Design:Münchner Priester entwirft farbenfrohe Messgewänder

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Farbenfroh und angenehm zu tragen: Die Messgewänder von Pater Karl Kern. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Pater Karl Kern war mit seiner Berufskleidung nicht zufrieden. Also griff der 68-Jährige selbst zu Block und Stift - und sorgt für die passende Mode zu seinen Messen.

Von Franziska Schwarz, München

Die Stücke sind aus Seide. Die Schnitte sind klar und oversized. Die Muster geometrisch, und die Farben leuchtend, aber nicht etwa so neon-aufdringlich, wie man es in den vergangenen Saisons auch in den Münchner Modehäusern sah. Auch kann man bei den Exemplaren, die hier in der Sakristei von St. Michael auf einer Kleiderstange hängen, nicht nach dem Preisschild greifen. Es sind Gewänder, die Pater Karl Kern speziell für die Akteure des Gottesdienstes in der Münchner Jesuitenkirche entworfen hat.

Kern ist kein Fan von Konfektionsware: "Wir haben auch eine Serie von violetten Messgewändern, die aussehen wie aus Vorhangstoff, und die auch sehr schwer sind. Bei denen dacht ich mir: Um Gottes Willen, sowas kriegst du nicht über die Schulter." Mode-Interesse bei einem Gottesdiener? Hat hier jemand den falschen Beruf ergriffen? Karl Kern lädt in den Garten des prächtigen Renaissancebaus und legt sein Skizzenbuch aus Bütten-Papier auf den Plastiktisch.

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Pater Karl Kern entwirft die farbenfrohe Messgewänder für seine Kirche selbst.

Darin sind die Vorstudien zu seiner nächsten Kollektion zu sehen. Kernthema: der Kreis. Leitfarbe: Grün. Der Anlass: Es gibt in St. Michael fünf Pater, die regelmäßig konzelebrieren, und die sollen nicht "kunterbunt" am Altar stehen, sagt der 68-Jährige. In knapp einem Monat, Ende September, sollen die fünf Kleidungsstücke fertig sein, er hat die gleiche Münchner Schneiderin beauftragt wie immer.

Der Entwurf für das Messgewand des Hauptzelebranten hat einen roten Kreis vorne und einen roten Streifen hinten, die anderen Gewänder haben jeweils orange oder gelbe Symbole. "Das ist lindes Grün, zusammen mit Farben, die im Raum wirken", sagt Kern sehr ernst. In der Liturgie ist vorgeschrieben, an welchem Tag welche Farbe getragen wird, ob Grün, Rot oder Violett.

Andere machen sich anlässlich des Schulabschlusses vielleicht Gedanken, was sie werden wollen. Pater Kern wusste das schon mit neun Jahren: Priester. Seine Eltern haben ihm das nicht eingepflanzt. Kern ist im katholischen Unterfranken geboren und aufgewachsen, doch seine zwei Geschwister, ein älterer Bruder und eine jüngere Schwester, schlugen andere Laufbahnen ein. "Diesen extremen Weg bin nur ich gegangen", sagt Kern. Es gebe viele Kinder, die eine philosophische Ader haben, fährt er fort, und sich früh nach dem Sinn des Lebens fragen. "Und ich kann wirklich sagen: Es hat mich ein Ruf getroffen."

Der Pater legt Wert auf Qualität

Es folgten der Eintritt in den Jesuitenorden, ein Studium der Philosophie, eine Tätigkeit als Hochschulseelsorger in Karlsruhe, als Lehrer in einem Gymnasium in St. Blasien, und dann als City-Seelsorger in Nürnberg, 13 Jahre lang. In Nürnberg traf er die Kunstlehrerin Dorothea Kröll. Durch die Bekanntschaft wurde die Idee für eigene Messgewand-Entwürfe konkret. Die Aquarelle in dem dicken Skizzenbuch sind von ihr. "Wir telefonieren meist", sagt er, "und die Farben schlage ich vor, ich habe da mehr Mut."

Die Farben, die Kern selbst trägt, bei Hemd, Hose und Jackett, sind gedecktes Braun oder blasses Blau. Und wie oft tobt er sich farblich aus, an den Messgewändern, einmal im Monat? "Nein, um Gottes Willen". In den sieben Jahren, die er jetzt in München arbeitet, hat er acht Messgewänder anfertigen lassen. Die Stücke halten ja auch eine Weile. Kern legt Wert auf Qualität. Er erwähnt anerkennend Messgewänder, die von Künstlern gestaltet werden, aber: "Ein Gewand von Markus Lüpertz geht natürlich gleich in die Zehntausende."

Die Gewänder müssen in der großen Kirche wirken

Kern kommt aus einer Schneider-Familie. "Heute kommt die Massenproduktion aus Asien", sagt er, doch lange kannte er es nur so: Großvater oder Onkel nähen Jacke oder Anzug. "In den Fünfzigern war das ganz normal." In den folgenden Jahrzehnten brach die Textilbranche in der Gegend um Augsburg zusammen, doch Kern hatte noch Verwandte, die das Handwerk beherrschten. Bis in die 1980er trug er kaum etwas von der Stange.

Bei den Messgewändern gehe es ihm aber nicht darum, "besondere Klamotten" zu haben. In einer Kirche wie St. Michael könne man nicht mit kleinen Ornamenten oder Symbolen arbeiten - die Gewänder müssten auch auf 50 Meter wirken, auch für die Besucher hinten gut erkennbar sein, und das geht über die Farbe. "Die Liturgie ist ein Gesamtkunstwerk", sagt er, "man muss da seine Rolle beherrschen. Und zur Rolle gehören nicht nur das Auftreten, das Reden, der Duft, sondern auch die Kleidung."

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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