Faschingszug:Tram und Trump

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Weltgeschehen, Bundespolitik und Münchner Streitigkeiten: Die "Damischen Ritter" versuchen beim zwölften Umzug durch die Altstadt alles auf die Schippe zu nehmen

Von Thomas Jordan

Fasching und die Politik - Themen hat es mehr als genug gegeben für den diesjährigen zwölften Umzug durch die Münchner Altstadt des Faschingsvereins der "Damischen Ritter". Statt auf aktuelle Streitpunkte setzt an diesem Sonntag die Stadtratsfraktion der CSU München im Bundestagswahljahr 2017 mit ihrem Wagen aber ganz auf Seriosität: Von einer girlandengeschmückten Tribüne herunter werfen die Honoratioren um den Zweiten Münchner Bürgermeister Josef Schmid Bonbons in die Menschenmenge, die in der Sendlingerstraße den insgesamt 35 Wagen und Tanzgruppen zujubeln.

Stärkeren Bezug auf die aktuelle Stadtpolitik nimmt dann der Wagen der SPD-Fraktion, der im blau-weißen Design der Münchner Verkehrsbetriebe daherkommt. Mit ihrem Motto "Mehr Tram wagen" werben sie für die Einrichtung einer Tram-Verbindung an der Münchner Westtangente und greifen mit ihren historischen Schaffner-Uniformen ebenfalls tief in die Retro-Kiste.

Eine Gesamtdeutung der politischen Großwetterlage in Deutschland liefert der "Schützenverein Frisch auf Graßlfing". Ihr Wagen beeindruckt mit einer in Gold gehaltenen, überlebensgroßen Figur von Angela Merkel als Raubtierdompteuse im "Zirkus Berlin": Während die Kanzlerin peitschenschwingend den bayerischen Löwen Seehofer in Schach hält, beobachtet sie die schwarze Robbe Sigmar Gabriel mit strengem Blick. Und hinter ihr, griesgrämig dreinblickend, wacht Finanzminister Wolfgang Schäuble im Zirkus-Kassenhäuschen über die Einnahmen.

An die ganz große Politik wagt sich hingegen der Burschenverein Esting: Unter dem Motto "Fitnesswahn" schaffen es die Burschen im Ganzkörper-Muskelkostüm und mit dröhnendem Beat spielerisch, die Großen dieser Welt mit ihrem Wagen auf die Schippe zu nehmen. Ein oberkörperfreier, kraftstrotzender Donald Trump prangt über dem Slogan "We make you great again" und direkt daneben reckt sein Vorgänger Barack Obama einen Bierkrug in die Luft.

Ganz vorne im Zug geht es dagegen ein wenig gesetzter zu. Die Veranstalter, die Faschingsgilde der "Damischen Ritter", setzen bei ihrem Wagen mehr auf Ästhetik als auf Beats. Ganz oben auf ihrem aufwendigen Nachbau einer Ritterburg thront der erste damische Ritter, Kasimir III. (gespielt von dem Schauspieler André Hartmann) mit wuchtigem Zweihänder-Schwert und grüßt majestätisch in die Menge. Den vielen Zuschauern, die sich auf der Sendlingerstraße drängeln, um einen guten Blick auf den Umzug zu erhaschen, gefällt es sichtlich, schließlich langen die Veranstalter tief in ihre Bonbontüten.

Aber nicht nur auf den Straßen, sondern auch in den Sälen Münchens ist am vorletzten Faschingswochenende eine Menge geboten: Im Löwenbräukeller haben die Filser-Buam schon am Freitag zum traditionellen bayerischen Faschingsball eingeladen, bei dem die Mitternachtsshow den traditionellen Höhepunkt bildet. Ein wenig gesetzter, dafür aber nicht weniger glanzvoll ist es am Samstagabend beim Sternenball im Deutschen Theater zugegangen, wo nicht nur die Münchner Symphoniker zu Tanz und Opernmusik eingeladen haben, sondern zu Ehren der im vergangenen Jahr verstorbenen Swing-Legende auch das Hugo-Strasser-Orchester aufgespielt hat. Und während die Erwachsenen am Sonntag in der Altstadt dem Umzug der damischen Ritter zujubeln, findet für die kleinen Münchner parallel der Kinderfasching im Deutschen Theater statt.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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