Kaum Schwimmunterricht in den Schulen:Keine Zeit fürs Seepferdchen

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Die Schulen in Haag und Kranzberg bieten wegen der weiten Wege zum nächsten Bad keinen Schwimmunterricht an. Dieser steht jedoch auch bei den Freisinger Grundschulen zum Teil nur dreimal im Jahr auf dem Stundenplan. (Foto: Marco Einfeldt)

Immer weniger Kinder lernen in der Grundschule Schwimmen. Zwar sieht es der Lehrplan vor, doch fehlen die Zeit und qualifiziertes Personal. Oft ist auch der Weg zum nächsten Bad einfach zu weit.

Von Katharina Aurich, Freising

Grundschulkinder sollten sich laut Lehrplan am Ende des vierten Schuljahres in einer Schwimmart ausdauernd, freudvoll und leistungsorientiert fortbewegen können, vom Startblock springen und tief und weit tauchen. In der Schule erwerben sie diese Fähigkeiten aber offensichtlich nicht. Denn an den Grund- und Mittelschulen im Landkreis findet nur manchmal oder gar kein Schwimmunterricht statt. Die Gründe: fehlende Lehrkräfte, mangelnde Unterrichtszeit, fehlende Qualifikation der Lehrkräfte und weite Wege zum Schwimmbad.

Dagmar von Gäßler-Griebel unterrichtet an der Grundschule in Neustift, von der zweiten bis vierten Klassen haben die Kinder pro Schuljahr an drei Tagen jeweils zwei Schulstunden Schwimmen. "Es ist unmöglich, in dieser Zeit Schwimmen zu erlernen. Außerdem ist die Spannbreite des Könnens bei Drittklässlern sehr groß. Es gibt welche, die sich nicht in das Wasser trauen und bei jedem Spritzer schreien und andere, die hinein springen und los schwimmen oder sogar kraulen", berichtet die Lehrerin. Die Zollinger Schüler gingen an neun Tagen im Abstand von zwei bis drei Wochen für zwei Stunden in das Hallenbad nach Nandlstadt. "Das ist nicht viel und man kann nicht viel bewirken, aber besser als nichts," sagt von Gäßler-Griebel. Den Lehrern ist die Diskrepanz zwischen dem Lehrplan und dem tatsächlichen Angebot an Schwimmunterricht bewusst.

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Die Wege nach Neufahrn oder Freising sind für einige Gemeinden zu weit

"Wenn es logistisch ginge, würden wir sofort Schwimmunterricht anbieten", betont Heike Hartmann, Schulleiterin in Kranzberg. Aber die Wege nach Neufahrn oder Freising seien für die Dauer von zwei Schulstunden zu weit. Ähnliches berichtet Marlene Graßl, Konrektorin der Echinger Grundschule. Das Schwimmbad in Neufahrn sei belegt, sie müssten nach Unterschleißheim fahren und dies sei logistisch nicht machbar.

Es wäre dringend nötig, Schwimmunterricht anzubieten, da viele Grundschulkinder nicht schwimmen könnten, betont Graßl. Auch für die Kinder der Haager Grundschule gebe es keinen Schwimmunterricht, da die Kolleginnen dafür nicht ausgebildet seien, sagt Schulleiterin Daniela Nager. In der Grundschule Sankt Lantpert in Lerchenfeld falle Schwimmen aus, da der Aufwand zu groß sei, so Rektor Peter Neurohr. Es stünden ja nur zwei Schulstunden zur Verfügung. Bis man im Schwimmbad angekommen sei, ausgezogen und hinterher wieder angezogen und vor allem die langen Haare der Mädchen wieder trocken, vergehe zu viel Zeit. Es blieben nur rund 20 Minuten im Wasser, das sei für den Aufwand zu wenig. Von offizieller Seite heißt es dazu, dass der Schwimmunterricht "zum großen Teil wie im Lehrplan vorgesehen durchgeführt werde", antwortet Karl-Heinz Wimmer im Ausschuss für Jugend, Kultur und Sport der Stadt Freising kürzlich auf eine entsprechenden eine Anfrage von Susanne Günther (Grüne).

Jede Schule kann den Schwimmunterricht nach ihren Möglichkeiten flexibel anbieten

Die Leiterin des staatlichen Schulamtes, Irmintraud Wienerl, formuliert es so: in der dritten und vierten Klasse sei es üblich und verbindlich im Lehrplan vorgesehen, dass die Schüler im Rahmen des Sportunterrichts Zugang zu einem Hallenbad oder Freibad haben. Es stehe jedem Lehrer frei, sich fortzubilden und den Schwimmschein zu erwerben. Jede Schule könne Schwimmunterricht nach ihren Möglichkeiten flexibel anbieten, so Wienerl. Sie bezweifle, dass die Schwimmfähigkeit von Kindern abnehme, solange es dafür keine offizielle Erhebung von Seiten des Ministeriums gebe.

Für einen effektiven Schwimmunterricht seien qualifizierte, zusätzliche Lehrkräfte und mehr Unterrichtsstunden nötig, erklärt Elisabeth Gaßner, Leiterin der Volksschule Vötting. Einige Klassen der Vöttinger Schule gehen drei bis vier Mal im Jahr in ein Schwimmbad, aber bei weitem nicht alle, so Gaßner. "Wir können keine Kollegin verpflichten, alleine mit 27 Kindern schwimmen zu gehen", sagt die Schulleiterin. Auch Maria Otto, Rektorin der Grundschule in Au, berichtet: "Das können wir mit unseren Ressourcen nicht leisten". Die Auer Kinder besuchten im Sommer alle drei Wochen das Freibad in Tegernbach, im Winter gingen sie ab und zu in das Nandlstädter Hallenbad. Außerdem kämen manchmal Eltern mit und entlasteten die Lehrerin.

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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