Energiewende:Seidl sieht kein großes Erdbebenrisiko

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Puchheims Bürgermeister und der Chef der Bohrfirma werben für die Geothermie und betonen die Unterschiede zu Poing

Von Peter Bierl, Puchheim

Einen Tag vor der Informationsveranstaltung über das Geothermie-Projekt in Puchheim haben Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) und Curd Bems, Geschäftsführer der Exorka GmbH, für das Projekt geworben. Bedenken wegen des Risikos von Mikrobeben und von Schäden an Gebäuden suchten sie auf einer Pressekonferenz am Mittwoch im Rathaus zu zerstreuen. Nach dem Erdbeben im Spätsommer in Poing, wo eine Geothermie-Anlage in Betrieb ist, formierte sich in Puchheim eine Bürgerinitiative, die diese Technik zwar nicht generell ablehnt, aber die Frage der Haftung geklärt haben will. Sie hatte eine Informationsveranstaltung mit Experten verlangt.

Die geologischen Bedingungen in Puchheim seien anders als in Poing, betonte Bems. Dort gebe es "aktive Störungen" im Untergrund in einem Winkel von bis zu 45 Grad zu einer Linie von der Oberfläche in die Erdmitte. Wer dort eingreife, könne Mikrobeben auslösen. Unter Puchheim hingegen seien nur steile Störungen, also vertikale Brüche, zu erwarten, die man nicht aktivieren könne, versicherte er. Bems wies darauf hin, dass er bereits etwa 6000 Bohrungen in ganz Europa geleitet habe, "aber nicht die in Poing".

Im übrigen sehe das Bergrecht ein "enges und genaues Monitoring" vor, sagte der Bürgermeister. Wenn es zu Beben innerhalb eines gewissen Umkreises komme, müssten die Betreiber einer Geothermieanlage nachweisen, dass diese nicht durch den Betrieb ausgelöst wurden. Bems erklärte, dass dieser "Einwirkungskreis" etwa sechs Quadratkilometer groß sei. Seidl versicherte: "Wir haften dafür, wenn Risse auftreten." Der Bürgermeister verwies auf einen weiteren Unterschied zu Poing. Dort habe man die wasserführende Schicht aus Kalkstein durchstoßen und das Wasser beim Zurückpumpen in die Erde auf harten Fels aufkommen lassen.

Am Ablauf des Informationsabends wird sich wohl nichts mehr ändern, trotz der Proteste der Bürgerinitiative im Vorfeld. Diese hatte sowohl beklagt, dass sie auf dem Podium nicht vertreten ist, als auch, dass nach den Vorträgen des Bürgermeisters und des Exorka-Chefs keine Gelegenheit für Fragen und Stellungnahmen in großer Runde besteht. Stattdessen können die Besucher anschließend an "Thementischen" mit Fachleuten und Projektbeteiligten ins Gespräch kommen. Man habe sich für diese Form entschieden, um einen konfrontativen Ablauf zu verhindern, erklärte Norbert Baumgärtner, den die Stadt als PR-Berater engagiert hat. Er betreue bereits sechs solcher Geothermie-Projekte und habe schon Bürgerversammlungen erlebt, die völlig aus dem Ruder liefen.

Der Bürgermeister begründete in der Pressekonferenz auch noch einmal grundsätzlich, warum Geothermie sinnvoll ist. "Wer für die Energiewende Verantwortung übernimmt, muss hier produzieren", sagte Seidl. Die Kapazität der Solarenergie sei begrenzt und Windräder stießen auf Akzeptanzprobleme. Geothermie sei für Puchheim ideal, weil bereits zwei Fernwärmenetze und Heizkraftwerke vorhanden sind. Die Bohrtechnik sei vorhanden und habe sich in den vergangenen Jahren stetig verbessert. "Das Bohren ist sicherer geworden und effizient", betonte der Bürgermeister. In Puchheim sei in einer Tiefe von rund zwei Kilometer ausreichend Wasser mit bis zu 85 Grad zu erwarten.

Die Energie könnte anfangs in das größere Netz eingespeist werden, das die Firma Bayernwerk betreibt, um den Ikarus-park, große Teile der Planie, öffentliche Gebäude sowie den Wohnpark Roggenstein zu versorgen. Der aktuelle Zeitplan der Kommune und von Exorka sieht vor, im ersten Halbjahr eine gemeinsame Fördergesellschaft zu gründen. Die Stadt würde sich daran mit 2,5 Millionen Euro beteiligen. Bis Ende des Jahres soll die erste Bohrung beginnen, bis Ende 2019 beide Bohrungen fertig sein. Seidl kündigte aber an, dass sich die Stadt nach der Bürgerversammlung noch "eine kurze Reaktionsphase gönnen" werde.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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