Katholische Kirche:Dieser Priester sucht nach Ideen für die Nutzung seiner Kirche

Katholische Kirche: "Wir wollen niemandem seine Kirche wegnehmen", versichert Kapuzinerpater Stefan Maria Huppertz. Er weiß, dass seine Idee nicht jedem gefallen wird.

"Wir wollen niemandem seine Kirche wegnehmen", versichert Kapuzinerpater Stefan Maria Huppertz. Er weiß, dass seine Idee nicht jedem gefallen wird.

(Foto: Robert Haas)
  • Kapuzinerpater Stefan Maria Huppertz will im Zuge der Sanierung der Kirche seiner Pfarrei neue Nutzungsmöglichkeiten ausloten.
  • Die Antoniuskirche ist einst für deutlich mehr Gläubige gebaut worden als heute noch in die Gottesdienste kommen.
  • Huppertz kann sich viele Funktionen für seine Kirche vorstellen - Bedingung aber ist, dass die Würde des Hauses erhalten bleibt.

Von Jakob Wetzel

Was hätte in dieser Kirche nicht alles Platz. Vielleicht eine Lounge, ein Café, ein Ort der Begegnung? Eine Bühne für Theateraufführungen, Proberäume für Musikschüler? Oder auch ein Raum für Kinder? Klar ist: So wie bisher geht es nicht weiter. Die katholische Antoniuskirche in der Isarvorstadt wird saniert, die Wände sind feucht, in mehreren Seitenkapellen bröckelt der Putz, auf dem Dach würden gar drei Bäume wachsen, sagt der Pfarrer, Kapuzinerpater Stefan Maria Huppertz.

Ob durch Vogeldung oder Pollenflug, das wisse er nicht, "die Kirche ist jedenfalls ein fruchtbarer Boden". Aber für die Bausubstanz sei das Gift. Seit Jahren schon bemüht sich der Pater deshalb beim Erzbistum München und Freising um eine Sanierung. Geschehen ist lange nichts. Jetzt, im Mai, bekam Huppertz endlich grünes Licht für die Planung. Doch er will es nicht dabei bewenden lassen, nur die Bauschäden auszubessern. Er will, dass in seiner Kirche etwas Neues entsteht.

Denn die Antoniuskirche ist groß, der tatsächlich für Gottesdienste benötigte Platz aber eher klein. Man solle nicht so tun, als wäre es noch 1895, sagt Pater Stefan Maria. Damals wurde die Kirche geweiht, ein großzügiger neuromanischer Bau, sie sollte dem Kapuzinerorden und 20 000 Katholiken im Stadtteil einen Ort zum Beten geben. Heute jedoch gebe es in der Pfarrei nur noch 3000 Katholiken, und im Konvent leben sieben Ordensbrüder. Werktags beten diese in ihrer Klosterkapelle. Und in die Antoniuskirche kämen sonntags vielleicht 100 Gläubige, schätzt Pater Stefan Maria. "Bei aller berechtigten Hoffnung, ich glaube nicht, dass wir in absehbarer Zeit mehr Platz brauchen als bisher." Deshalb wolle er den Ort öffnen.

"Was machen wir mit der Kirche?" Pater Stefan Maria würde diese Frage gerne grundsätzlich stellen, und zwar an alle, die sich angesprochen fühlen. Er wolle den Kirchenraum so gestalten, dass er allen Menschen im Viertel zugute kommt, nicht nur denen, die in die Messe gehen. In der nächsten Ausgabe des Pfarrverbandsmagazins Cappuccino will er die Gemeinde Ende Juli darum bitten, Vorschläge zu unterbreiten. Alles sei willkommen, und sei es ein Vierzeiler per E-Mail.

Außen werde sich nichts ändern, das gebiete der Denkmalschutz, sagt der Pfarrer. "Aber innen haben wir große Möglichkeiten." Zu viel vorgreifen wolle er nicht, aber man könne vielleicht einen Teil der Kirche abtrennen und für Konzerte oder Theateraufführungen zur Verfügung stellen, sagt er. Die Kirche habe ja eine großartige Akustik, der Nachhall sei acht Sekunden lang zu hören, "wie in Westminster Abbey". Und man könne sich auch überlegen, die Seitenkapellen anders zu nutzen.

Die Kirche solle keine Mehrzweckhalle werden

In diesen Kapellen stehen derzeit unter anderem eine raumfüllende Jahreskrippe und drei Beichtstühle. Letztere seien kaum in Gebrauch, sagt Pater Stefan Maria. "Ich habe viele Beichten, aber die meisten finden in meinem Büro statt." Anstelle der Beichtstühle könne man beispielsweise einen größeren Raum für Seelsorgegespräche einrichten. Vielleicht auch eine Begegnungsstätte, einen Ort für Lebensberatung, oder ein Zimmer für eine Kindertagesstätte. Wenn man den Bereich strikt vom sakralen Teil des Gebäudes abtrenne, sei auch gegen ein Café nichts einzuwenden, sagt der Pfarrer. Vielleicht könne das ja von einer kirchlichen Einrichtung wie der Caritas betrieben werden, schlägt er vor. Oder man schaffe einen abgeschlossenen Rückzugsraum für gestresste Anwohner, die auf dem Nachhauseweg von der Arbeit zur Ruhe kommen wollen.

Im Herbst werden die konkreten Planungen aufgenommen, Pater Stefan Maria will bis dahin Vorschläge sammeln und dann zu einer Ideenwerkstatt einladen. Im kommenden Jahr werde hoffentlich die Außensanierung beginnen, sagt er. Bis zur Innensanierung werde es wohl noch etwas länger dauern. Denkverbote gebe es dabei nicht, betont der Pfarrer. Nur eine Bedingung.

Die Kirche müsse ihre Würde behalten. "Wir wollen niemandem seine Kirche wegnehmen, sie darf keine Mehrzweckhalle werden", sagt er. Seine Idee werde auch so polarisieren, dessen sei er sich bewusst. Auch seitens des Ordinariats rechnet er mit Skepsis. Aber er wolle doch Ideen sammeln und diskutieren. Wenn man schon Millionen Euro in die Kirche investiere, sagt der Pfarrer, dann solle man auch an die Zukunft denken.

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