Haidhausen:Raus aus der engen Röhre

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Weit weg: Was die Werbung am Ende des Tunnels signalisiert, galt bisher für die Planung. Nun soll hier ein Durchbruch Richtung Werksviertel erfolgen. (Foto: Robert Haas)

In die Planungen, wie man als Fußgänger das Werksviertel vom Ostbahnhof aus besser erreicht, kommt Bewegung

Von Julian Raff, Haidhausen

Ein gelungenes Entrée sieht anders aus: Auf dem Weg vom Ostbahnhof in Richtung Berg am Laim zwängen sich täglich Tausende Fußgänger durch eine niedrige, dunkle Röhre, deren enger Ostausgang zur Friedenstraße in einigen Jahren das Tor zum neuen Werksviertel bilden wird. Obwohl östlich des Bahnhofs, an der Grafinger Straße rund 1200 neue Wohnungen und 7000 Arbeitsplätze entstehen sollen, wollte es die Stadtspitze bisher bei dem Nadelöhr belassen.

Eine mögliche Wende brachte kurz vor Jahresende die Entscheidung für das Neubauquartier als Standort des neuen Konzertsaals. Noch im April 2015 hatte das Planungsreferat die Idee verworfen, einen zweiten bestehenden Fußgängertunnel zu den Bahngleisen in Richtung Friedenstraße zu verlängern und so einen weiteren, direkteren Zugang ins Werksviertel zu schaffen. Als "Tunnelstumpf" bekannt, erschließt die südwestlich der Hauptunterführung gelegene Röhre die Bahnsteige ausschließlich von der Haidhauser Seite aus.

Um das Ausbauprojekt machte die Stadt bisher auch deshalb einen Bogen, weil es nur in enger Kooperation mit der Bahn zu realisieren wäre, die seit jeher ein schwieriger Partner ist. Die jüngste kulturpolitische Weichenstellung lässt nun offenbar auch die städtischen Infrastruktur-Planer umdenken. In einem Schreiben an den Bezirksausschuss Au-Haidhausen (BA 5) wiederholt Baudirektorin Marion Wolfertshofer zwar alte Einwände gegen die Verlängerung, stellt aber am Ende doch eine Initiative in Aussicht: "In Anbetracht der zu erwartenden und innerhalb einer kurzen Zeitspanne zu bewältigenden großen Besucherströme zu Konzertbeginn- und Ende" werde "auch zwangsläufig über eine Verlängerung des bestehenden, südwestlichen Tunnelstumpfs nachzudenken sein".

Das Planungsreferat, heißt es im Schreiben weiter, "werde sich aus diesem Grund per Beschluss vom Stadtrat beauftragen lassen", mit der Bahn der AG und dem Freistaat als Bauherr des Konzertsaals zu verhandeln. Zu klären seien Realisierungschancen, Genehmigungsverfahren, Trägerschaften und Finanzierung. Parallel soll ein externes Büro eine Machbarkeitsstudie vorlegen. Eine Mitteilung, die unter den Stadtteilvertretern im BA 5 Verwirrung hervor rief, schließlich hatten sie bereits in der Amtsperiode 2008-2014 über eine solche Expertise beraten.

Schon vorliegende Ergebnisse sollen auf Wunsch des Gremiums wo möglich aufgegriffen werden, um das Projekt zu beschleunigen. Am technischen Problem, unter einem von zahllosen Leitungssträngen durchzogenen Bahn-Gelände hindurch zu graben, mag sich nicht viel geändert haben, wohl aber am städtebaulichen Rahmen, wie Wolfertshofer ausführt.

Zunächst sei nämlich eine "großzügige Verbindung" zwischen den Stadtbezirken, inklusive eines zentralen Parks geplant gewesen. Erst das jüngste Konzept fürs Werksviertel konzentriere sich wieder stärker auf ein "autarkes" Quartier. Vor allem die Planung einer eigenen 4-zügigen Grundschule östlich des Bahnhofs habe die Stadt vorübergehend vom Tunnelprojekt abrücken lassen, erklärt die Baudirektorin den mehrmaligen Kurswechsel.

Der BA begrüßt das vorsichtige Ja zum zweiten Tunnel. Neuen Planungs-Spielraum für seine Forderungen nach Barrierefreiheit und zahlreichen Fahrrad-Stellplätzen sieht das Gremium nach wie vor in der früheren Ladezone für die Autoreisezüge, die seit Sommer 2014 nicht mehr verkehren. Zudem regt der BA an, das neue Viertel via Friedenstraße mit einer neuen Stadtbuslinie zu bedienen. Generell fordert der Haidhauser Ausschuss die Stadt auf, sich mit den Grundeigentümern im Werksviertel über eine "adäquate Zugangssituation" zu verständigen, falls die Bahn dies noch nicht getan habe. Die Kollegen in Berg am Laim (BA 14) drehen diesen Gedanken noch weiter: In einem Antrag vom Mai 2015 regen sie an, den Tunnel am besten gleich direkt ins Werksviertel hinein zu verlängern.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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