Weihnachts-Shopping am Flughafen:Die frohe Botschaft heißt Caipi

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Bei Beate Uhse gibt es 20 Prozent Rabatt, während wenige Meter weiter dampfender Glühwein ausgeschenkt wird - und auf dem Rollfeld eine Boeing dröhnt. Der "Wintermarkt" am Flughafen zieht Reisende aus aller Welt an. Und immer häufiger auch Besucher aus der Region.

Anne Goebel

Zu Nikolaus gibt es zwanzig Prozent Rabatt auf Erotikartikel von Beate Uhse, auch eine Art Beitrag zur vorweihnachtlichen Besinnlichkeit. Die Offerte prangt in der sechsten Tür des überdimensionalen Adventskalenders, der den eiligen Passanten täglich Sonderangebote enthüllt. Daneben, auf der schneebestäubten Eisbahn, geht der Betrieb langsam los an diesem Spätnachmittag.

In der Adventszeit kann man am Flughafen nicht nur Kleidung kaufen sondern auch Glühwein. (Foto: Marco Einfeldt)

In der "Frohen Botschaft" werden die Kessel erhitzt für Glühwein und heißen Caipi, gegenüber liegt das Sortiment rustikaler Wollmützen im Lichterkettenglanz. Dazu ein scharfer Wind, der durch die Terminalstraße fegt. Auf der Startbahn dröhnen die Turbinen einer Boeing. Weihnachtseinkauf am Flughafen - die etwas andere Einstimmung auf Heiligabend.

Seit zwölf Jahren veranstaltet die Flughafen München GmbH in der Adventszeit den "Wintermarkt". 50 Stände in einer künstlichen Koniferenlandschaft aus 300 Nadelbäumen bieten auf der Freifläche zwischen Terminal 1 und 2 das gängige Sortiment von Kirschkernkissen bis zu Schmuck und Feuerzangenbowle.

Das Highlight im luftigen MAC-Forum, heißt es in der Pressemitteilung des Flughafens, sei der 15 Meter hohe Weihnachtsbaum. Tatsächlich ist die Tanne kein krummgewachsenes Waldgehölz wie das Bruder-Exemplar am Marienplatz, sondern von verräterisch ebenmäßiger Form, so schön wie in amerikanischen Kinoschmonzetten - aber das Einmalige ist hier das Publikum:

Geschäftsmänner, gern im gravitätischen Gehrock, die wie ferngesteuert mit Smartphone und sirrendem Rollkoffer durch die Budenszenerie laufen, zwischen übernächtigten Fluggästen und Familien auf Airport-Ausflug.

Den Geschäften ist die Mischung offenbar förderlich. Nicole Drüke, die an ihrem Stand belgische Pralinen verkauft, ist zufrieden. "Es läuft sehr gut", sagt sie. "Wir haben Stammkunden, die sogar bei einer Zwischenlandung extra kommen und ihre Vorräte aufstocken."

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Gern gesehen seien Kunden aus Russland oder arabischen Ländern, die große Summen in kürzester Zeit ausgäben. "Da wird nach der teuersten Pralinenpackung gefragt, die geht dann zehnmal mit" - ähnlich spendable internationale Klientel würde den Schokoladen-Kollegen am Christkindlmarkt sicher auch gefallen. Der Wintermarkt ziehe aber auch zunehmend Publikum aus der Region an.

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Einkaufen am Flughafen ist für viele nicht nur in der Adventszeit attraktiv, wenn Zimtgeruch und das Grollen startender Flugzeuge einen speziellen Mix aus Fernweh und Beschaulichkeit bilden.

Die insgesamt 154 Läden auf dem Gelände des Münchner Flughafens machen das ganze Jahr über Geschäfte, doch die Wochen vor dem 24. Dezember gehören zur verkaufsstärksten Periode, sagt Florian Steuer. "In der Wiesnzeit und vor Weihnachten steigen die Umsätze", so der Sprecher des Flughafens.

Dass die auf beide Terminals verteilten Shops für Mode, Parfümeriewaren oder Bücher und Presse im Sortiment eher auf Geschäftsreisende ausgelegt sind, zeigt die Augustflaute: Wenn der Airport überquillt vor Passagieren der Ferienflieger, stagnieren die Zahlen bei Boss oder Benetton. Wer mit den Kindern und vielen Koffern verreist, geht in der Regel nicht noch shoppen.

Der Flughafen achte, sagt Steuer, auf ein gehobenes Segment - bei den noblen Boutiquen im Sicherheitsbereich sowieso, wo man beispielsweise das Schmuckangebot den zahlungskräftigen Kunden "aus dem asiatischen und arabischen Raum" anpasse. Auch in der öffentlichen Zone gelte: "Bei uns gibt es keine Billigheimer."

Das weiß zum Beispiel Hans-Jörg Giese zu schätzen. Der Unternehmensberater aus Hamburg wartet nach einem Geschäftstermin in München auf seinen Rückflug, und die Zeit vertreibt er sich mit einem Einkaufsbummel.

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Edlere Herrenausstatter, italienische Spezialgeschäfte für Anzüge, das sind seine bevorzugten Adressen. Für seine Freundin habe er in Hamburg vor dem Abflug ein Nikolausgeschenk gekauft, ein zusätzliches Präsent aus München werde nicht dazukommen, erzählt Giese und deutet auf die bunte Auslage des "Body Shops". "Es war nichts dabei" - sein Kollege hingegen lässt sich in dem Laden gerade das Mitbringsel für seine Partnerin einpacken und schreitet hernach, die rote Tüte am Arm, parlierend über die Gänge. "Telefonkonferenz", sagt Giese.

Ob er er seiner Freundin auch Weihnachtsgeschenke am Airport besorge? "Ich würde das nicht ausschließen." Unromantisch findet er das überhaupt nicht. "Hauptsache, die Sache an sich stimmt", sagt er.

Von der adventlichen Kauflust profitieren die Läden in den Terminals nicht nur durch Passagiere oder Besucher aus der Region, die die komfortablen Öffnungszeiten schätzen. Sondern auch, weil am Airport 30.000 Menschen arbeiten - und jeder braucht nun mal Weihnachtsgeschenke. Sie in der Franz-Josef- Strauß-Shopping-Mall zu kaufen, liegt nahe.

Susan Schönrock, seit 15 Jahren Flughafen-Mitarbeiterin, mag die weltläufige Atmosphäre und geht gern vom Büro aus shoppen, "weil ich hier so viele interessante Menschen sehe". Auch in den teureren Läden werde jeder zuvorkommend und ohne abschätzige Blicke des Personals bedient, "man ist hier einfach ein buntes Publikum gewöhnt".

Dass ein Flughafen als Raum zwischen Abschied und Ankommen ein emotionaler Ort ist, wissen Jennifer Hörner und Karin Fütterer besonders gut. Sie arbeiten im "Blumen Outlet" in Terminal 2, direkt am Abflug- und Ankunftsbereich. Geschichten von aufgeregten Passagieren haben die beiden jede Menge auf Lager.

Am liebsten erzählen sie die von dem jungen Mann im vergangenen Sommer, der offenbar erst kurz vor der Trennung von seiner Partnerin - sie reiste für sechs Monate in die USA ab - das Ausmaß seiner Aufgewühltheit erkannte und sich entschloss, im Blumenladen sämtliche rote Rosen zu kaufen. "Das war knapp", sagt Frau Fütterer. Womöglich heizt die Vorweihnachtszeit die Emotionen noch zusätzlich an. Im "Blumen Outlet" ist man gerüstet, die Bottiche mit den Rosen sind dicht gefüllt.

© SZ vom 12.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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