Garching:Winken und trinken

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Schwitzen, aber trotzdem feiern: Die Garchinger boten prächtige Kostüme auf, um an die Geschichte ihrer Stadt zu erinnern. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Beim Festzug zur 1100-Jahr-Feier ihrer Stadt trotzen die Garchinger am Sonntag den Rekord-Temperaturen

Von Gudrun Passarge, Garching

"Hilfe, es brennt". Der Ruf der manieriert hoch klingenden Stimme ruft Gelächter hervor bei den Umstehenden. Schließlich ist leicht auszumachen, dass sich unter der weiblichen Haube ein Mann verbirgt. Ein Feuerwehrmann, um genau zu sein, der in dem vermeintlich brennenden Haus sitzt und dabei eine Rauchmaschine bedient. Emsige Feuerwehrleute in historischen Uniformen versuchen, mit Leder- und Stoffeimern Wasser in die Flammen zu gießen. Zum Spaß aller landet dabei auch immer ein wenig von dem kühlenden Nass auf den Besuchern, die den historischen Festzug der Stadt Garching zur 1100-Jahr-Feier säumen und in der Hitze schmoren. Wasser ist das wichtigste Utensil aller Beteiligten.

52 Bilder waren angekündigt, 1100 Jahre Geschichte sollten es sein, dargestellt von 1301 Mitläufern. Wolfgang Windisch, Kulturreferent der Stadt und Organisator des Treibens, flitzt vor dem Start immer wieder mit dem kleinen weißen Stadtauto hin und her auf der alten B 471, um die letzten Instruktionen zu geben. Von überall her kommen die Mitläufer, um sich dort aufzustellen. Musikanten mit Tuba und Trommeln, altjüngferliche Fräulein mit langen Röcken und strengen Frisuren, Adlige unter schweren Perücken, kleine Bienen, fesche Fußballer und viele Pferdegespanne. Bereits um 12.30 Uhr hatte die Feuerwehr begonnen, das Pflaster der Straße abzuspritzen, damit es in der prallen Sonne wenigstens ein bisschen besser auszuhalten ist. Aber die Kaltblüter der Brauereigespanne nehmen es ganz gelassen.

Das Bild der Garchinger Feuerwehr ist typisch für den Zug. Es zeigt den Brand im Gemeinde- und Feuerwehrhaus, der sich tatsächlich 1916 ereignet hat, als ein Blitz dort einschlug. So haben viele der mitlaufenden Vereine versucht, ihre eigene Geschichte als Teil der Garchinger Geschichte darzustellen, mit Kostümen und Requisiten aus dieser Zeit. Außerdem ist auch noch fahrendes Volk im Zug dabei, das mit alten Musikinstrumenten, Fahnenschwenkern, Bauchtanz und Moriskentänzen das Publikum in Stimmung bringt.

Am Anfang schreitet die Geschichte schnell voran. Josef Euringer darf sie mit seiner Familie eröffnen. Wanderschäferinnen (Monis kleine Farm) ziehen vorbei, Martin Luther und seine Katharina (Laudatekirche) winken huldvoll, und ein paar wenig beneidenswerte Männer vom Gewerbeverband stehen auf dem Schmiedewagen und halten das Feuer in Gang, als wäre es noch nicht heiß genug.

Nicht alle halten diese Hitze aus. Ewin Muggesser, dessen prächtige Kleider eines Kurfürsten Max Emanuel würdig sind, muss aufgeben. Der 80-Jährige von den Freunden von Schleißheim sucht den Schatten, bleibt erschöpft auf einer Bank sitzen. "Es ist zu heiß", sagt er und zieht sich die Perücke vom Kopf. Seine Frau allerdings schreitet als Kunigunde weiter mit und winkt huldvoll nach links und nach rechts. Auch bei den Jüngsten gibt es Ausfälle. Die Retter hatten genug zu tun - und zum Glück keine historischen, sondern moderne Geräte.

© SZ vom 06.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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