Haidhausen:Umbauen und bewahren

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Mittendrin: der Fischerbuberl-Brunnen von Ignatius Taschner. (Foto: Lukas Barth)

Bei Gesprächen am runden Tisch sollen Lösungen gefunden werden, wie der traditionelle Charme des Wiener Platzes trotz der notwendigen Modernisierung erhalten werden kann

Von Julian Raff, Haidhausen

Mit ihren unterschiedlichen Größen und Formen wirken die acht Standl charmant zusammengewürfelt, hier blättert ein wenig Farbe vom Holz, dort setzt ein Blechdach Rost an. Die Haidhauser lieben ihren Wiener Platz - als pittoresken Gegenentwurf zu durchgestylten Einkaufswelten. Und sie verteidigen ihn: Groß war die Aufregung, als vor knapp einem Jahr bekannt wurde, dass die Stadt, beziehungsweise deren Tochtergesellschaft Markthallen München (MHM) den Markt grundlegend umgestalten will. Auf Papier und im Netz kamen 8000 Unterschriften für den Erhalt des Status quo zusammen. Die zwischendurch ins Gespräch gebrachte Anordnung der Hallen in einem großen Oval-Bau wurde als "Ufo" oder "Allianz-Arena" verspottet, eine Bündelung der Stände in vier Blöcken kam kaum besser an.

Während einer Bürgerwerkstatt im August des vergangenen Jahres gingen Stadt und MHM auf die Proteste ein. Nun fassen sie ins Auge, die neuen Stände in einem zum Hofbräukeller hin offenen "V-Ensemble" anzuordnen - also in etwa so, wie sie derzeit stehen. Weitere Annäherung der Parteien soll nun ein "Konsensverfahren" bringen, ähnlich wie vor der bisher letzten Umgestaltung des Platzes im Jahr 2002, aber in kleinerer Runde.

Am Samstag, 16. April, wollen die MHM ein Dutzend ausgewählte Vertreter von Bezirksausschuss (BA), Anwohnern, Händlern und Verwaltung an einem runden Tisch versammeln. Dass auf dem Platz etwas geschehen muss, steht fest, seit der TÜV vor fünf Jahren einigen Münchner Stadtteilmärkten Mängel bei Brandschutz und Hygiene attestiert hatte. Außerdem wird sich der Stadtrat in der Kommunalausschuss-Sitzung am Donnerstag, 14. April, mit der Sanierung des Lebensmittelmarktes und dem Konsensverfahren befassen.

Um den Vorschriften zu genügen, müssten die meisten Stände vergrößert werden, was bei den Marktleuten natürlich Ängste vor unbezahlbaren Gebühren auslöst. Zur Sanierung stehen auch der Elisabethmarkt in Schwabing, sowie der Pasinger Viktualienmarkt und nicht zuletzt sein berühmter großer Bruder im Zentrum an. Fast nirgendwo riefen Händler und Kunden aber so laut nach einem Erhalt der alten Optik wie am Wiener Platz. Wie bei den anderen Märkten auch, wurde in der bisherigen Diskussion klar, dass sich Müllbehälter und Kühlanlagen nur bedingt unter die Erde legen lassen: Lüftungssysteme und Zugänge brauchen an der Oberfläche mehr Platz, als die neuen Kellerräume einsparen würden - von den Kosten abgesehen.

Der Bezirksausschuss hatte im vergangenen Sommer das Konsensverfahren und diverse Eckpunkte für die Sanierung beantragt: Die beiden östlich gelegenen, erst bei der Platz-Sanierung vor 14 Jahren gebauten Stände sollen erhalten werden, wobei sich der verwaiste Stand als Blumenladen anbieten würde. Die alten Markthütten sollen, dort wo es wirklich nötig ist, nicht auf einmal, sondern sukzessive abgerissen und ersetzt werden, so dass nur ein Ausweich-Container aufgestellt werden muss. Neue Lager- und Sanitärräume könnten im Innenhof des "V-Ensembles" Platz finden, ohne die dortigen Freischankflächen zu opfern. Ganz generell wollen die Stadtteilvertreter das bestehende Ambiente samt Sichtachsen und Wegen erhalten sehen. Unbedingt dazu gehören natürlich der Maibaum und der aus der Innenstadt auf den Platz umgezogene Fischerbuberl-Brunnen von Ignatius Taschner.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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