Jesenwang/München:Vier Jahre Haft für Kindesmissbrauch

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Landgericht entscheidet sich gegen Sicherheitsverwahrung

Ein 32-jähriger Kraftfahrer aus Jesenwang, der sich freiwillig chemisch kastrieren lässt, ist vor dem Landgericht München II wegen sexuellen Missbrauchs eines neunjährigen Buben zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Der einschlägig vorbestrafte Mann hatte Ende April 2014 sein Opfer in einem Fachmarkt in Fürstenfeldbruck angesprochen und mit zu sich nach Hause genommen. Der Bub kannte den Kraftfahrer über seine Eltern. Der Täter hatte dem Kind versprochen, mit ihm auf einer Spielkonsole zu spielen. Nachdem sich der 32-Jährige mit dem Buben in seinem Zimmer befunden hatte, verschloss er die Türe und zog den Schlüssel ab. Unter einem Vorwand brachte er das Kind schließlich dazu, seine Hose teilweise herunterzuziehen. Danach verging er sich an dem Buben und fügte ihm dabei Schmerzen zu. Nach der Tat hatte sich der Kraftfahrer selbst angezeigt. Doch der Übergriff wäre auch so aufgeflogen, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft bei ihrem Plädoyer. Denn der Neunjährige hatte seiner Mutter erzählt, was ihm widerfahren war. Wegen sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit Körperverletzung forderte die Staatsanwaltschaft ebenfalls vier Jahre Haft gegen den Angeklagten zu verhängen. Außerdem beantragte die Staatsanwältin die Unterbringung des 32-Jährigen in der Sicherungsverwahrung anzuordnen.

Obwohl alle Voraussetzungen für diese gravierende Maßregel vorliegen, wie die Vorsitzende der 1. Jugendkammer, Richterin Regina Holstein, bei der Urteilsbegründung feststellte, sah die Kammer dennoch von deren Anordnung ab. Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte zuvor erklärt, dass erhebliche Straftaten vom Angeklagten zu erwarten seien. Dies rechtfertige eine Unterbringung, so der Forensiker. Trotz der Vorverurteilungen lag es dennoch im Ermessen der Richter, dem Kraftfahrer noch eine letzte Chance zu gewähren. Und die bekam der 32-Jährige, indem die Kammer darauf verzichtete, sich für die Sicherungsverwahrung zu entscheiden. Ausschlaggebend hierfür, so Richterin Holstein, sei unter anderem, dass der Kraftfahrer sich nach der Tat dazu entschlossen habe, sich chemisch kastrieren zu lassen. Zudem habe er freiwillig eine weitere Therapie gemacht. Der Angeklagte habe den Entschluss gefasst, sich zu ändern, so die Vorsitzende. Angesichts der vierjährigen Haftstrafe, die der 32-Jährige nun zu verbüßen habe, sei "ein erwartbarer Erfolg da, weil Sie etwas tun", sagte die Richterin zu dem Mann aus Jesenwang, der das Urteil äußerlich regungslos zur Kenntnis nahm.

Am Ende der Urteilsbegründung wies Richterin Holstein den Kraftfahrer eindringlich daraufhin, auf welch schmalem Grat er gewandelt sei. "Wenn noch einmal etwas passiert, bekommen Sie keine Chance mehr. Dann landen Sie in der Sicherungsverwahrung und kommen auch nicht mehr so schnell raus." Die Verteidigung forderte drei Jahre und sechs Monate Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftigt.

© SZ vom 13.08.2016 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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