Kindergarten:Teure Buchprüfung

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Weil er zwei Monate lang zu wenig Personal beschäftigt hat, muss der Kindergarten Karwendelkiste in Vaterstetten Geld zurückzahlen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ein akuter Personalmangel im vorvergangenen Jahr wird für den Kindergarten Karwendelkiste in Baldham teure Folgen haben. Weil im März und April 2013 nicht die Zahl an Fachkräften verfügbar war, die das Gesetz für eine solche Einrichtung vorschreibt, fordert der Freistaat nun bereits gezahlte Fördermittel in Höhe von 10 372 Euro zurück. Die ebenfalls zu viel gezahlten Fördermittel der Gemeinde in gleicher Höhe darf der Kindergarten indes behalten, dies beschloss nun der Finanzausschuss.

Dass der fehlerhafte Personalschlüssel, der nun zur Rückforderung führt, überhaupt bekannt wurde, liegt an einem weit größeren Versäumnis, das im vergangenen Jahr in Poing festgestellt wurde. Damals kam heraus, dass in den Einrichtungen des Diakonievereins über Jahre hinweg falsch abgerechnet wurde. So wurden etwa Buchungszeiten falsch angegeben und es war lange zu wenig Fachpersonal in den beiden Kitas beschäftigt. Am Ende forderte das Landratsamt insgesamt mehr als eine Million Euro von der Gemeinde Poing zurück, die der Freistaat zuvor an die Kommune zur Weitergabe an die Kitas überwiesen hatte. Ob die Gemeinde das Geld je wiedersieht ist fraglich, der Trägerverein hat inzwischen Insolvenz angemeldet.

Nach Bekanntwerden der Vorfälle in Poing sei man auch im Verein Karwendelkiste aktiv geworden, sagte Götz Beckenbauer, im Rathaus zuständig für den Bereich Familie und Bildung. Tatsächlich seien bei der Überprüfung, die zusammen mit dem Landratsamt erfolgte, Fehler festgestellt worden, so Beckenbauer weiter. Als problematisch erwiesen sich letztlich nur der März und der April des Jahres 2013. Damals hatte der Kindergarten den im Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) für den Erhalt von Fördermitteln vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel nicht einhalten können. Hintergrund ist, dass zu Beginn des Kindergartenjahres 2012/2013 eine Fachkraft überraschend ausgefallen war und eine Nachfolgerin nicht gefunden werden konnte. Den größten Teil des Jahres konnte der Verein den Verlust zwar ausgleichen, aber für zwei Monate war eine Kinderpflegerin in Ausbildung, die inzwischen regulär in der Einrichtung arbeitet, als Vertretung eingesetzt - was nach den Vorgaben des BayKiBiG nicht förderfähig ist. Allerdings solle die Gemeinde nur das Geld zurückfordern, das sie selbst ans Landratsamt zahlen muss, schlug die Verwaltung vor. Dem stimmten, bis auf Manfred Schmidt (FBU/AfD), alle Ausschussmitglieder zu. Er forderte, das gesamte Geld zurückzuverlangen, alles andere sei "ein Freibrief für selbst verschuldete Unzulänglichkeiten". Falls die Rücklagen des Vereins dazu nicht reichten, könne man ja eine "einmalige Elternumlage" machen, schließlich hätten die Eltern den Vorstand gewählt und seien verantwortlich. Doch deren Kinder seien längst nicht mehr im Kindergarten, die Eltern selbst auch nicht mehr im Verein, entgegnete Beckenbauer, deren Nachfolger nun zur Kasse zu bitten, sei daher ungerecht. Und über die Rücklagen könne der Verein die zusätzlichen 10 000 Euro keinesfalls aufbringen, sagte Hauptamtsleiter Georg Kast. "Wir würden den Verein in die Insolvenz treiben und den Fortbestand der Einrichtung gefährden", warnte Kast. Der kleine Kindergarten mit 24 Plätzen sei wegen des besonderen Angebotes, etwa Sport-, Musik und Sprachkurse sehr beliebt und sollte darum auch erhalten bleiben. CSU-Gemeinderätin Christl Mitterer wies darauf hin, dass man bereits jetzt ein Problem habe, genügend Kindergartenplätze bereitzustellen. Mit einer Rückzahlung habe man gerechnet, sagte der neue Vorsitzende des Trägervereins Christian Krinner. Dass nicht die gesamte Summe zurückgefordert wird, "das begrüßen wir sehr". Denn der Verein Karwendelkiste verfolge mit seiner Trägerschaft keine wirtschaftlichen Interessen, "wir verwalten nur das Geld für den Kindergarten". Dass es vor zwei Jahren zu der Unregelmäßigkeit bei der Berechnung des Betreuungsschlüssels kam, liege auch daran, dass die Beantragung von Fördermitteln "nicht einfach ein Formular, ist, das man ausfüllt", sagt Krinner, daher sei die Fehlerquote hoch, besonders wenn sich jemand mit der Materie nicht gut auskenne. "Wenn alle Einrichtungen geprüft würden, würde man auch überall etwas finden", vermutet Krinner. Gefährdet sei der Kindergarten durch die nun anstehende Rückzahlung nicht, betont er: "Unsere Einrichtung wird weiter bestehen."

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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