Gericht:Elki gibt nicht auf

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Integratives Familienzentrum: 250 Familien aus 13 Nationen sind Mitglied der Einrichtung in dem ehemaligen Laden an der Schwabinger Nordendstraße. (Foto: Robert Haas)

Seit Jahren wehrt sich das Schwabinger Eltern-Kind-Zentrum gegen eine Klage von Nachbarn wegen störenden Lärms. Nun will das Oberlandesgericht die Berufung nicht zulassen - der Trägerverein aber will weiter kämpfen

Von Ellen Draxel, Schwabing

Das Eltern-Kind-Zentrum Schwabing-Maxvorstadt (Elki), eine integrative Einrichtung für Kleinkinder und ihre Eltern, kämpft erneut um seine Existenz. Sieben Jahre schon schwelt ein Streit zwischen dem Familienzentrum an der Schwabinger Nordendstraße und einem Ehepaar, das über der Einrichtung wohnt. Inzwischen liegt der Fall beim Münchner Oberlandesgericht (OLG). Die Vereinsvorsitzende Lara Mosdal und ihr Anwalt Alexander Erb haben jetzt einen Beschluss der Kammer zugeleitet bekommen. Der Senat beabsichtige, heißt es darin, "die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I zurückzuweisen". Das OLG ist der "Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat" und "der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt".

Beim Prozess geht es formal um die Nutzung der Elki-Räumlichkeiten als Laden. Seit Ende 2010 beherbergt das Rückgebäude der Nordendstraße 53 das Familienzentrum auf 170 Quadratmetern, die Lokalbaukommission hatte der Nutzungsänderung als Kindertagesstätte zugestimmt. De facto aber dreht sich alles um störenden Lärm. Das Landgericht, argumentiert das OLG, habe bei der Verhandlung 2017 "ohne Rechtsfehler" einem Anspruch der Kläger auf Unterlassung der Nutzung der Räumlichkeiten als Eltern-Kind-Zentrum bejaht und der Klage stattgegeben. Die von der vereinbarten Nutzung abweichende, tatsächliche Nutzung der Räume durch das Elki sei "als unzulässig anzusehen, da diese bei typisierender Betrachtungsweise mehr stört als die vorgesehene Nutzung". Die Ladennutzung sei "sogar ausdrücklich im Grundbuch eingetragen". Prinzipiell, so heißt es in dem Beschluss, wäre eine alternative Nutzung der Räume durchaus denkbar. Entscheidend aber sei, dass eine neue Nutzung "die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt". Dies sei jedoch im Fall des Elki "nicht gegeben". Dabei sei es unerheblich, wie laut es in der Wohnung der Kläger tatsächlich sei. Auch vom Eltern-Kind-Zentrum möglicherweise vorgenommene Schallschutzmaßnahmen spielten keine Rolle.

In einem Laden, begründen die drei Richter ihre Auffassung, halte man sich nicht in Gruppen über einen längeren Zeitraum auf. Auch fänden keine gemeinsamen Aktivitäten wie Spielen, Singen oder Tanzen mit festen Anfangs- und Endzeiten statt. Oder ein geselliges Beisammensein mit Kaffee und Kuchen, "was im Hinblick auf Gespräche, Gelächter, Musik und körperliche Bewegung eine deutlich störendere und konzentriertere Geräuschentwicklung als bei einer Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren erwarten lässt".

Nach Auffassung des Senats ist es also gerade das Ziel des Vereins, das ihm nun zum Verhängnis wird: die Förderung der Kommunikation durch gemeinsame Aktivitäten. Dass die Betriebszeiten des Elki inzwischen kürzer seien als die erlaubten Ladenöffnungszeiten und zudem eine tägliche Mittagspause eingehalten werde, gleiche die im Vergleich zu einem Laden "erheblich intensivere" Nutzung nicht aus. Mit der Begründung, das Elki richte sich ausdrücklich an Familien, hebelt das Oberlandesgericht auch die gesetzliche Privilegierung von Kinderlärm aus.

Damit, findet Elki-Anwalt Erb, machten es sich die Richter "zu einfach". "Das Gericht verweist nur auf das Programm des Eltern-Kind-Zentrums, ohne es für notwendig zu erachten, den konkreten Einzelfall vor Ort zu prüfen. Diese Argumentation halte ich für angreifbar." 250 Familien aus 13 Nationen sind Mitglieder im Verein. "Es ist einfach sehr schade. Alles läuft so toll im Elki, viele schöne Projekte, zum Beispiel ein Erste-Hilfe-Kurs für Kinder auf Englisch, haben hier ihren Anfang gefunden", sagt Vereinschefin Lara Mosdal. Aufgeben will sie nicht. "Noch ist es ja kein Urteil. Wir müssen jetzt einen Weg finden, das Gericht davon zu überzeugen, in eine mündliche Verhandlung einzutreten." Die Frist zur Stellungnahme hofft Anwalt Erb bis Mitte Juni verlängert zu bekommen. "Die Würfel sind noch nicht gefallen", sagt er. "Das Blatt hat sich in der Sache schon mehrfach gewendet."

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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