Olchingerin wird Opfer von Hackern:Falscher Hilferuf aus Aberdeen

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Internetbetrüger hacken den E-Mail-Account der Olchinger CSU-Vorsitzenden Martina Drechsler und bitten in ihrem Namen um Geld. Adressaten sind unter anderem alle Mitglieder des Kreistags und des Stadtrats.

Wolfgang Krause

(Foto: dpa)

Die Mitglieder des Fürstenfeldbrucker Kreistags und die Olchinger Stadträte werden sich am Donnerstag gewundert haben, was ihre CSU-Kollegin Martina Drechsler ihnen mitteilte - und wie sie es tat. "Deiter und Ich habe einen Ausflug nach Aberdeen in Schkotland gemacht und dabei wurde meine Tasche mit Reisepass, Bargeld, und meine Kredikarten gestollen", stand in der Mail, die von ihrem Account versandt worden war.

Opfer eines Hacker-Angriffs: Olchings CSU-Ortsvorsitzende Martina Drechsler. (Foto: FFB)

Natürlich hatte Drechsler das nicht selbst geschrieben. Und vermutlich überwies auch niemand das erbetene Geld an die Internetbetrüger, die dahinter steckten. "Mein Mann heißt ganz anders", sagt Drechsler, "und jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nicht so schreibe." Aber Ärger war für die Olchinger Lokalpolitikerin mit der Angelegenheit genug verbunden.

"Als erstes rief um zehn meine Tochter an", erzählt Drechsler, "und berichtete von der Mail." Sie hatte selbst vor einiger Zeit einen ähnlichen elektronischen Hilferuf erhalten, und wusste schon, was das bedeutete: Ihr Postfach war gehackt worden, sie selbst hatte keinen Zugriff mehr und deshalb auch keinen Überblick darüber, wer alles in ihrem Namen angeschrieben worden war.

Über den Anbieter Yahoo ließ Martina Drechsler den Account und die 392 Kontakte rekonstruieren, aber warnen konnte sie ihre Freunde, Bekannten und Politikerkollegen nicht einfach per Rund-Mail. Denn ein gleichlautendes Schreiben an knapp 400 Adressaten wäre unweigerlich als Spam einsortiert worden. Also wandte sich Drechsler ans Landratsamt, wo ein Mitarbeiter umgehend die 70 Kreisräte informierte, die allesamt auf dem Verteiler standen. Ihre Parteifreunde im Landkreis ließ die Olchinger CSU-Ortsvorsitzende über die Kreisgeschäftsstelle warnen. Und am Nachmittag setzte sie sich hin und schrieb die Freunde und Bekannten in Tranchen von 20, 30 Leuten an, um die Spam-Abwehr zu umgehen.

An die Polizei wandte sich Drechsler nicht. Das hätte nach Angaben von Erich Raff auch wenig gebracht, denn die ist in solchen Fällen weitgehend machtlos: "Man kommt nicht weiter", sagt der stellvertretende Leiter des Internet- und Betrugsdezernats der Fürstenfeldbrucker Kripo. Die Masche mit dem Hilferuf aus Schottland kennt Raff bereits, auch wenn es in seinem Zuständigkeitsbereich erst zwei oder drei Anzeigen dazu gab.

Wie im Falle von Martina Drechsler wurden die Empfänger der gefälschten Mails jeweils aufgefordert, bei einer britischen Telefonnummer anzurufen. Angeblich handelt es sich dabei um die Nummer des Hotels, in dem der vermeintliche Absender abgestiegen ist, tatsächlich landet man auf einem Mobiltelefon mit Prepaid-Karte. Der Angerufene gibt sich als Rezeptionist aus, bittet um eine Anweisung des Geldes über Western-Union und lässt sich die zugehörige Codenummer geben. Dann kann er das Geld abholen - und die Chance, ihn zu ermitteln ist gleich null.

Umso wichtiger ist es, sich erst gar nicht auf das Spiel der Betrüger einzulassen. Das tun aber offensichtlich immer wieder Leute - trotz der abenteuerlichen Rechtschreibung und anderen Warnzeichen in den gefälschten Mails. Raff weiß von einem Mann aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck, von dessen Account im Frühjahr 2012 ein Hilferuf aus Schottland abgesetzt wurde. Ein Bekannter aus Miesbach fiel darauf rein und überwies tatsächlich Geld an die Hacker.

© SZ vom 25.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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