mehr zu machen gewesen. Auf die vom BA bemängelte Qualität des Marktes habe das KVR keinen Einfluss.

Das Warenangebot beschrieben Baumgärtner und andere BA-Vertreter als eher ramschig denn regional. Die angekündigten Bandauftritte seien großteils abgesagt worden, ebenso wie der ökumenische Gottesdienst am vergangenen Sonntag. Baumgärtner bezeichnete das Fest deshalb als "verkappten Bierausschank" zu Lasten der lokalen Gastronomie und parallel stattfindenden Veranstaltungen im Viertel. Der BA spielte damit auf eine Veranstaltung der Pfarrei St. Helena, vor allem aber das Harlachinger Burschenfest an.

Lediglich drei- bis vier Programmpunkte hätten stattgefunden, gab Dentinger dann auch zu. Sie hätten vieles absagen müssen, da sie dem schlechten Wetter - mangels Zelt - nichts entgegensetzen konnten.

Trotz der Vorwürfe blieb Dentinger ruhig. Der Markt sei nach dem Wetterfiasko ohnehin gestorben, ebenso wie der vom BA auch bereits abgelehnte Adventsmarkt am Wettersteinplatz. Den Widerstand der Bezirksausschüsse kenne er auch schon aus Laim und Schwabing West, sagte Dentinger. Auch dort "tut man viel, um einige wenige zu schützen und sehr viele andere vor den Kopf zu stoßen". Der Zuspruch am Festplatz sei jedenfalls riesig gewesen.

Ähnliches berichtete vom Markt auch die frühere BA-Chefin Christa Knappik (SPD). Sie hatte fröhlich feiernde Senioren beobachtet, ihre Bemerkungen darüber fachten den Dauerclinch mit ihrem Nachfolger Baumgärtner offenbar neu an. Der hielt Knappik ihre einstige Kritik am Burschenfest an der Seite besorgter Anwohner vor. Sie gehe wohl nach dem Motto "das Fest war gut, weil ich da war" vor. Die Angesprochene wiederum verließ eilig den Raum. "Bevor ich was sage, was ich nicht sagen will."

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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