Konzert:Zwischen den Epochen

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Gut nachvollziehbar gestalten die Musiker vom Gärtnerplatztheater ihre klangliche Reise. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Gelungene Kammermusik mit Werken aus Barock und Rokoko

Von Klaus Mohr, Puchheim

Musik um eine Zeitenwende - so könnte man das Programm "Barokoko" nennen, das elf Musiker aus dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München im Puchheimer Kulturzentrum einem großen Hörerkreis vorstellten. Es gibt nur wenige stilistische Umbrüche in der Musikgeschichte, die klanglich so gut nachvollziehbar sind, wie der vom Barock zur Klassik. An dieser Schwelle gibt es viel Musik, die etwas mehr den Blick zurück oder auch nach vorne erkennen lässt, so dass die scheinbare Verschmelzung der beiden Begriffe Barock und Rokoko zu "Barokoko" verständlich wird. Allerdings existiert die Zeit des Rokoko in der Musik nicht als eigene Kategorie, sondern lediglich von der Zeitspanne her. Stilistisch werden hier beispielsweise Begriffe wie Vor- oder Frühklassik, empfindsamer oder galanter Stil gebraucht. Durch das Programm führte die Flötistin Uta Sasgen, deren Worte vor allem in den treffenden Zitaten kurzweilig ausfielen. Mancher musikhistorische Zusammenhang war hingegen sehr holzschnittartig dargestellt, was aber der Kraft der Musik keinen Abbruch tat. Sehr gelungen war insbesondere die Berücksichtigung des Münchner Konzertlebens im 18. Jahrhundert.

Das Programm war nicht streng chronologisch geordnet, so dass vom Hörer stete Flexibilität gefordert war, die die musikhistorische Entwicklung in verschiedenen Facetten sehr gut abbildete. In konzertantem Gestus eröffnete ein Allegro-Satz aus einer Sinfonie von William Boyce den Abend. Hier waren zwei Violinen und zwei Flöten, jeweils vom Basso continuo unterstützt, einander als Klanggruppen gegenübergestellt und wurden im Tutti zusammengeführt. Ganz anders war ein Concerto a più strumenti von Evaristo Felice dall'Abaco angelegt: Die Führung lag meist bei den Streichern, insbesondere bei der ersten Violine, und war quasi vom Gesamtklang her entwickelt: Virtuose Spielfiguren erklangen im Kopfsatz (Allegro e spiccato) in einem fast symphonischen Zusammenhang, eher solistische oder von einer Kleingruppe geprägte Phasen gab es nicht.

Eine "Kanonische Sonate" für zwei Kontrabässe von Georg Philipp Telemann umschrieb Uta Sasgen mit dem Wortspiel "Duett oder Duell" und traf damit den Charakter im Kern. In friedlicher Imitation stachelten sich die beiden Kontrahenten musikalisch immer wieder an, fanden aber im Umisono-Schlussklang zu einem ganz versöhnlichen Ende.

Mit den geografischen Zentren Mannheim und Berlin holten die Musiker anschließend die Komponisten Ignaz Holzbauer, Johann Joachim Quantz und Carl Philipp Emanuel Bach nach Puchheim. Mit Dämpfern versehener und dadurch besonders weicher Klang entführte die Hörer in einem Andantino-Satz aus einem Violakonzert von Holzbauer in eine gefühlvoll-ausdrucksstarke Welt. Das nachfolgende Menuett lebte von pointierten rhythmischen Figuren und platzierte den Solopart in der klanglichen Mitte des Ensembles. In einen Wettstreit begaben sich zwei Flöten, angefeuert vom Basso continuo in einem Trio von Quantz. Sehr lebendig war der Finalsatz eines Flötenkonzerts von Carl Philipp Emanuel Bach, wobei die chromatische Melodieführung in der Orchestereinleitung wunderbar auf den Stilwandel verwies. Viel Beifall und eine Zugabe.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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