Warnstreik in Bruck:Protest mit Trillerpfeifen

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Rund 300 Beschäftigte von Coca-Cola beteiligen sich am Donnerstag in Fürstenfeldbruck am Warnstreik. Sie erhalten Unterstützung aus der Politik.

Stefan Salger

Am Donnerstagmorgen geht an der Industriestraße nichts mehr. Kein Lastwagen darf mehr auf das Gelände von Coca-Cola fahren und keiner heraus. Die Produktion steht still. Der Betriebsratsvorsitzende Hans Hörmann wertet das als Zeichen, dass die Belegschaft bereit ist, ernst zu machen. Noch ist es ein erster Warnstreik, an dem sich insgesamt rund 300 Mitarbeiter der Nacht- und der Frühschicht beteiligen. Um 5 Uhr ziehen die ersten Streikposten auf, und erst um 9 Uhr wird das große rote Tor unter dem Schild mit der einladenden Aufschrift "Welcome-Willkommen" wieder frei gemacht.

Warnstreik bei Coca-Cola. (Foto: Günther Reger)

Bis dahin schwenken Mitarbeiter, die gelbe Westen über ihre dicken Winterjacken gestreift haben, Fahnen und blasen in Trillerpfeifen. "Wir streiken" steht auf ihren Rücken. Alle sollen auf den schwelenden Tarifkonflikt aufmerksam werden. Bereits um 7 Uhr gibt es Unterstützung von politischer Seite: Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Markus Rinderspacher, ist gekommen und auch die SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Landkreis, Kathrin Sonnenholzner. Sie stärken den Beschäftigten den Rücken und überbringen solidarische Grüße. Klare Botschaft: Die SPD und die Gewerkschaft liegen auf einer Linie. Ob das reichen wird, bleibt offen. Denn bei den Tarifverhandlungen dürfen nur die Vertreter des Konzerns sowie der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) mitreden.

Einer der am 30. Januar mit am Tisch sitzen wird, ist Hans Hartl, der NGG-Landesbezirksvorsitzende. Er pocht auf sechs Prozent mehr Lohn. Hörmann pflichtet ihm bei: "Das Angebot des Arbeitgebers ist definitiv nicht gut". Dabei geht es mitnichten nur um den Lohn. Denn da hat Coca-Cola immerhin in diesem Jahr ein Plus von 2,5 Prozent und im nächsten Jahre von 2 Prozent angeboten. Der Konzern hat auch in punkto Altersteilzeit und Vorruhestand sowie Ausbildungsvergütung Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Alles schön und gut, findet Hörmann. Aber vor allem eines geht ihm völlig gegen den Strich: Die von Coca-Cola im Gegenzug geforderte Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Darüber könne man zwar reden. Aber wenn das bedeute, dass man 365 Tage im Jahr kurzfristig bis zu zehn Stunden am Tag arbeiten solle, dann gehe das zu weit. Das, so Hörmann, lasse sich mit einem Familienleben nicht vereinbaren. Prädikat: "Nicht verhandelbar." So sieht das auch der NGG-Landesbezirkssekretär Walter Linner. Die Belegschaft habe zur Sicherung der Arbeitsplätze in den vergangenen Jahren auf größere Lohnzuwächse verzichtet und damit bereits ausreichend Opfer gebracht, findet er.

Und dass nun deutschlandweit auch noch 450 Stellen im Verwaltungsbereich wegfallen sollen und Fürstenfeldbruck möglicherweise einen Beitrag von 30 Stellen zu tragen hat, will er nicht hinnehmen: "Wenn es bei der nächsten Verhandlungsrunde am 30. Januar kein nachgebessertes Angebot gibt, dann werden wir die Aktionen ausweiten."

Viele Beschäftigte vor dem Tor teilen augenscheinlich diese Meinung. Einige von ihnen erinnern sich noch gut an 2006. Auch damals gab es bereits Warnstreiks. Viele scheinen entschlossen zu sein, nicht klein beizugeben. "Wir meinen das ernst", sagt einer, "und wir werden es durchhalten." Mit einem Ergebnis bereits Ende des Monats rechnet er freilich nicht.

Die Unternehmensleitung in Berlin sieht wenig Nachbesserungsbedarf. Es liege bereits ein gutes Angebot auf dem Tisch. Immerhin gibt es ein klares Bekenntnis zum Standort Fürstenfeldbruck. Firmensprecher Steffen Türk zufolge ist geplant, am größten bayerischen Standort die Lagerkapazitäten auszubauen. Ob dadurch das heutige Niveau von rund 580 Arbeitsplätzen gehalten werden könnte, ist offen. Für die Stadt ist Coca-Cola in jedem Fall ein großer Gewinn, wie Wirtschaftsförderer Jürgen Koller betont: "Das ist wirklich ein Big Player, der uns auch Renommee bringt."

© SZ vom 25.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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