Festnahme:"Besenstiel-Räuber" forderte Diamanten im Wert von drei Millionen vom FC Bayern

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Dabei zeigt er sehr genaue Vorstellungen. Eine Anspielung in seinem Erpresserbrief bringt die Polizei bald auf seine Spur.

Von Martin Bernstein, München/Olching

Der "Besenstiel-Räuber" ist zurück: Mit zwei Erpresserbriefen soll der 63-jährige Olchinger versucht haben, dem FC Bayern drei Millionen Euro abzuknöpfen. Am Montagnachmittag nahmen Polizeibeamte den Erpresser auf einem Parkplatz in Mainburg fest. Laut Polizei ist es ein alter Bekannter: Harald Zirngibl hatte von 1992 bis 1998 in der Region München 16 Banken überfallen, mehr als 4,75 Millionen Mark erbeutet und saß dafür zehneinhalb Jahre im Gefängnis. "Besenstiel-Räuber" wurde er genannt, weil er seine Opfer einsperrte und die Türen mit einem Besenstiel zusätzlich verriegelte.

Der Brief, der am Faschingsdienstag in der Geschäftsstelle des FC Bayern an der Säbener Straße eintrifft, alarmiert den Verein. Nicht, weil er etwa eine 100-Millionen-Offerte für Torjäger Robert Lewandowski enthalten hätte - sondern eine Forderung: Eine Million Euro, 1,1 Millionen Schweizer Franken und genau nach Schliff, Farbe, Reinheit und Feingewicht spezifizierte Diamanten verlangt ein Unbekannter, insgesamt drei Millionen Euro.

Anspielung auf sein früheres Verbrecher-Leben

Sonst, droht der Erpresser, könne auch einem Verein wie dem FC Bayern etwas zustoßen. Von einer Drohne schreibt er vage, die über den vor der Arena geparkten Autos kreisen könnte. Dazu die klare Anweisung: "Keine Peilsender, keine Polizei." Denn: "Die werden euch alle nicht schützen können." Die Bayern schalten sofort die Polizei ein. "Professionell" sei die Zusammenarbeit mit dem Verein gewesen, loben die Ermittler, "sensationell gut".

Vielleicht ist es eine Anspielung auf frühere Taten, die die Beamten um Kriminaldirektor Stefan Kastner recht bald an Zirngibl als den Urheber des Schreibens denken lässt. "Die Gefahr lauert immer und überall", schrieb der Erpresser im Brief in Anspielung auf das Lied der Ersten Allgemeinen Verunsicherung vom "Ba-ba-banküberfall".

Vielleicht ist es auch die Pedanterie des Täters. Sechs Tage nach dem ersten Drohbrief kommt ein zweites Schreiben beim FC Bayern an. Sein einziger Zweck: Der Erpresser möchte jetzt eine andere Stückelung der Euro-Scheine. Er hat offenbar davon gelesen, dass Fünfhunderter bald aus dem Verkehr gezogen werden sollen.

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Mit für ihn heiklen Geldscheinen hat Zirngibl so seine Erfahrungen. Bei seinen Banküberfällen waren ihm immer wieder rot markierte Geldscheine untergejubelt worden, die er mit Nagellackentferner säubern musste. Oder bei der Bank umtauschen.

Nach der Haftenlassung verkaufte er handgetöpferte Dildos

Doch auch die Polizei kennt Zirngibl recht gut. Kastner, der stellvertretende Leiter der Münchner Kriminalpolizei, ist schon in den Neunzigern als SEK-Leiter und Kripo-Chef in Fürstenfeldbruck an der Jagd auf den Besenstielräuber beteiligt gewesen. Zwei Tage nach dem Eingang des zweiten Erpresserbriefs machen sich vergangenen Mittwoch 150 Polizisten daran, den Erpresser auffliegen zu lassen. Es beginnt, was Kastner eine "Schnitzeljagd" durch Oberbayern nennt.

Der Erpresser meldet sich über eineHandy-Sim-Karte, die er mit seinem ersten Brief mitgeschickt hat, und dirigiert seinen Ansprechpartner per SMS. Damit jedoch verrät er sich. Telekommunikationsüberwachung und Verbindungsdaten sind laut Kastner "der wesentliche Erfolgsfaktor". Nach zwei Tagen ist den Fahndern klar, mit wem sie es zu tun haben: mit Zirngibl, dem ehemaligen Besenstiel-Räuber.

Dieser war nach seiner Haftentlassung im Jahr 2009 der Polizei nicht mehr aufgefallen. Ganz so, wie es die Prognose im Gerichtsurteil verheißen hatte. Zirngibl lebte bei seinem Vater, schrieb erfolglos Bewerbungen, versuchte sich als Aktkünstler, als Produzent handgetöpferter Dildos und als Buchautor. Mit dem Werk "Mein gescheiterter Traum" versuchte Zirngibl sich 2011 als Gentleman-Verbrecher zu stilisieren.

Zirngibl ist "rundum geständig"

"Münchens freundlichster Bankräuber" wurde er genannt. Doch manche seiner Opfer - er hatte bei seinen Überfällen insgesamt 73 Geiseln genommen - waren durch die erlittene Todesangst jahrelang traumatisiert. Zirngibl tat das als "Kollateralschäden" ab. Am 3. November 1998 schlugen die Fahnder in Percha bei Starnberg zu.

Diesmal kommt das Ende in Mainburg. Zirngibl hat seinen vermeintlichen Kontaktmann am Montag um 17.06 Uhr auf den Griesplatz mitten in der Stadt an der Abens bestellt. Mit im VW sitzt seine Lebensgefährtin. Gegen sie besteht laut Thomas Steinkraus-Koch von der Staatsanwaltschaft München I derzeit jedoch kein Tatverdacht. Kastner sagt, Zirngibl sei "rundum geständig".

Wieder hat er offenbar massive Geldprobleme. Er wird sich laut Steinkraus-Koch wegen versuchter räuberischer Erpressung verantworten müssen. Und Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins hängt noch eine eindringliche Warnung an mögliche Trittbrettfahrer an: "Das wird teuer. Und wir kriegen euch."

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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