Jazz:Die zwei Stimmen der Jasmin Bayer

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Jasmin Bayer hat eine wunderbare Stimme - wenn sie sich beim Vibrato zurücknimmt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die junge Jazzsängerin hat viel theatralisches Potenzial

Von Claus Regnault, Grafing

Jasmin Bayer, der dieser Abend bei Jazz im Turm gewidmet war, ist eine Performerin von unleugbar theatralischer Herkunft. Hierfür spricht schon der Gesten-Reichtum, mit welchem sie die meist von ihr selbst komponierten und getexteten Balladen von reizvoller Machart zusätzlich erläutert. Und sie ist eine Jazzsängerin mit dazugehörigem Rhythmusgefühl und Phrasierungsqualität. Und gerade diese von ihr selbst komponierten, durchaus reizvollen Balladen, bringen ihre Stimme dann besonders zur Geltung, wenn sie mit verhaltener, fast mädchenhafter Stimme vorträgt.

Ihre Stimme hat jedoch ein Problem, das überreich eingesetzte Vibrato, jene minimale Veränderung der Höhe des angeschlagenen Tons. Dieses Vibrato wirkt im hohen Register, druckvoll vorgetragen, fast grell. Die Technik dieses Vibratos mag auf ihrer Erfahrung amerikanischer Musik, insbesondere derjenigen des Musicals beruhen, in welchem die Stimme, sich dynamisch steigernd, druckvoll in die Höhe gehoben wird, um damit auch die gewünschte Beifallsreaktion des Publikums anzuheizen. So erklang bei dem Einleitungssong, ihrer Eigenkomposition "You sold me down the river", ihre zarte und zärtliche Mädchenstimme; in "Goldfinger", dem Song aus dem gleichnamigen James Bond Film, machte sie den nicht ganz gelungenen Versuch, das Vorbild Shirley Bassey sogar noch zu übertrumpfen. In der anschließenden Jamsession konnte sie hingegen mit der wunderbaren, zart intonierten Melodie des "Nature boy" vor allem dadurch überzeugen, dass sie mit energischem Aufstampfen diese Ballade ins up-Tempo trieb, der jazzigste Moment ihrer Performance, der ihre illustre Begleitband zur Höchstleistung anstachelte.

Diese Combo hatte als Vorreiter Peter Tuscher. Mit ihm hatten Grafings Jazzfreunde endlich wieder einen Startrompeter, der im strahlenden Ton die Sängerin höhensüchtig begleitete und einen weiteren Glanzpunkt des Abends bildete, gewürzt durch seine wie immer komisch humorigen Ansagen. Und neben dem fabelhaften Swing des Bassisten Markus Wagner und des effektsicheren Drummers Christos Asonitis war es vor allem das gelassene Pianospiel des Schotten Davide Roberts, der swingend und beredt seine Improvisationslinien entfaltete.

Da war die Stimmung in der Turmstube dermaßen aufgeheizt, dass Drummer Frank Haschler seine Atabaques - das sind längliche Bongos afrikanischer Herkunft - auf das Podium hievte und ein begeisternd virtuoses Duo (nicht Duell) mit dem Schlagzeuger ablieferte.

© SZ vom 05.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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