Ebersberg:Bilder vom Frieden

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Bei der Vernissage der Ausstellung "Art Afrika Zorneding" in der SZ entstehen zwischen Besuchern und Flüchtlingen lebhafte Gespräche.

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Das Bild der drei hochgewachsenen, in rote, blaue und gelbe Umhänge gehüllten Gestalten vor schwarzem Hintergrund zieht bei der Vernissage der Ausstellung "Art Afrika" in der SZ-Galerie Ebersberg vergangenen Donnerstag die Blicke magisch an. Mohamed, der aus dem Senegal kommt und diese grafisch wirkende Szene gemalt hat, beantwortet die Fragen der Gäste: "Das sind Hirten", erklärt er. Auch den gelben Vogel im Geäst eines Baums hat er gemalt, eine friedliche Szene, die sich gut als Illustration zu einem Märchenbuch eignen würde.

Etwa fünfzig Besucher drängen sich im Redaktionsflur, der als Galerie dient, zeitweise ist kein Durchkommen mehr. Ebersbergs erster Bürgermeister Walter Brilmayer und Landrat Robert Niedergesäß schauen kurz vorbei, zahlreiche Mitglieder des Helferkreises Asyl aus Zorneding, wo die jungen afrikanischen Flüchtlinge wohnen, Vertreter des Vereins "Alter erleben in Zorneding" sowie ein paar Mitglieder des Kunstvereins Ebersberg haben sich auf den Weg gemacht.

Die Bilder zeigen die Heimat und das neue Leben

Ibrahim und Friday, die wie Mohamed im Containerdorf wohnen, haben ebenfalls einige der Bilder gemalt. Die grauschwarze Zeichnung einer nigerianischen Königsmaske - Friday hat das Motiv in seinem Handyarchiv entdeckt - findet beim Landrat Zuspruch. Eine solche Maske sei einst bei besonderen Zeremonien getragen worden, erklärt Friday. Motive aus der Heimat, ein Sonnenuntergang an der Küste von Sierra Leone kurz vor Einbruch der Nacht, Fischer auf einem See, das Zerstoßen von Getreide in einem Mörser, die Rundhütten der Familien - Ibrahims Bilder vermitteln Heimweh und die Sehnsucht nach einem Leben in Frieden.

Der Malkurs ist ein Teil des Projekts "Alltagsbegleitung für Flüchtlinge". Betreut werden die jungen Männer von Alfred Scheffelmann, dem pensionierten Konrektor der Mittelschule Markt Schwaben. Die Bilder, die jetzt gerahmt im Flur der SZ hingen, seien auf einer Tischtennisplatte entstanden, erzählt er den Besuchern und zitiert Goethe mit den Worten "Die Kunst ist Vermittlerin des Unaussprechlichen." Denn das Malen habe bei dem einen oder anderen auch Wunden aufgerissen, Erinnerungen aufgefrischt, die vielleicht zu schrecklich sind, um ausgesprochen zu werden.

Zahlreiche Ehrenamtliche unterstützen die Flüchtlinge

Wer die Motive genau betrachtet, versteht die Sprache der Bilder und ist berührt von einem Schicksal, wie es zum Beispiel hinter dem kindlich bunten, wie eine Schale gezeichneten Boot steckt. Die Passagiere stehen aufrecht in Reih und Glied. Das Meer ist blau, die Dünung sanft, unter dem Rumpf schwimmen Fische, am Himmel stehen die Mondsichel und eine Kette von Sternen. "My Way from Libya to Lampedusa, Italy" steht darüber geschrieben. Wer nicht weiß, welche Hölle viele Menschen aus Afrika bei diesen Fahrten übers Meer erleben, könnte die Zeichnung - in der Ausstellung ist ein Foto davon zu sehen - für die Illustration einer fröhlichen Ausflugsfahrt halten.

Zum Glück haben die in Zorneding wohnenden Flüchtlinge zahlreiche ehrenamtliche Helfer, die wissen, was ihre Schützlinge erlebt haben und was sie brauchen. Zu diesem Kreis gehört auch der schottische Geschäftsmann Gordon Robertson, der sich als Lesepate für einen jungen Mann aus Eritrea engagiert, aber auch bei alltäglichen Problemen hilft, etwa bei der Jobsuche oder, wie er erzählt, bei der Kündigung eines Mobilfunkvertrags, den einer der jungen Männer abgeschlossen hat, nicht wissend, was er unterschreibt.

Und während Mohamed, Friday und Ibrahim lachend die Aussprache deutscher Umlaute üben, planen die Damen des Vereins "Alter erleben in Zorneding" gemeinsame Aktionen wie einen Spielenachmittag oder Kuchenbacken, was Ibrahim, der einmal als Bäcker arbeiten möchte, freuen dürfte (bis 5. November).

Das Geld, das bei eventuellen Bildverkäufen eingenommen wird, kommt dem Helferkreis für ein neues Flüchtlingsprojekt zugute.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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