Wenn es um politisches Engagement in der Kommune geht, schwingen sich stets eher ältere Semester auf, ihre Meinung kund zu tun; in den Bürgerversammlungen dominiert der silbergraue Haarschopf im Publikum. Die Gemeinde Gräfelfing hat nun versucht, einen anderen Weg einzuschlagen, um die Jugend zu erreichen. Am Mittwoch fand die erste Jungbürgerversammlung im Jugendhaus "Freizi" statt. Eingeladen waren ausschließlich Jugendliche, die ihre Wünsche äußern sollten, wie Gräfelfing künftig aussehen soll. Die Erkenntnis: Wünsche gibt es viele, Hürden aber auch.
Die Jugendlichen sind in Gräfelfing bislang durchs Netz gefallen: Neue Kindergärten wurden gebaut, die Mittagsbetreuung erweitert, Spielplätze eingeweiht, ein neues Pflegeheim auf den Weg gebracht - "das ist alles nicht für die Jugend", stellte Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) selbstkritisch fest. Die Idee, einen Spielebus am Anger an der Würm an bestimmten Wochentagen vorfahren zu lassen, in dem sich die Jugendlichen Spiel- und Sportgeräte ausleihen können, ging auch nicht auf, das Angebot nutzen im Sommer vor allem Familien mit Kleinkindern.
Aber vielleicht will die Jugend auch gar nicht bespaßt werden. Sie wollen lieber "abhängen und ihre Ruhe haben", brachte es ein Jugendhaus-Mitarbeiter auf den Punkt. Ohne Organisationsstruktur das eigene Ding machen, ist gewünscht. Deshalb standen bei den gerade mal 15 Jugendlichen, die ins "Freizi" gekommen waren, vor allem Sportmöglichkeiten ganz oben auf der Wunschliste.
Zwei davon brachte die Bürgermeisterin selbst ins Spiel: Eine Dirt-Bike-Anlage hatten sich zwei Jugendliche in ihrer Sprechstunde am Mittwochnachmittag gewünscht. Auch die Idee, eine Surferwelle in der Würm zu realisieren, war schon im Vorwege an die Bürgermeisterin herangetragen worden, möglicherweise könne man bei einer Realisierung mit Pasing zusammenarbeiten. Für die Gräfelfinger Jugend wäre die Welle durchaus reizvoll. Denn einige pilgern mit ihre Brettern schon morgens früh um vier Uhr an den Eisbach im Englischen Garten , um dort ungestört Wellen reiten zu können.
Auch aus dem jungen Publikum kamen Wünsche: eine Volleyballanlage am Anger an der Würm oder eine Badestelle an dem Fluss, die direkt vor der Tür des Freizi liegt. Gut fänden die Jugendlichen auch, wenn die Sportplätze des TSV und auf dem Schulgelände in Zeiten, in denen sie nicht durch Schule oder Vereinssport belegt sind, allen zum Fußballspielen zur Verfügung stünden: "Das sind bessere Plätze als im Stadtpark oder am Anger." Kicken am Sonntag, lautete der Wunsch. Ein Traum wäre auch freies Wlan im Jugendzentrum oder auf dem Gräfelfinger Bahnsteig.
Die schönen Ideen müssen sich jetzt an den Tatsachen messen lassen. Fragen der Lärmbelästigung sind zu klären, Kosten, Machbarkeit, Versicherungsfragen sind zu erörtern, Rücksicht auf Jüngere ist zu nehmen - ohne die Bürokratie läuft nichts. Die härteste Wahrheit ist wohl jene, dass so mancher aus dem Dirt-Bike-Alter heraus sein wird, bis solch eine Anlage eingerichtet wäre. Das gab Bürgermeisterin Wüst unumwunden zu und erinnerte an den Spielplatz am Neunerberg, bis zu dessen Realisierung zwei Jahre vergingen.
Ein Wunsch ist bereits in Arbeit: Die Junge Union (JU) hatte angeregt, nachts eine Transportmöglichkeit zu schaffen, so dass junge Leute in Zeiten, in denen keine Busse und S-Bahnen mehr fahren, aus der Stadt sicher nach Hause kommen. Allerdings müssen die Gemeinderäte das Thema noch diskutieren - und abstimmen.