Forstenried:Heilsames Grün

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Wo die Stäblistraße in die Forstenrieder Allee mündet, soll auf der Brachfläche nördlich des Pfarrheims eine Parkanlage entstehen. (Foto: Claus Schunk)

In Forstenried gewinnt die Idee an Zustimmung, die Brachfläche nördlich der Pfarrei Heilig Kreuz in einen Park zu verwandeln. Sie eint sogar einstige Gegner im Streit um den Stäbli-Durchstich. Offen ist aber, ob Stadt und Privateigentümer Grund abtreten

Von Jürgen Wolfram, Forstenried

Gemessen an den jahrzehntelangen, das Stadtviertel erschütternden Auseinandersetzungen um das Projekt, ist vom geplanten Durchstich der Stäblistraße in Richtung Garmischer Autobahn wenig geblieben: eine triste Brachfläche in der Forstenrieder Ortsmitte. Die soll jetzt nach dem Willen der SPD-Fraktion im Bezirksausschuss (BA) 19 zu einer parkähnlichen Grünanlage, zu einer Art Anger umgewandelt werden, mit Dorfplatz-Ambiente und einem durchgängigen Radweg zwischen Neurieder Kreisel und Forstenrieder Ortskern. In dem verkehrsgebeutelten Stadtteil findet jeder diese wiederbelebte Idee sozialdemokratischer Kommunalpolitiker "im Prinzip gut". Doch schwingt stets ein großes "Aber" mit, wenn das Thema zur Sprache kommt. Bei seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 14. April, wird der BA auf der Basis eines SPD-Antrags die Chancen des Vorhabens "Forstenrieder Anger" erneut ausloten.

Bei ihrem Vorstoß für eine Verschönerung des Areals nördlich des Pfarrheims von Heilig Kreuz hat sich die SPD Inspirationen im Münchner Westen geholt. Für Forstenried schwebt ihr so etwas vor wie der "Laimer Anger" an der Agnes-Bernauer-Straße. "Der alte Ortskern von Forstenried ist durch den Durchgangsverkehr stark belastet und zerrissen", heißt es in ihrem aktuellen Antrag, "da die Regierung von Oberbayern den Durchstich der Stäblistraße endgültig abgelehnt hat, könnte auf den brachliegenden Grundstücken ein neues grünes Zentrum für Alt-Forstenried entstehen."

Auf Sympathie stößt der Vorschlag sowohl bei der Bürgerinitiative (BI) Forstenried wie auch beim Verein der Freunde des Ortskerns Forstenried. In Sachen Stäbli-Durchstich waren beide noch Kontrahenten, plötzlich haben sie einen gemeinsamen Nenner. "Alles, was unseren Ortskern schöner macht, ist willkommen", sagt BI-Sprecherin Herta Meinl. Grünanlage und Fahrradweg seien daher gleichermaßen interessante Ideen. Persönlich könnte sie sich auf der Brachfläche, die früher unter anderem als wilder Großparkplatz, Gebrauchtwagen-Abstellfläche und vorübergehend als Ausweichstandort für Kindergarten-Container diente, auch eine gefällig eingegrünte Kindertagesstätte vorstellen. Eine einzige Einschränkung macht sie jedoch schon heute: Zu einer Enteignung von Anwohnern sollte es nicht kommen.

Hannelore Prechtel, in Personalunion Mitglied der SPD-Fraktion im BA 19 und Vorsitzende der Ortskern-Freunde, relativiert zunächst einmal die Dimension der Anregung ihrer Partei: "Es geht um eine kleinere Grünanlage. In Dörfern wird sowas als Anger bezeichnet." Um Befürchtungen der Geschäftswelt wegen des Wegfalls von Kfz-Stellflächen an der Forstenrieder Allee zu zerstreuen, wäre sie bereit, bei den weiteren Planungen einen "kleinen Parkplatz am Rand" des betreffenden Areals mitzudenken.

"Verkehrsberuhigung", das müsste nach Auffassung von Ernst Ziegler neben einer Minderung des Baurechts bei allen weiteren Überlegungen im Vordergrund stehen. Der Vorsitzende des Historischen Vereins Forstenried plädiert dafür, auf der erwünschten Grünanlage einen "natur- und kulturhistorischen Pfad" anzulegen, statt bei den Wegen wie in Laim an Teerbänder zu denken - "das würde Forstenried ungemein aufwerten". Im übrigen rät Ziegler, "das Fell des Bären nicht zu verteilen, ehe er erlegt worden ist". Damit spielt er auf die Tatsache an, dass der größte Teil des Grundstücks der Stadt München gehört. Und die habe sich bisher nicht geäußert, was sie damit vorhat, seit das Scheitern des Stäbli-Durchstichs feststeht.

In diese Kerbe schlägt auch die politische Konkurrenz der SPD. Reinhold Wirthl, Sprecher der CSU-Fraktion im BA, fände es "zunächst mal spannend" herauszufinden, welche Flächen überhaupt zum vorgeschlagenen Zweck angekauft werden könnten. Man sollte überdies die Prioritäten im Süden von München im Auge behalten. Für ihn heißt das: "Wir müssen erst einmal den Generalverkehrsplan hinbekommen." Mit dem BA-Vorsitzenden Ludwig Weidinger (CSU) ist sich Wirthl aber einig, dass die Brachfläche im Zentrum Forstenrieds "auf die Dauer so nicht bleiben kann", eine "Aufhübschung" nötig sei. Wie die Verschönerung genau aussehen soll, darüber erhofft sich die Fraktionssprecherin der Grünen im BA, Henriette Holtz, Aufschluss von einem geplanten Bürger-Workshop. "Wichtig ist, dass wir alle Anwohner und Betroffenen in den Planungsprozess einbeziehen, statt ihnen etwas überzustülpen", sagt Holtz. Von Bedeutung seien in diesem Kontext die Ergebnisse aktueller Verkehrsuntersuchungen.

Zu den unmittelbar Betroffenen jeglicher Umgestaltung des Geländes beim Pfarrzentrum und gegenüber der Grundschule gehören die Betreiber des "bikeline"-Fahrradgeschäfts sowie der Forstenrieder Filiale der Bäckerei Reis. Beide würden von einem Park mit Sicherheit profitieren, glaubt die SPD. Stefan Lindemaier, Inhaber des Fahrradladens, sieht das genauso. "Mehr parkartiges Grün wäre sehr schön, jeder zusätzliche Baum täte unserer Gegend gut", sagt er. Mit einem Anger wären zudem "endlich mal die Spekulationen vom Tisch, ein Baulöwe könnte sich das Areal schnappen und zubauen". Die Juniorchefin der benachbarten Bäckerei, Michaela Majeron, ist sich immerhin in einem Punkt sicher: "Ein Park wäre allemal besser ein Durchstich."

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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