Gräfelfing:Buchstabentreu

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Kaffeehausliteraten sind die Gräfelfinger Gelegenheitsschreiber (v. l.): Martina Kraemer, Svende Bielefeld, Ellen Khazaka, Johannes Glötzner. (Foto: Catherina Hess)

Die unermüdlichen Gräfelfinger Gelegenheitsschreiber (Grägs)

Von Martin A. Klaus, Gräfelfing

Größten Eifer legen in Gräfelfings Kulturleben die "Gräfelfinger Gelegenheitsschreiber", kurz "Grägs", an den Tag. Mehrmals jeden Monat treten sie mit Veranstaltungen hervor, meist im Bürgerhaus, dessen häufigster Nutzer sie seit vielen Jahren sind. Wunder ist das keines, der Bau des Bürgerhauses war vor 31 Jahren auch Anlass für die Gründung des vorwiegend literarischen Vereins. Treffen zum Austausch von und über Literatur gab es zwar auch schon zuvor. Ein ordentlicher Verein war jedoch Voraussetzung für eine kostenfreie Nutzung des Hauses. Gründer Johannes Gloetzner nannte dem zuständigen Rathausmitarbeiter spontan den Vereinsnamen "Grägs". Erst später ersann er die Ausdeutung des Kürzels: "Gräfelfinger Gelegenheitsschreiber".

Dass anfangs mehr Mitglieder als Interessierte zu den Veranstaltungen erschienen, weckte mehr Ansporn als Enttäuschung. Am wenigsten bremste der schmale Zuspruch des geneigten Publikums den Mut, Neues in Angriff zu nehmen, während das Bestehende noch um Zuwachs rang. Fünf Jahre nach der Gründung wagten sich die Grägs erstmals an die Veranstaltung der Gräfelfinger Literaturtage, die als "West-östliches Kanapee" gleich neue Freunde in Dresden einbezogen. Ergebnis war eine Partnerschaft mit Dichter-Kollegen aus Sachsen, eine Verbindung, die im April in Gräfelfing ihr 25-jähriges Bestehen feierte. Die Literaturtage fanden inzwischen schon acht Mal statt.

Kultur ist für die Grägs, ungeachtet ihres Namens, nicht nur die Literatur. Bei ihren Veranstaltungen wird regelmäßig auch Bildende Kunst integriert und Geselligkeit zelebriert.

Die Grägs haben zudem ein Thema für sich entdeckt, das in schöner Regelmäßigkeit anspruchsvolle Abende anbietet, die durchaus mit Humor gewürzt sein dürfen. Mal bekannte, mal mehr oder weniger vergessene deutsche Dichter werden, mit oder ohne Anlass, gerne auch mit einem krummen oder einem Schnapszahl-Jubiläum genussvoll durchdekliniert, präsentiert und in szenischen Zwischenspielen von Grägs-Mitgliedern aufgeführt.

Eine besondere Rolle spielt bei den Grägs seit eh und je der Kasperl Larifari. Motor ist hier Gloetzners ganz persönliches Bemühen um diese bekannteste Pocci-Figur. Er wirkt nicht nur als Veranstalter, sondern gibt den Kasperl bei solchen Gelegenheiten stets selbst. Der literarisch wie zeichnerisch emsige bayerische Graf Pocci, dessen Geburtstag sich 2007 zum 200. Mal jährte, beschäftigte die Grägs über einen längeren Zeitraum, auch in der Absicht, Pocci und seinen Kasperl wieder zu entdecken und zu neuem Leben zu erwecken. Auch wenn dies auf breiter Ebene noch nicht gelungen ist, ernteten die Grägs auf höherer Ebene immerhin höchste Anerkennung, als ihnen 2011 der renommierte Pocci-Preis zugesprochen wurde.

Knappe 30 Jahre lang führte Johannes Gloetzner die Grägs, dann machte er das Vorstandsamt frei. Der Grund war eine weitere, diesmal ausgesprochen mutige Neugründung vor sieben Jahren: Gloetzner leitet den Verlag der Gräfelfinger Gelegenheitsschreiber, der bereits 30 Werke verschiedener Mitglieder herausgegeben hat.

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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