Erding:Vom regionalen Bierbrauer zum weltweiten Marktführer

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Schon von 1928 an führte am Erdinger Weißbier kein Weg vorbei. (Foto: Museum Erding)

Zur Marketingstrategie des Erdinger Weißbräu gehört auch eine enge persönliche Bindung. Die Marke hat sogar einen eigenen Fanclub - mit 90 000 Mitgliedern in 65 Ländern.

Von Zoë Kögler, Erding

Eine Weißbiermarke mit einem eigenen Fanclub, der rund 90 000 Mitglieder verzeichnen kann, das hat nicht jede Brauerei. Und es gibt einige Brauereien in Deutschland und in der ganzen Welt. Der Erdinger Weißbräu hat aber genau das seit 1995 - und die Fans kommen aus mehr als 65 Ländern. Das Bier bekommt man sogar in noch mehr Ländern: mehr als 100, wie es offiziell heißt. Man möchte fast meinen, dass man die ganze Welt bereisen kann, ohne auf das heimische Bier verzichten zu müssen.

Dabei hat die Brauerei recht klein angefangen. Im Jahr 1886 ist das Erdinger Weißbräu als "Weisses Bräuhaus" gegründet worden. Damals war das Weißbräu ausschließlich ein regionales Unternehmen, das nur im Umkreis von Erding sein Bier verkaufte. 1935 kaufte Franz Brombach, der Vater des heutigen Geschäftsführers Werner Brombach, die Brauerei.

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In den 1960er Jahren stieg dann die Produktion stark an und Ende des Jahrzehnts verbreitete sich das Erdinger Weißbier als erstes Weißbier langsam in ganz Deutschland. Anfang der 1970er wurde Österreich das erste Exportland. "Wir haben uns über viele Jahre langsam an das Ausland herangetastet", sagt Waltraud Kaiser, die Exportleiterin der "Privatbrauerei Erdinger Weißbräu Werner Brombach GmbH", wie der offizielle Name heute lautet.

Zuerst seien sie eine regionale Brauerei gewesen, dann national aktiv und heute schließlich international, sagt Kaiser. Mit der Zeit kamen immer mehr Länder dazu, in die das Erdinger Weißbier geliefert wurde, und heute schließlich exportiert die Brauerei ihre Waren in mehr als 100 Länder auf allen fünf Kontinenten. Mit ungefähr 1,8 Millionen Hektolitern Ausstoß Bier pro Jahr ist die Erdinger Brauerei weltweiter Marktführer bei Weißbier.

Jede einzelne Flasche, die exportiert wird, ist aber nach wie vor in Erding abgefüllt, auch wenn es sich um ein internationales Unternehmen handelt. "Alles wird original in Erding gebraut, nach deutschem Reinheitsgebot", betont die Exportchefin. Das sei sowohl eine Qualitätsfrage als auch eine Frage der Philosophie der Privatbrauerei.

Lizenzen vergeben sie nicht. Sie wollten die perfekte Qualität, das sei das Ziel, sagt Waltraud Kaiser. Während sich die Etiketten und die Verpackungen für die verschiedenen Länder unterscheiden, ist das Erdinger Weißbier an jedem Ort der Welt das Gleiche.

Sogar die Fässer seien die gleichen und kämen dann auch wieder nach Erding zurück - egal wie weit der Weg auch sein mag, erzählt Kaiser. "Jeder hat also ein Stück Erding in der Hand", sagt sie. Auf diesen sehr regional orientierten Ansatz hat sich das Unternehmen schon früh konzentriert. Bereits 1971 warb das Erdinger Weißbräu mit seiner bayerischen Tradition und seiner Qualität. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Um sich gegen andere Brauereien auf dem internationalen Markt - und davon gibt es einige, die wahre Giganten im Vergleich zum Weißbräu sind, wie zum Beispiel die belgische Anheuser Busch InBev oder Heineken - zu behaupten, würden sie besonders auf Qualität setzen, da sie sich nicht in den Markt einkaufen könnten, sagt Kaiser. Mit 1,8 Millionen Hektolitern im Jahr ist der Weißbräu ganz weit hinten auf der Liste: Heineken produziert zum Beispiel fast 172 Millionen Hektoliter im Jahr.

Zu Erdingers Fanfesten kommen beispielsweise auch Blogger aus Südkorea

Ihren Schwerpunkt habe der Weißbräu aber in Europa, wo sie überall gut vertreten seien, sagt die Exportchefin. Aber auch besonders Asien, Lateinamerika und die USA seien wichtig. Allgemein gehe es ihnen aber nicht unbedingt darum, noch mehr Länder mit Erdinger Weißbier zu beliefern. Vielmehr wollten sie bestehende Beziehungen intensivieren und zusammenwachsen.

Und deshalb gibt es unter anderem große Fanfeste, mit Gästen aus der ganzen Welt. Zum Erdinger Herbstfest kommen fast 800 Gäste. Manche nehmen einen stundenlangen Flug dafür auf sich. Einige werden sogar von der Brauerei persönlich eingeladen. Blogger aus Südkorea kämen beispielsweise, erzählt Kaiser, aber auch Journalisten von großen Zeitungen im Ausland. Auch Organisatoren von Bierfestivals auf der ganzen Welt kämen, um sich das Herbstfest anzusehen.

Heute ist das Erdinger Weißbier in mehr als 100 Länder zu bekommen, unter anderem sogar auf Inseln der Malediven. (Foto: Erdinger Weißbräu)

Es diene als Vorbild für ihre eigenen Feste. Die Brauerei unterstütze sie bei der Organisation von Oktoberfesten in aller Welt. Das größte sei das in Dublin, sagt Kaiser. Sie beliefern aber auch welche in Hongkong, Singapur, Brasilien oder in den USA. Dieses Jahr soll London neu hinzukommen. Hauptsächlich liefere das Erdinger Weißbräu für solche Feste die Dekoration - und natürlich das Bier.

Fans hat das Erdinger Weißbier also auf der ganzen Welt. Das zeigt auch der Fanclub. Die Fangemeinde habe sich eben herauskristallisiert, sagt Kaiser. Der Club bringe Popularität und sei eine Art Marketing. Auch solle so eine persönliche Bindung zwischen Fans und der Marke hergestellt werden. Während die Fans aus dem Fanclub aus aller Welt kommen, liege der Schwerpunkt der Betreuung aber in Deutschland.

Zu besonderen Anlässen gebe es auch Fanfeste. Das letzte zum 130-jährigen Bestehen der Brauerei im vergangenen September haben rund 6000 Fans besucht. Jeder Besucher erhielt zwei Mass Bier und ein Essen gratis. Für die Stadt ist der Weißbräu wohl der beste Werbeträger, den man sich vorstellen kann. Erding kennt man dadurch weltweit.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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