Arbeitslosigkeit:Sozialgenossenschaft soll helfen

Engagierte Poinger wollen eine Sozialgenossenschaft gründen, die benachteiligten Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll. Läuft alles glatt, könnte es schon Anfang 2017 losgehen.

Von Barbara Mooser, Poing

Flüchtlinge, Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Handicap sollen von einem neuen Projekt profitieren, das eine Gruppe engagierter Poinger ins Leben rufen will: Geplant ist die Gründung einer Sozialgenossenschaft, die diejenigen, die sich schwer tun auf dem Arbeitsmarkt, individuell fördern will. Der Einsatzbereich der Genossenschaft soll sich nicht nur auf Poing beschränken, sondern den ganzen nördlichen Landkreis umfassen. Mit der Unterstützung des Poinger Gemeinderats können die Initiatoren rechnen, bei der Sitzung am Donnerstagabend gab es viel Anerkennung für die Pläne. Mit im Boot ist auch schon der Gewerbeverband, der hofft, dadurch dringend benötigte Arbeitskräfte rekrutieren zu können.

Aufgekommen war die Idee im Poinger Helferkreis angesichts der großen Flüchtlingszuwächse Anfang des Jahres, die auch die Frage aufwarfen, wie es gelingen könnte, diesen Menschen möglichst schnell die Selbstständigkeit zu ermöglichen. Maria Boge-Dieker, die frühere Poinger Gemeinderätin, hat bereits Erfahrung mit dem Aufbau eines Zuverdienstprojekts für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung in Augsburg, an dieses Modell könnte sich auch die Poinger Genossenschaft anlehnen. In der geplanten Form wäre das Projekt aber dennoch einzigartig in Bayern.

Job-Mentoren sollen Unterstützung bieten

Helfen könnte das Projekt den etwa 400 Langzeitarbeitslosen im nördlichen Landkreis, Arbeitssuchenden mit psychischer Beeinträchtigung und den etwa 750 Flüchtlingen in den Gemeinden Poing, Pliening, Anzing und Markt Schwaben. Ihnen soll mit Unterstützung von Job-Mentoren die Möglichkeit geboten werden, vorhandene Kenntnisse aufzufrischen oder neue Fähigkeiten zu erwerben. Möglich wäre das in Praktika oder beim Probearbeiten in Betrieben.

Doch die Pläne gehen noch weiter: Die Initiatoren der Genossenschaft stellen sich vor, dass sogar eigene Werkstätten oder Handwerksbetriebe eingerichtet werden könnten. Dort könnten die Teilnehmer des Programms beispielsweise von erfahrenen Fachkräften, die im Ruhestand gern noch ihr Wissen weitergeben wollen, angeleitet werden. Denkbar wäre auch, dass die Sozialgenossenschaft sich ein größeres Projekt vornimmt - beispielsweise den Umbau eines vorhandenen Gebäudes oder die Bewirtschaftung eines Cafés - und so den Menschen die Möglichkeit gibt, ihre Fähigkeiten einzusetzen und auszubauen.

Das Jobcenter hat nichts dagegen, dass sich die Sozialgenossenschaft auf diese Weise in die Betreuung des eigenen Kundenkreises einmischen will, im Gegenteil: Die Pläne würden von Heinrich Schmidbartl, dem Leiter des Jobcenters, ausdrücklich begrüßt, sagte Maria Boge-Diecker im Gemeinderat.

Initiatoren hoffen auf Förderung durch Bayerisches Staatsministerium

Um die ehrgeizigen Pläne umsetzen zu können, müssen freilich auch Fördermittel fließen. Die Initiatoren des Vorhabens hoffen darauf, dass sie Gelder aus Programmen des Bayerischen Staatsministeriums und dem Inklusions- und Arbeitsprogramm der "Aktion Mensch" bewilligt bekommen. Allerdings sind das jeweils Anschubfinanzierungen für einige Jahre, daher sind weitere Einnahmequellen nötig. Laut Boge-Diecker ist geplant, von den Arbeitgebern, die Arbeitskräfte aus dem Programm rekrutieren können, Vermittlungsprovisionen zu verlangen. Doch auch die Betroffenen selbst sollen einen Beitrag leisten, sobald sie auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben, und einen gewissen Teil ihres Gehalts für einen begrenzten Zeitraum in die Genossenschaft einzahlen.

Laut dem ersten Konzeptentwurf sollen pro Jahr für 50 bis 70 Menschen individuelle Förderpläne erarbeitet werden. Je nachdem, wie intensiv die Förderung sein muss, kümmert sich die Genossenschaft sechs Monate bis vier Jahre um die Teilnehmer des Programms. Ziel ist, dass die Abbrecherquote unter 25 Prozent liegt und mindestens 65 Prozent der Geförderten am Ende eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen haben.

Denkbar wäre im Laufe der Zeit auch eine räumliche Ausdehnung des Wirkungskreises. Zwar bauen die Initiatoren auf ein großes Netzwerk mit Bildungsträgern, Kirchen, Sozial- und Wirtschaftsverbänden und die Mitarbeit vieler Ehrenamtlicher. Koordinieren soll laut aktuellen Plänen das Ganze aber ein hauptamtlicher Geschäftsführer. Sollte alles klappen, könnte laut Boge-Diecker bereits im dritten Quartal des Jahres gegründet werden. Anfang 2017 würde dann die tatsächliche Arbeit beginnen.

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