Zorneding/Ebersberg:Langer Schulweg

Lesezeit: 2 min

Der Schulweg kann sich im Landkreis für Berufschüler ganz schön ziehen. (Foto: Günther Reger)

Viele Jugendliche fahren weite Strecken in ihre Berufsschulen. Die Zornedinger Einrichtung soll von 2020 an einige entlasten. Noch steht die Ausbildungsrichtung nicht fest - und jeder will was anderes.

Von Johannes Hirschlach, Zorneding/Ebersberg

Wo sie hin soll, steht schon so gut wie fest. Auf dem freien Grundstück in der Eglhartinger Straße in Zorneding könnte bis 2020 die landkreisweit erste Berufsschule entstehen. Noch steckt die Planung in den Kinderschuhen, über die fachliche Ausrichtung gibt es noch keine Beschlüsse. Abhängig wird die Entscheidung darüber vor allem davon sein, in welchen Bereichen das Kultusministerium den größten Bedarf sieht - der soll Anfang kommenden Jahres durch eine Probeeinschreibung ermittelt werden.

Die Berufsschulen im Umkreis teilen sich bislang das Schüleraufkommen aus dem Ebersberger Landkreis auf. In München-Riem, Freising, Erding, Wasserburg, Rosenheim und Bad Aibling stehen Staatliche Berufsschulen, in München selbst erweitern 35 städtische Berufsschulen das Lehrangebot - knapp 900 Auszubildende aus dem Landkreis lernen in der Landeshauptstadt. Daraus resultieren mitunter lange Anfahrtswege.

Der Verteilungsschlüssel ergibt sich aus der Lage der jeweiligen Gemeinden. Diese sind je nach Angebot unterschiedlichen umliegenden Berufsschulen zugeordnet. Für die beliebte Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann sind Schüler aus dem nördlichen Landkreis der Berufsschule in Erding zugeteilt. Wer im westlichen Landkreis wohnt, für den ist der Besuch einer Städtischen Berufsschule in München vorgesehen. Einwohner von Grafing und östlich davon müssen dagegen nach Rosenheim fahren. Mehr als 350 Ausbildungsberufe gibt es in Bayern an den staatlichen Einrichtungen.

Manche Berufschüler haben keine Wahl

Nachgefragte Ausbildungen, wie die zum medizinischen Fachangestellten, Kfz-Mechatroniker oder Verkäufer sind an vielen Berufsschulen erlernbar. Spezielle Fachbereiche bieten hingegen nur ausgewählte Standorte an. Die Berufsschule Wasserburg etwa ist für Jugendliche aus Südbayern die einzige Anlaufstelle, um den Beruf des Technischen Modellbauers zu erlernen. Wer Pferdewirt werden möchte, kann dies nur an der Berufsschule München-Land tun. Bei der Etablierung der Fachbereiche einer Berufsschule in Zorneding müssen die Verantwortlichen das Netz der umgebenden Schulen angemessen ergänzen oder auf Einzigartigkeit setzen.

Die ersten Ideen dazu stehen bereits im Raum. Nach frühen Gedankenspielen des Kultusministeriums halte man die Einrichtung eines kaufmännischen Bereichs für möglich. So äußerte sich Landrat Robert Niedergesäß (CSU) kürzlich in einer Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses im Kreistag.

Der Blick in die Sprengelverteilung verrät: Wer Bank- oder Hotelkaufmann erlernen will, muss nach Erding, München oder Rosenheim, Azubis zum Automobilkaufmann bleibt sogar nur die Münchner Berufsschule für Großhandels- und Automobilkaufleute - Anfahrtszeit aus Aßling: gut eine Stunde. Ebenfalls auf dem Schirm hat das Kultusministerium die Berufsbranchen der Lagerlogistik und Mechatronik. Beides haben im näheren Umfeld nur Münchner Berufsschulen im Portfolio.

Besonders gefragt: Elektriker

Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger (CSU) und Kreisrat Ernst Böhm (SPD) sähen gerne einen Fachschwerpunkt für Elektrotechnik umgesetzt. "Elektriker sind sehr nachgefragt", gab Böhm während der Sitzung zu bedenken. "Die müssen aktuell bis nach Pasing", merkte Schwaiger dazu an. Und tatsächlich: Auszubildende für Industrieelektrik oder Betriebstechnik lernen bislang in Rosenheim, München-Pasing oder Freising. Insbesondere letzterer Berufsschulstandort ist für Schüler aus dem nördlichen Landkreis, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, beschwerlich.

Mit dem Auto in knapp 40 Minuten erreichbar, ist mit dem Zug nach Freising der Umweg über München nötig. Schüler brauchen auf diesem Weg annähernd eineinhalb Stunden. Auch die S-Bahn nach Erding mit Umstieg in den Bus ist nicht signifikant schneller. Ähnlich verhält es sich mit der Anbindung der Berufsschule Bad Aibling an den südlichen Landkreis. Wer dort Maurer, Zimmerer, Metallbauer oder Klempner lernen möchte, muss eine Stunde Fahrzeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln einplanen.

Die Grünen-Fraktion schlug im Kreistag vor, einen Zweig für Pflegeberufe anzubieten. In Bayern ist das allerdings nur an Berufsfachschulen möglich, wie eine Sprecherin des Kultusministeriums erklärt. Theoretisch sei es jedoch möglich, an einer Berufsschule auch einzelne Berufsfachschulklassen einzurichten, sagt der Direktor der Staatlichen Berufsschule und Berufsfachschule in Freising, Matthias Fischer.

Dazu brauche es nur kooperative Träger, welche die Schüler einen Tag pro Woche im Betrieb beschäftigen. Neben Freising liegen die nächsten Fachschulen für soziale Pflegeberufe in München. Krankenpfleger haben es dagegen schon jetzt nicht weit: Für ihre Ausbildung gibt es eine Berufsfachschule an der Kreisklinik in Ebersberg.

© SZ vom 28.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: