Satire:Feinsinniger Humor

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Florian Wagner aus Krailling setzt sich gegen drei Konkurrenten durch und gewinnt die Vorrunde des Kabarettwettbewerbs Paulaner Solo

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Überraschend und sensationell einig waren sich Jury und Publikum im Veranstaltungsforum Fürstenfeld bei der Wahl des Siegers der ersten Vorrunde des Paulaner-Solo-Wettbewerbs. Florian Wagner aus Krailling eroberte die Herzen aller Anwesenden mit nackten Beinen und viel Witz. Vorfreude, vier Kandidaten und ein abwechslungsreiches Programm - was will man mehr? Der restlos ausverkaufte Saal strotzte am Samstagabend deshalb von Kennern und Comedy-Fans, die bereits ihre Eintrittskarten für die zweite Runde und das Finale in der Tasche hatten. Neben Unterhaltung und Kurzweil ging es vielen um den Publikumsentscheid. Das gilt auch für den 17-jährigen Markus Farmbauer aus Olching, den man als Experten bezeichnen möchte. Zusammen mit seinen Eltern lässt er sich kaum einen Kabarett-Termin im Landkreis entgehen, zumal es ihn selbst auf die Bühne zieht. Sein Urteil weicht deutlich von dem der Massen ab. Konstantin Korovin beispielsweise, der den Wettbewerb eröffnete, fand er weit unterschätzt.

Korovin kam als Kind aus der Ukraine nach Deutschland und bringt somit einen andersartigen Kulturclash mit ins Spiel. Selbstironisch beleuchtet Korovin seine körperlichen Attribute wie "das kantige slawische Gesicht aus verkeilten Geodreiecken" und die Rastazöpfe, die ihn zum geborenen Drogenfahnder machen. Er konfrontiert bei Themen wie Sexismus oder Gewalt geschickt um drei Ecken herum und beschreitet nicht immer den direkten Weg. Kurzum: nichts für Leute, denen "Bauer sucht Frau" zu anspruchsvoll ist.

Christina Baumer erhält bei der Abstimmung am Ende die zweitmeisten Stimmen. (Foto: Günther Reger)

Normalerweise erreichen jeweils der Publikumssieger und der Favorit der Jury das Finale im Herbst. Zwei Sieger, zwei Personen. Dass Jury und Publikum den gleichen Kandidaten wählen und es nur einen Sieger gibt, ist neu und nicht vorgesehen. So einigte man sich auf den Teilnehmer mit den zweitmeisten Stimmen als Zweitsieger: Christina Baumer. Ihr schlug die Sympathie in Fürstenfeld gleich doppelt entgegen, denn Christina kam quasi zu zweit. Schöne Idee, fanden die Zuschauer.

Konstantin Korovin eröffnet den Wettbewerb. (Foto: Günther Reger)

In den Rollen zweier Schwestern - Chris aus der Stadt und Tina vom Land - erklärte Christina Baumer ihr "Guests welcome"-Tatoo auf dem Bauch in derbstem Oberpfälzisch, aber die Sharing-Gesellschaft in gepflegtem Münchner Hochdeutsch. Ihr Programm deckte alles ab, was bewegt: vom Bienensterben über Markus Söders Nationalhymne bis hin zu "Vögeln" der Familie Storch. Umwerfend natürlich die temperamentvolle Darbietung, der man Baumers Schauspielausbildung anmerkte. Leider war nicht jeder im Raum des Oberpfälzer Dialekts in ausreichender Weise mächtig, so dass manche Pointe nicht auf Anhieb verstanden wurde. Coole Sprüche wie "Mauer to go ersetzt das Brett vorm Kopf" werden aber vermutlich in Schultoiletten bald die Wände zieren.

Manuel Berrer aus Österreich kann sich in der Vorrunde des Paulaner-Solo-Wettbewerbs letztendlich nicht gegen seinen satirischen Mitbewerber durchsetzen. (Foto: Günther Reger)

Allgemein haben Klavier-Comedians beim Publikum eher schlechtere Karten, sagt man. Vielleicht lag es an Florian Wagners erfrischendem Einstieg nach der Pause, dem "schlechten Lied", dass es mit seinem eindeutigen Sieg ausging. So grandios schiefe Töne zu singen, bringt wohl nur ein virtuoser Künstler mit Ausbildung an der Musikhochschule fertig. Mit beiläufiger Leichtigkeit musikalische Zitate vom Nintendo-Gedudel bis zu Michael Jackson-Parodien in sein Klavierspiel einzubetten, zeugt von bestechendem Können. Florian Wagner trat selbstbewusst an den Flügel, sezierte sämtliche Aspekte misslungener Songs von endlosen "Wiederholungen, die nerven und stören" bis hin zu Werbeunterbrechungen. Zum Abschluss kommentierte er sein gewagtes Outfit, nämlich T-Shirt, Jackett und Unterhose: "Man sollte nicht Schwarz mit Dunkelblau kombinieren."

Pointen wie diese lässt Florian Wagner dann einfach stehen. Seine Texte und Einleitungen entfalten einen sehr feinsinnigen Humor, der überrascht und schier unvermittelte Lachanfälle erzwingt. Seine Kindheit in den 90er-Jahren beschreibt Wagner so: "Damals gab es noch keinen Euro. Ich bekam fünf Mark Taschengeld, was heute 50 Euro wären." Tatsächlich arbeitete Florian Wagner auch als Barpianist. Eine Erfahrung, der er ein Lied gewidmet hat: "Dafür hab ich fünf Jahre studiert".

DaBerrer aus dem Innviertel stieß mit seinem bösen, schwarzen und höchst österreichischen Humor deutlich an seine bayerische Landesgrenze. Hitler-Witze sind zwar nicht mehr tabu und klar sexistische Witze mit Gitarrenbegleitung wie im umgedichteten Ambros-Titel "Skifahren" kamen recht gut an. Beim Thema Emanzipation jedoch brachten kunstvoll platzierte Schlüpfrigkeiten den Konsens-Humor ins Wanken. Manuel Berrer setzte sogar noch einen drauf. Im Zuge des Geschlechterkampfes seine Katze einzuschläfern, auszustopfen und auf einen Saugroboter zu montieren, ist in Deutschland offenbar ein Mehrfachverstoß gegen die Reinheitsgebote des gesitteten Witzes. Möglicherweise muss DaBerrer als arrivierter Kabarett-Österreicher an der Seite von Josef Hader zurückkehren, um die Masse des Publikums zu erobern. Verdient hätte er es.

© SZ vom 04.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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