Wohlfahrtspflege:Gemeinsam für die Schwachen

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In kleiner Runde planen Georg Knufmann, Andreas Bohnert, Ulrike Bittner und Peter Selensky, welche Themen sie mit der Politik besprechen möchten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege im Landkreis setzt sozialen Wohnungsbau, das neue Pflegegesetz und die Betreuung der Flüchtlinge ganz oben auf ihre Themenliste.

Von Jessica Morof, Ebersberg

Immer mehr Menschen im Landkreis wissen nicht, wie sie ihr Leben ohne Unterstützung bestreiten sollen. Sie müssen sich mit dem Nötigsten an den Tafeln versorgen, sie benötigen Hilfe von Schuldnerberatungen, sie suchen nach bezahlbaren Wohnungen. Für die Wohlfahrtsverbände im Kreis Ebersberg ist das eine alarmierende Entwicklung. Sie haben deshalb vor mehreren Jahren die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Ebersberg gegründet, mit dem Ziel, gemeinsam Missstände zusammenzutragen, nach Lösungen zu suchen und die Politik darauf aufmerksam zu machen.

Die Mitglieder sind Arbeiterwohlfahrt (Awo), Bayerisches Rotes Kreuz, Caritas, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband und Diakonisches Werk. Einmal im Jahr geben sich die Mitglieder ein Programm für die jeweils folgenden zwölf Monate. "Wir beaufsichtigen, was der Landkreis so macht", erklärt Peter Selensky, Vorstand des Diakonischen Werks Rosenheim und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für diesen Turnus. Das neue Pflegegesetz, sozialer Wohnungsbau und der Umgang mit Asylbewerbern steht auch bei den Wohlfahrtsverbänden ganz oben auf der Themenliste. Man wolle aber auch aktuelle Projekte wie Bildungsregion Plus, Gesundheitsregion Plus oder das demografische Gesamtkonzept begleiten und das eigene Fachwissen einfließen lassen, so Selensky.

Feedback für die Politik

Zudem sollen die Politiker auf Kreis-, Bezirks- und Bundesebene in regelmäßigen Gesprächen Rückmeldung bekommen, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen auf die Betroffenen haben. So habe das Pflegestärkungsgesetz einige Nachteile mit sich gebracht, betont Ulrike Bittner - wenn etwa Patienten wegen starrer Bürokratie von den Kassen keine Kompressionsstrümpfe mehr bezahlt bekämen. "Das fällt bei uns unter Schikane", sagt die Kreisgeschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt. Da müsse man "ein bisschen mehr auf den Mensch achten und ein bisschen weniger aufs Geld", betont auch Selensky; Andreas Bohnert, Kreisgeschäftsführer der Caritas, fügt hinzu: "Das sind alles Auswirkungen, die wir auf Bundesebene zurückspiegeln."

Das neue Gesetz möchte das Gremium deshalb auf jeden Fall in den kommenden Treffen mit den Mandatsträgern des Landkreises weiterverfolgen. Doch nicht nur die Pflege will die Arbeitsgemeinschaft berücksichtigen. "Auch die Themen sozialer Wohnungsbau und Asylbetreuung werden uns weiterhin beschäftigen", sagt Selensky. "Denn wir teilen den Optimismus der Staatsregierung nicht, dass es weniger Flüchtlinge geben wird." Gerade das Thema Wohnen beeinflusse das Leben stark. "Wenn die Kommunen den Schuss nicht hören, fehlen uns bald einige Berufsgruppen", macht Bittner deutlich. Schließlich betreffe der soziale Wohnungsbau längst nicht nur Arbeitslose oder Asylbewerber. Auch Vollzeitbeschäftigte wie Friseure, Kassierer, Kfz-Mechaniker oder Polizisten seien von den extrem hohen Immobilienpreisen der Ebersberger Region betroffen.

Gute Zusammenarbeit im Landkreis

Glücklicherweise sei das Interesse der politischen Seite zu erkennen: "Sie plant für unsere Treffen immerhin eine nicht unerhebliche Menge Zeit ein", lobt Bohnert. "Das kenne ich aus anderen Landkreisen ganz anders", fügt er hinzu und erhält die Zustimmung seiner Kollegen - die eigentlich ebenso seine Konkurrenten sind. Ein Fakt, der in der Arbeitsgemeinschaft immer wieder für Schwierigkeiten sorgen dürfte, wenn jeder auch die eigenen Interessen zu vertreten versucht. "Wir arbeiten gut zusammen - auch mit den Ämtern", betont jedoch Georg Knufmann, Leiter der Sozialpsychiatrischen Dienste Ebersberg. "Auch wenn es manchmal ein Ziehen, Zerren und Streiten ist."

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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