Kirchseeon:Beschwerdeflut nach Infektionswelle

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Der Auslöser der Darm-Epidemie ist gefunden - doch jetzt gibt es Kritik am Krisenmanagement des Berufsförderungswerks.

KirchseeonEs war Noro. Das Virus, das am vergangenen Donnerstag den Brechdurchfall bei 150 Internatsbewohnern im Kirchseeoner Berufsförderungswerk verursacht hatte, ist identifiziert. Das teilte der Leiter des Ebersberger Gesundheitsamtes, Dr. Hermann Büchner, am Dienstag mit. Anonym bleiben hingegen Beschwerdeführer, die den angeblich unprofessionellen Umgang der Betriebsleitung mit der Infektionswelle nutzen, um die Einrichtung mit einer Beschwerdeflut zu überziehen.

In Internetforen wird behauptet, dass weder Internatsbewohner noch externe Kursteilnehmer ausreichend über das Gefährdungspotenzial informiert worden seien. Darüber hinaus seien die Waschräume nur unzureichend geputzt worden, um eine weitere Ausbreitung der Infektion zu verhindern. Einige Forennutzer sind überzeugt, dass das Berufsförderungswerk, das Menschen meist nach schweren Erkrankungen oder Unfällen wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern will, hätte schließen müssen. Dies sei nur deshalb nicht geschehen, weil sonst die Leistungen für die Einrichtung gekürzt worden wären.

Verwaltungsleiterin Sabina Ott schüttelt über die Vorwürfe den Kopf. Als Donnerstagfrüh die ersten 50 Erkrankungen aufgetreten seien, habe man sich umgehend mit dem Ebersberger Gesundheitsamt beraten. Die vereinbarten Maßnahmen seien mit den fünf hauseigenen Ärzten zuverlässig durchgeführt worden. "Ab 9.30 Uhr sind wir dann in die Kurse gegangen, wo wir die Rehabilitanten unterrichtethaben", sagt Sabina Ott. Das bestätigen Beschäftigte aus den Reihen der Ausbilder.

"Wir waren angehalten, darauf hinzuweisen, dass man möglichst keine Türklinken mit den Händen berühren soll", berichtet ein Mitarbeiter. Auch vor fremden Computermäusen sei gewarnt worden. Darüber hinaus habe man Türklinken und Lichtschalter umgehend desinfiziert und auch die Toiletten seien sofort und andauernd gereinigt worden. "In den Waschräumen hat man sofort Handdesinfektionsmittel aufgestellt", berichtet der Mitarbeiter weiter.

Gesundheitsamtsleiter Hermann Büchner verteidigt seine Entscheidung, die Einrichtung nicht geschlossen zu haben. Vom Ausbruch der Erkrankungswelle an habe er das Noro-Virus in Verdacht gehabt, dessen Verlauf - ein rasanter Anstieg und ein ebenso schnelles Abklingen - Medizinern vertraut ist. Ohnehin sei das Haus am Freitag geschlossen worden, weil die Betriebsferien begonnen hätten. "Viele Bewohner haben einen Urlaub gebucht oder wollten zu ihren Familien", sagt Büchner. Hätte er für alle 700 Bewohner eine Quarantäne über das Wochenende hinaus verordnet, hätte er die meisten "wohl nur mit der Polizei" zurückhalten können.

Davon ist auch Sabina Ott überzeugt. Ohnehin findet sie die Anzahl der anonymen Beschwerden in Relation zu der Gesamtzahl der Bewohner nicht beachtenswert. "Ich bin sicher, dass es jede Menge mehr Beschwerden gehagelt hätte, wenn wir alle hierbehalten hätten." Karin Kampwerth

© SZ vom 10.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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