München/Fürstenfeldbruck:Acht Monate für Kindesmissbrauch

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Richterin sieht es als erwiesen an, dass ein 59-jähriger Busfahrer einem siebenjährigen Mädchen zwischen die Beine gegriffen hat. Weil er seine Berufung zurückzieht, gilt nun die Bewährungsstrafe des Amtsgerichts

Von Florian J. Haamann, München/Fürstenfeldbruck

Mit einem energischen Kopfschütteln begleitet der Angeklagte die Worte seines Verteidigers, als dieser erklärt, dass sein Mandant die Berufung zurück nimmt. Mit sehr deutlichen Worten hatte die Richterin am Landgericht zuvor klar gemacht, dass sie keinen Zweifel an der Schuld des 59-Jährigen hat. Im Februar 2016 soll er einem siebenjährigen Mädchen absichtlich zwischen die Beine gegriffen und sie dabei verletzt haben. Mit dem Rückzug der Berufung wird das Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom Februar 2017 rechtskräftig, das acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung verhängt hatte.

Jahrelang hat der Angeklagte als Busfahrer für behinderte Kinder, die in München zur Schule gehen, gearbeitet. Eines der Kinder war die Siebenjährige aus dem östlichen Landkreis. Weil sie an einer Blasenschwäche litt, habe sie anders als die anderen Kinder vorne beim Fahrer des Kleinbusses sitzen dürfen, damit sie im Notfall schnell rausspringen und urinieren könne. Das sei eine absolute Ausnahme gewesen, aber vom Chef so angeordnet worden, so der 59-Jährige. Als eine Art Spiel hätten sich beiden immer wieder mal gekitzelt und in den Oberschenkel gekniffen, erklärte der Angeklagte vor dem Landgericht noch einmal. Dabei habe er immer auf die Straße geschaut und trotzdem bewusst aufgepasst, dass er das Mädchen nicht im Genitalbereich berühre. "Ich habe sie nur in den Oberschenkel gekniffen, sie hat das lustig gefunden und gelacht. Ich hatte dabei keine Hintergedanken. Wir haben immer Spaß gemacht im Bus, uns alle gegenseitig Witze erzählt. Das Mädchen sei das einzige Kind gewesen, mit dem er dieses "Spiel" gemacht habe.

Als die Siebenjährige nach der Fahrt nach Hause kam, erklärte sie ihrer Oma, die gerade aus Berlin zu Besuch war, dass ihr der Busfahrer zwischen die Beine gefasst habe und dass es ihr dort weh tut. Tatsächlich habe es im Intimbereich eine Rötung gegeben, erklärte die Großmutter vor Gericht, auch der Vater bestätigt, dass er etwas gesehen hat. Zum Arzt habe er seine Tochter nicht gebracht, erst Stunden später hat er die Polizei informiert. Auch bei diesem Gespräch habe man ihm nicht geraten, das Mädchen untersuchen zu lassen.

Deshalb musste die medizinische Gutachterin ihre Analyse anhand der Aussagen von Opfer, Vater und Großmutter während des Prozesses erstellen. Demnach legen die Beschreibungen nahe, dass es eine reibende Bewegung im Intimbereich gegeben hat. Einen festen Griff könne es aber nicht gegeben haben, da es keine Hämatome gab. Nicht ausschließen wollte sie auf Nachfrage des Verteidigers, dass die Rötung und die Schmerzen auch durch vorheriges Einnässen entstanden sein könnten. Allerdings erklärte der Vater, dass das an diesem Tag nicht passiert sei.

Weiter führte er aus, dass es etwas Besonderes gewesen sei, dass das Mädchen so offen das Gespräch gesucht hat. Da sie an ADHS und auditiver Wahrnehmungsstörung leidet, sei sie sehr verschlossen. Auch über Schmerzen rede sie normalerweise nicht, spiele diese sogar eher herunter.

Während der Beweisaufnahme führte die Richterin noch einen weiteren Fall an. Im Februar 2015 sei der Angeklagte als Zeuge bei einem anderen Zwischenfall mit einem Mädchen gehört worden. Damals haben die Eltern eines autistischen Mädchens, das ebenfalls mit einem der Busse fährt, blaue Flecken an dessen Oberschenkeln entdeckt. Das Mädchen konnte allerdings überhaupt nichts zu dem Vorfall sagen. Der 59-Jährige war damals nicht angeklagt, der Richterin ging es viel mehr darum, zu zeigen, dass er spätestens von diesem Zeitpunkt an genau wusste, wie problematisch es ist, wenn die Kinder berührt werden. "Sie waren ab diesem Moment für die Problematik sensibilisiert. Wenn sie dann ein Mädchen im Intimbereich berühren, ist der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs objektiv und subjektiv erfüllt", so die Richterin. Da sie nicht an den Aussagen des Mädchens zweifle, rate sie dem Angeklagten, seine Berufung zurück zu nehmen und es nicht auf ein Urteil ankommen zu lassen. Nach längerer Diskussion mit seinem Anwalt stimme der 59-Jährige dem sichtbar widerwillig zu und akzeptierte das Urteil des Amtsgerichts.

© SZ vom 08.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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