Streit um Gewerbegebiet:Discounter am Friedhof

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Lidl würde gerne umziehen, auf die grüne Wiese gegenüber. (Foto: Christian Endt)

In Anzing regt sich Widerstand gegen das geplante neue Gewerbegebiet. Der Arbeitskreis Ortsgestaltung protestiert mit einer Unterschriftenliste

Von Anselm Schindler, Anzing

Der Anzinger Arbeitskreis Ortsgestaltung um Sprecher Ulrich Fröde wirft der Gemeindeverwaltung vor, die Bürger kaum in die Planungen zum Gewerbegebiet im Norden Anzings einzubeziehen. Auch bei der Bürgerversammlung an diesem Dienstagabend wird die vom Rathaus favorisierte Bebauung neben dem Friedhof wohl für Misstöne sorgen: Denn bei vielen Anzingern regt sich schon seit Längerem Unmut über die Pläne der Gemeinde, die Wiesenflächen im Osten der Erdinger Straße mit Gewerbe zu verbauen.

Vor genau einem Jahr bestimmte das Thema schon einmal die Versammlung im Forsthof, in der Gaststätte prangerte der Arbeitskreis Ortsgestaltung das geplante neue Gewerbegebiet an, die Lage neben dem Friedhof sei pietätlos, zudem werde die Ortseinfahrt weiter verschandelt, auch aus ökologischen Gründen gebe es Bedenken. An sonnigen Wochenenden spazieren viele Anzinger über die Wiesenlandschaft, die sich entlang der Sempt zwischen Friedhof und Autobahn erstreckt. Im Flächennutzungs- sowie im Landschaftsplan der Gemeinde wird deshalb ein sorgsamer Umgang mit dem Gebiet angemahnt.

Als Protestaktion kursiert im Ort eine Unterschriftenliste. (Foto: Christian Endt)

Fröde bekam damals viel Applaus von anderen Anzinger Bürgern. An den Argumenten des Arbeitskreises hat sich bis heute nicht viel verändert, an den Planspielen zur Bebauung am Friedhof allerdings schon. Denn diskutiert wurden im Gemeinderat ursprünglich drei Parzellen mit einer Fläche von insgesamt 10 700 Quadratmetern, auf denen sich örtliche Betriebe ansiedeln sollten.

Einer Umfrage des Arbeitskreises unter den Anwohnern zufolge, ist die Mehrheit der Befragten für einen anderen Standort

Nach den neueren Plänen könnte der westlich der Erdinger Straße gelegene Lidl-Discounter auf die andere Straßenseite, also auf die umstrittene Fläche, umziehen. So zumindest steht es in einem Entwurf des Anzinger Bauamtes, der bereits Ende vergangenen Jahres im Gemeinderat vorgestellt wurde. Die Planänderung sorgt für neuen Zündstoff, schließlich mache es einen großen Unterschied, ob die Wiesen an der Sempt mit mittelständischen Unternehmen oder einem Discounter zugebaut würden, heißt es aus Frödes Arbeitskreis.

An einem Samstag im März befragten er und seine Mitstreiter Anzinger Bürger nach ihrer Meinung zum geplanten Gewerbegebiet neben dem Gottesacker. Die Mehrheit der Befragten sei für einen anderen Standort, das sei schnell deutlich geworden, so Fröde. Der Arbeitskreis sammelte rund 130 Unterschriften gegen die Pläne der Gemeinde und stellte Anfang des Monats im Gemeinderat den Antrag, dass die bisherige Planung für die Erweiterung der Gewerbefläche geändert werden soll. Einstimmig beschlossen die Gemeinderäte, den Antrag prüfen zu lassen, über den Inhalt diskutiert das Gremium dann erst im Mai.

Der Anzinger Friedhof soll künftig zwischen Neubau- und Gewerbegebiet eingequetscht werden. (Foto: Christian Endt)

Über den Umzug der Lidl-Filiale auf die andere Seite der Erdinger Straße wurde im Gemeinderat zwar bereits beraten, doch die Debatte zur konkreten Gestaltung der gewerblichen Bebauung im Norden des Friedhofs fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das wird vom Arbeitskreis Ortsgestaltung scharf kritisiert. Man hätte die Bürger bereits in der Ausarbeitung des Vorschlags miteinbeziehen müssen, argumentiert Fröde.

Helmut Wimmer, Bauamtsleiter im Rathaus, verteidigt derweil das Vorgehen der Verwaltung, eine endgültige Entscheidung des Gemeinderats stehe schließlich noch nicht fest, weswegen die Bürger nun immer noch intervenieren könnten. Die neue Lidl-Filiale wird nach derzeitigem Stand 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche und 120 Pkw-Stellplätze umfassen - und ist damit genauso groß wie die alte Filiale.

Ein neuer Kreisel soll dazu beitragen, dass der Verkehr im Norden besser fließt

Für die dann im Westen der Erdinger Straße frei werdende Gewerbefläche gebe es bereits Interessenten aus dem Ort, das erklärte das Bauamt bereits im Januar dieses Jahres. Bürgermeister Franz Finauer (UBA) habe schon erste Gespräche mit den Interessenten geführt. Man sei keineswegs generell gegen die Erweiterung von Gewerbeflächen in Anzing, erklärt der Arbeitskreis Ortsgestaltung in seinem Bürgerantrag an den Gemeinderat. Doch sollte das Gremium Alternativen für die derzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche nördlich des Friedhofes ausarbeiten, anstatt "wertvolles Naturgebiet" dem Beton freizugeben. Eine Alternative zu den vom Rathaus favorisierten Plänen sieht Sprecher Fröde in der Erweiterung bereits bestehender Gewerbeflächen durch den Ankauf oder den Tausch von Grundstücken.

Ein weiterer Streitpunkt ist der in den Planspielen der Verwaltung vorgesehene Kreisverkehr an der Einmündung der Erdinger Straße zum Gewerbepark. Der Kreisverkehr soll laut Bauamt den durch zusätzliches Gewerbe erhöhten Lkw- und Autoverkehr flüssiger durch den Anzinger Norden schleusen. Lidl hatte bereits vor einigen Monaten Bereitschaft signalisiert, einen Großteil der Baukosten für einen Kreisel zu übernehmen.

Die Maßnahme wird Bauamtsleiter Wimmer zufolge rund 450 000 Euro kosten, nur 150 000 Euro davon müsse Anzing selbst aufbringen. Das allerdings sei eine Milchmädchenrechnung, findet Ulrich Fröde. Denn der Kreisel werde überhaupt erst notwendig, wenn Lidl eine neue Filiale bekomme, die man dann möglichst effizient an die Erdinger Straße anbinden müsse.

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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