Haidhausen:Unter den Schutzmantel geschlüpft

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Das Erhaltungssatzungsgebiet Haidhausen wird beträchtlich vergrößert. Damit brauchen nun 28 600 Menschen in dem Viertel Luxussanierungen und Vertreibung nicht mehr zu fürchten

Von Hubert Grundner, Haidhausen

Die Zeiten heftiger ideologischer Grabenkämpfe um Sinn und Zweck von Erhaltungssatzungen gehören inzwischen der Vergangenheit an. Nachdem auch die Stadtrats-CSU angesichts unaufhörlich steigender Mietpreise 2013 eine Kehrtwende vollzogen hatte, spricht sich inzwischen eine breite Mehrheit der Parteien für den Einsatz dieses wohnungspolitischen Instruments aus. So verwunderte es nicht, dass nach den Erhaltungssatzungen "Tegernseer Landstraße" und "Trauchberg-/Forggenseestraße" in Obergiesing im Oktober dann im Dezember 2015 auch die geplante Verlängerung der Erhaltungssatzung "Haidhausen" im örtlichen Bezirksausschuss zustimmend zur Kenntnis genommen wurde.

Ursprünglich wäre die bestehende Erhaltungssatzung "Haidhausen-Mitte" nach dem 10. März 2016 außer Kraft getreten. Nach entsprechender Prüfung kamen die Experten des Planungsreferats jedoch zu dem Schluss, dass die Geltungsdauer der Satzung um weitere fünf Jahre verlängert werden sollte. Allerdings sprachen sie sich auch für einige Modifikationen aus: So wird eine kleinere, östlich des Landtags gelegene Fläche aus dem neuen Erhaltungssatzungsgebiet "entlassen".

Eine Entscheidung, welche die Mitglieder des Bezirksausschusses Au-Haidhausen nicht so recht nachvollziehen konnten. Christian Werner (FDP) beispielsweise monierte, dass Millionäre, die in dem Quartier wohnen, "die Durchschnittswerte verderben" würden. Gemeint war damit, dass sich hinter diesem statistischen Wert zwar ein Großverdiener, aber eben auch einige Kleinverdiener verbergen können. Jedenfalls beträgt die jährliche Kaufkraft je Einwohner in dem fraglichen Areal laut Erhebung 39 400 Euro. Im restlichen Erhaltungssatzungsgebiet Haidhausen beträgt dieser Wert 27 100 Euro. Und nur 27 000 Euro pro Jahr können die Menschen in jenem Gebiet ausgeben, um das der bisherige Umgriff erweitert wurde.

In der Debatte der Lokalpolitiker um die Verlängerung des Mieterschutzes fiel jedoch dieser Aspekt komplett unter den Tisch. Dabei wird das Erhaltungssatzungsgebiet Haidhausen um mehr als ein Drittel der bisherigen Fläche vergrößert. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Wohnblöcke südöstlich des Prinzregentenplatzes zwischen Prinzregenten- und Kirchenstraße. 6800 Einwohner und Einwohnerinnen in 3960 Wohnungen schlüpfen auf diese Weise unter den Schutzmantel der Erhaltungssatzung. Nach Abzug des "entlassenen" Gebiets östlich des Landtags - dort leben 840 Menschen in 520 Wohnungen - gilt die neue Erhaltungssatzung somit für 28 600 Haidhauser in 16 500 Wohnungen.

In München gibt es Erhaltungssatzungen seit 25 Jahren. Wie es in einer Bilanz der Stadt dazu heißt, ist deren zeitliche Befristung auf fünf Jahre erforderlich, da die Aufwertungs- und Verdrängungsgefahr einen Sachverhalt darstellt, der im Laufe der Zeit Veränderungen unterworfen sein kann. Besteht in einem Gebiet kein überdurchschnittlich hohes Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial mehr, muss folglich die Satzung auch wieder aufgehoben werden.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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