Giesing:Manifest in Gold

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Verheißungen Gottes an Isaak, Jakob und David, den König Israels. (Foto: Achim Bunz)

Die Seitenaltäre legen ein künstlerisches Zeugnis vom Kulturkampf des späten 19. Jahrhunderts ab

Die beiden Seitenaltäre der Heilig-Kreuz-Kirche heben sich in besonderer Weise von der restlichen Ausstattung ab. Die Kanzel, die Reliefs, die Kreuzwege, die Apostelfiguren und das Orgelgehäuse sind dunkel gefasst und nur durch sparsame Vergoldung aufgehellt. Ihr skulpturaler Bereich kontrastiert dazu in einer relativ kühlen sandsteinfarbigen Fassung. Der Hochaltar schmückt sich zwar mit mehr Gold, kommt aber ebenfalls ohne Farbigkeit aus. Die seitlichen Altäre dagegen sind reich in Gold und Polychromie gefasst, ebenso die zahlreichen Figuren. Als einzige Ausstattungsstücke der Kirche zeigen sie Gemälde. Mit der Renovierung kehrten die beiden Altäre nun wieder an ihren ursprünglichen Ort links und rechts vor dem Chorraum zurück. Der von der Madonna von Lourdes gekrönte Marienaltar ist eine Stiftung des Jesuiten Freiherr von Oberkamp. Er wurde von namhaften belgischen Künstlern in den Jahren bis 1890 gefertigt und ist schon wegen seiner Herkunft ein künstlerisches Unikum im süddeutschen Raum. Trotz seiner fast volkstümlich-naiv anmutenden Darstellungen ist er ein Manifest des Ringens der katholischen Kirche um Selbstbehauptung und den Erhalt der Macht des Papsttums im Kulturkampf des späten 19. Jahrhunderts. Das ikonografische Programm des Altares steht in Zusammenhang mit den durch Papst Pius IX. erlassenen Dogmen der Unbefleckten Empfängnis (1854) und der päpstlichen Unfehlbarkeit (1869/70).

Den gegenüberliegenden Josefsaltar haben mehrere Privatpersonen gestiftet, Münchner Künstler haben ihn 1888 angefertigt. Er setzt das theologische Programm des Marienaltars fort. Bereits das Patrozinium des heiligen Josefs, der 1870 zum Patron der katholischen Kirche erhoben worden war, verweist wiederum auf Papst Pius IX. Der Josefsaltar orientiert sich zwar stilistisch am Marienaltar, ist im Ganzen aber wesentlich höherwertiger ausgearbeitet. Neben den Bistumspatronen Benno und Korbinian finden sich weitere Heiligendarstellungen, die sich teilweise als Namenspatrone der Stifter identifizieren lassen. Das Verhältnis von Kirche und Staat wird bis in unsere Tage immer wieder kontrovers diskutiert. Die Altäre leisten dazu einen Beitrag, der nicht ohne Widerspruch bleiben muss.

Nach vierjähriger Sanierung der Heilig-Kreuz-Kirche rückt der Tag der Wiedereröffnung näher. Mit einem wöchentlichen Beitrag möchte die SZ Vorfreude auf den 22. November wecken. Die Texte stammen von Pfarrer Engelbert Dirnberger.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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