Enkeltrickbetrüger:Falsche Nichte, echter Polizist

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"Die Masche ist nicht nur kriminell, sie ist eine Sauerei": Sie geben sich als Nichten, Enkel oder Schwägerinnen aus - und erschleichen sich Geld von älteren Menschen. Jetzt hat die Münchner Polizei eine Enkeltrickbetrügerin identifiziert.

Von Florian Fuchs, München

Der Fall stammt aus dem Januar, aber nun hat die Polizei die Enkeltrickbetrügerin identifiziert - mit Hilfe eines Fingerabdrucks auf einem Hundert-Euro-Schein. Am 22. Januar meldete sich eine Frau bei einem 74-Jährigen, gab sich als seine Nichte Sandra aus und bat um 42 000 Euro, weil sie eine Wohnung kaufen wolle. Pech für die Frau war, dass der 74-Jährige ein pensionierter Polizist ist, der den Trick sofort durchschaute.

Zum Schein ging der Mann auf die Forderung ein und verständigte seine alten Kollegen. Die Betrüger bemerkten zwar die Falle und brachen ihren Coup ab. Die Polizei fand aber heraus, dass sich die Täterin mit einem Taxi zu dem Anwesen des 74-Jährigen hatte fahren lassen, bevor sie doch flüchtete. Anhand des Fingerabdrucks auf dem Schein, mit dem sie das Taxi bezahlt hatte, fanden die Beamten Monate später heraus, dass die 34-Jährige inzwischen in Bamberg im Gefängnis sitzt. Sie war bei einem anderen Enkeltrickbetrug festgenommen worden.

"Kriminalität zum Nachteil von Älteren"

Enkeltrickbetrug ist mittlerweile ein so großes Problem, dass sich im Münchner Präsidium die Abteilung für organisierte Kriminalität damit beschäftigt. Eine eigene Ermittlungsgruppe mit zehn Beamten kümmert sich um die Anzeigen. Im Jahr 2013 gab es laut Polizeistatistik 440 Fälle von Enkeltrickbetrug. Als Erfolg wertete es die Polizei, dass die Betrüger davon nur in elf Fällen wirklich Geld bekamen, der Schaden betrug insgesamt dennoch 218 000 Euro.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres verzeichneten die Beamten 205 Betrugsversuche und fünf Fälle, in denen die Täter insgesamt 167 000 Euro erbeuteten. 176 der 210 Opfer der Enkeltrickbetrüger in diesem Jahr waren älter als 70 Jahre. "Es handelt sich eindeutig um Kriminalität zum Nachteil von Älteren", sagt Polizei-Vizepräsident Robert Kopp. "Die Masche ist nicht nur kriminell, sie ist eine Sauerei."

Es gibt auch immer wieder Fälle, die nur leicht vom klassischen Enkeltrick abgewandelt sind. Ende Juni zum Beispiel klingelte eine Frau direkt bei einer 82-Jährigen, ohne zuvor anzurufen. Sie gab sich als frühere Bekannte aus und wollte 1000 Euro haben. Die Rentnerin war so verwirrt, dass sie das Geld übergab.

Sparkasse schult ihre Mitarbeiter

Neben den Aufklärungskampagnen der Polizei kümmern sich auch die Banken verstärkt um das Problem. Die Stadtsparkasse etwa schult ihre Mitarbeiter, darauf zu achten, wenn ungewöhnliche hohe Geldbeträge abgehoben werden. Mitarbeiter Martin Ruckdeschel etwa hatte erst im Mai eine 84 Jahre alte Kundin, die plötzlich 20 000 Euro für ihre angebliche Schwägerin abheben wollte. Ruckdeschel überzeugte die Frau, besser die Polizei zu alarmieren.

Albert Kaifer von der Deutschen Bank bewahrte ebenfalls im Mai eine 85 Jahre alte Kundin vor einem Betrug. Die Frau sagte, sie benötige schnell 30 000 Euro für die Lebensgefährtin ihres Sohnes, die das Geld wiederum für eine Versteigerung brauche. Wenn ein Auftrag von Kunden wie in diesem Fall so deutlich vom gewöhnlichen Geschäftsmuster abweiche, dann werde man stutzig, sagt Kaifer. Gemeinsam mit der Rentnerin rief er die echte Lebensgefährtin des Sohnes an, wodurch sich die Sache aufklärte.

© SZ vom 08.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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