Gräfelfing:Über Geld reden

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In Gräfelfing diskutiert der Gemeinderat, wie öffentlich Etatdebatten sein sollen

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Sitzungen des Gräfelfinger Finanzausschusses werden vorerst weiterhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Ein Antrag der FDP, gestellt von Jörg Scholler, wurde im Gemeinderat nur knapp, mit zehn gegen zwölf Stimmen, abgelehnt. Allerdings soll nun ein neuer Antrag formuliert werden, ein Kompromissvorschlag, der demnächst eine Mehrheit bringen könnte.

Der FDP-Antrag ist eine Folge der kontroversen Debatten im Gräfelfinger Ratsgremium um den diesjährigen Gemeindehaushalt. Große Ausgaben stehen in der Würmtalgemeinde an, die in den kommenden Jahren die Rücklage von derzeit mehr als 45 Millionen Euro nahezu aufzehren könnten. Jörg Scholler hatte der Rathauschefin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) "Rücklagenplünderung" vorgeworfen und den Haushalt abgelehnt. Nun wünscht er mit dem Antrag künftig öffentliche Finanzdebatten, damit die Bürger eingebunden sind in den Entscheidungsprozess und nachvollziehen können, wohin Steuergelder fließen. So solle der Eindruck verhindert werden, dass hier etwas "gemauschelt" werde.

Tatsächlich tagt in Gräfelfing der Finanzausschuss, in dem auch der Haushalt debattiert wird, komplett nichtöffentlich. Allerdings ist er nur ein vorberatendes Gremium. Von dort werden die Themen in den Hauptausschuss oder direkt in den Gemeinderat zum Beschluss weitergereicht und dort, soweit möglich, öffentlich diskutiert. Bürgermeisterin Wüst wunderte sich deshalb über Schollers Vorwurf der Intransparenz und fragte sich, warum der Verdacht der Verheimlichung geäußert werde. Posten für Posten werde der Haushalt durchdiskutiert, die Bürger könnten an den Sitzungen des Hauptausschusses und des Gemeinderats teilnehmen. Zudem werde der Haushaltsbericht auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht.

Im Finanzausschuss werden neben dem Haushalt auch Grundstücksankäufe und -verkäufe debattiert, Geldanlagen und Zinsentwicklungen, vertragliche Vereinbarungen oder Darlehensverträge. Bei vielen dieser Themen greife der Datenschutz oder das Steuergeheimnis, erklärte Kämmerin Tanja Lindner dazu auf Anfrage. Zwar gelte der Grundsatz der öffentlichen Debatte des Gemeinderats, sollten jedoch schützenswerte Interessen Dritter vorliegen, tage das Gremium nichtöffentlich. Selbst wenn Sitzungen des Finanzausschusses also grundsätzlich öffentlich wären, würden viele Sitzungen aus ebendiesem Grund trotzdem unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Ein Argument, das Bürgermeisterin Wüst in der Vergangenheit für die nichtöffentlichen Finanzsitzungen ins Spiel brachte, war das der freieren Debatte. Ihrer Meinung nach diskutierten die Gemeinderäte freier über Geldangelegenheiten, wenn sie unter sich sind und keine Zuhörer haben. In der Diskussion über den FDP-Antrag nun spaltete sich das Gremium in zwei Lager: Jene, die nichts gegen grundsätzlich öffentliche Finanzsitzungen haben - die Fraktionen der Grünen/Unabhängige Liste, des Bürgervereins Gräfelfing-Lochham (BVGL) und der SPD - und in jene, die keinen Sinn darin sehen, wie die IGG oder auch die CSU.

Günter Roll (BVGL) machte schließlich den Vorschlag zur Güte: Eine Aufteilung der Sitzungen des Finanzausschusses in öffentliche und nichtöffentliche, wobei Haushaltberatungen grundsätzlich nichtöffentlich sein sollten. Dieser Antrag wird nun formuliert und demnächst erneut im Gemeinderat debattiert.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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