Harlaching:Friedlicher Abend

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Plädoyer für den Bus: Die Linie 52 soll nach dem Bürgerwillen bleiben. (Foto: Robert Haas)

Bei der Bürgerversammlung in Harlaching beschäftigen sich die meisten Wortmeldungen mit dem Verkehr

Von Julian Raff, Harlaching

Mit etwa 300 Teilnehmern, von denen kaum mehr als ein Drittel die drei Stunden bis 22 Uhr durchhielt, brachte die Bürgerversammlung im 18. Stadtbezirk diesmal deutlich weniger Untergiesinger und Harlachinger auf die Beine als vor einem Jahr - wohl auch deshalb, weil Verwaltung und Bezirksausschuss erst im Oktober dem Sechziger-Stadion und der Zwischennutzung des Osram-Geländes eigene Versammlungstermine gewidmet hatten. Nachdem die Sonder-Versammlung vor einem Monat als reine Informationsveranstaltung angelegt war, beschäftigte die demnächst anlaufende Unterbringung von bis zu 800 Flüchtlingen auf dem Areal der früheren Konzernzentrale am Mittleren Ring noch zwei der 22 Antragsteller. Deren Anliegen drückten das grundsätzliche Wohlwollen im Viertel aus und fanden entsprechende Mehrheiten: Melanie Müller von der Aktionsgruppe Untergiesing regte an, auf dem Gelände ein "Begegnungscafé" für Nachbarn und Bewohner einzurichten, an dessen Betrieb sich letztere möglichst aktiv beteiligen sollen. Die Idee kam auch bei Sebastian Ehnes vom Sozialreferat gut an, der die Erwartungen lediglich bei der baulichen Umsetzung ein wenig dämpfte.

Mit rechtlichen Hürden rechnet Ehnes hingegen bei der Realisierung eines weiteren Bürgerantrages: "Alternative Wohnformen" für bedürftige Bürger auf dem Osram-Gelände könnten Flüchtlinge und Einheimische einander näher bringen. Eine gute Idee, die freilich in den laufenden Mietverträgen nicht vorgesehen sei, erklärte Ehnes, der in der städtischen Task Force die Unterbringung von Flüchtlingen mit koordiniert. Bestätigen konnte er das Projekt einer kleineren Einrichtung in Harlaching: In unmittelbarer Nähe zu Rotbuchen-Schule und Theodolinden-Gymnasium werden auf einem städtischen Grundstück von Mai 2016 an rund 50 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge zwischen 14 und 18 Jahren wohnen. Eine separate Anwohnerversammlung ist auch hier geplant.

Das Gros der An- und Beiträge zur Bürgerversammlung drehte sich weiterhin um den Verkehr. Unisono mit dem Bezirksausschuss sprach sich die Versammlung dagegen aus, die Buslinie 52 im Zuge der Umgestaltung vom Marienplatz abzuhängen, obwohl ein MVG-Vertreter zuvor deutlich gemacht hatte, dass Verkehrsbetriebe und Stadtrat wohl an diesem Vorhaben festhalten werden. Immerhin stellt die MVG in Aussicht, die Tierpark-Linie am Wochenende per Sechs- bis Sieben-Minuten-Takt attraktiver zu machen. Auf Linie mit der MVG gingen die Anwesenden wieder, indem sie sich dafür aussprachen, nach dem Ende der Gleisbauarbeiten zur alten Streckenführung der Tramlinien 15 und 25 zurück zu kehren, auch wenn das Provisorium der Linien 37 und 38 mit seiner Direktverbindung Schwabing-Grünwald inzwischen seine Fans hat.

Ansonsten zeigten die Bewohner des 18. Bezirks Gelassenheit - auch bei jenen Anliegen, die Bürger schon zum wiederholten Mal vorgetragen hatten. Eine Ausnahme machte der anhaltende Ärger über Rauchschwaden von Grillern, die selbst an schönen Herbstwochenenden die Isarauen verhängen. Neben dem mittlerweile durch seine Gegeninitiativen bekannten Untergiesinger Paul Riedel meldete sich erneut auch dessen Nachbarin Simone Raudonat zu Wort. Nach eindringlicher Schilderung von einer schweren Asthmaerkrankung geplagt, stellte sie klar: "Ich möchte keinen Kompromiss mehr." Die Mehrheit schloss sich der Forderung nach einem kompletten Grillverbot an - auch wenn die Stadt vorerst stattdessen noch den Ausgleich der Interessensgruppen durch einen runden Tisch sucht.

Mit dem laufenden Dialog zwischen Bürgern und Bezirksausschuss zeigten sich die Anwesenden unterdessen zufrieden, wenn auch nur eben so: Unter dem Eindruck schwächelnder Wahlbeteiligung hatte Klaus Gerosa, vielen Münchnern als engagierter Publizist bekannt, beantragt, jenseits vom Vorsitzenden und den Fraktionssprechern beim Bezirksausschuss eine parteiunabhängige Ansprechstelle einzurichten. Die Versammlung wies den Vorschlag mit 42 zu 41 Stimmen zurück.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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