Harlaching:Gereizte Stimmung

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Staatliches Wohnprojekt am Schilcherweg stößt auf Ablehnung. Bezirksausschuss beschließt Einwohnerversammlung

Von Julian Raff, Harlaching

An der Südspitze Harlachings, rund um den Schilcherweg, ist es mit der gewohnten Ruhe vorbei, seit im Februar ein staatliches Wohnprojekt bekannt wurde. Als Teil seines Wohnungsbau-Sofortprogramms plant der Freistaat auf einem rund 3700 Quadratmeter großen Grundstück zwei Häuser für anerkannte Asylbewerber und sozial Benachteiligte. Insgesamt sollen hier 42 Bewohner auf zehn Jahre unterkommen.

Der Bezirksausschuss (BA 18) stellte sich mit knapper Mehrheit von SPD und Grünen hinter das Vorhaben, nachdem in der Märzsitzung die skeptischen Nachbarn und staatliche Vertreter ihre Argumente ausgetauscht hatten. Mit dem Vorschlag, statt der Wohnunterbringung auf dem früheren Forst-Gelände eine Kinderkrippe oder Tagesstätte einzurichten, haben die Nachbarn zwar Verständnis beim BA gefunden, umstimmen konnten sie ihn aber nicht. Das Gremium beschloss, eine Anwohnerversammlung abzuhalten, votierte aber mit zwölf zu elf Stimmen dagegen, einen Planungsstopp zu fordern.

Rund 50 Anwohner verliehen ihrem Anliegen im BA Nachdruck. Ihr inoffizieller Sprecher, trug die Argumente zwar sachlich und unaufgeregt vor, will dafür aber nicht in der Presse mit seinem Namen einstehen. Wie er ausführte, liege die Versorgung mit Krippenplätzen für Kinder unter drei Jahren in Harlaching mit 49 Prozent rund ein Drittel unter dem städtischen Durchschnitt. Ein Nachbar rechnete vor, dass der Verdienst aus dem Halbtagsjob eines Ehepartners dabei komplett in die Gebühren für eine private Krippe fließen könne. Öffentliche bezahlbare Angebote würden also viele Harlachinger Familien entlasten. Grenzübergreifenden Beistand leistete eine Grünwalderin, die sich dafür aussprach, Einrichtungen für hiesige Steuerzahler zu schaffen, statt eine Sozial-Siedlung in ein dafür ungeeignetes Umfeld zu pflanzen.

Erneut für das Wohnprojekt sprach sich Christa Knappik (SPD) aus. Abgesehen davon, dass es sich bei den anerkannten Asylbewerbern, die rund 70 Prozent der Bewohner ausmachen werden, nicht um Flüchtlinge handele, sondern wahrscheinlich um künftige Staatsbürger, bezweifelt Knappik, dass die Anwohner ihre Idee zu Ende gedacht haben. Denn eine Krippe würde massiven Pkw-Verkehr ins ansonsten völlig ruhige Viertel ziehen. Knappik erinnerte daran, dass sich die Anwohner der engen, weiter nördlich gelegenen Braunstraße vor einigen Jahren aus ähnlichen Gründen vehement gegen eine neue, private Krippe gewehrt hatten.

Nachdem im März bereits Stadtrat Michael Kuffer ergebnislos versprochen hatte, sich der Sache anzunehmen, sagte mit dem Landtagsabgeordneten Andreas Lorenz ein weiterer CSU-Mann wohlwollende Prüfung zu. Er werde die Angelegenheit jedenfalls Innenminister Joachim Herrmann vorlegen, versprach Lorenz in aufgeheizter Atmosphäre und begleitet von Zwischenrufen, wie "Schwätzer". Von einer Einwohnerversammlung erhofft sich der BA derweil ein klareres repräsentatives Meinungsbild.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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