Waldkindergarten:Pädagogik unter freiem Himmel

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Mit Stöcken spielen, durch den Matsch laufen: Der neue "Waldkindergarten an der Vogelweide" überzeugt Eltern, Förster und Oberbürgermeister.

Von Petra Schafflik, Dachau

Tannenzapfen auflesen, ein filigranes Spinnennetz bewundern, kleine Frösche entdecken, leere Schneckenhäuschen aufsammeln, den Rufen der Vögel lauschen, Ameisen bei der Arbeit beobachten, mit Stöcken spielen, durch den Matsch stapfen: Für die sechs Kinder, die den im Mai eröffneten Waldkindergarten an der Schinderkreppe besuchen, gibt es täglich viel zu entdecken. "Die Natur ist der beste Erzieher", sagt Kindergarten-Leiterin Doris Hussendörfer. Wie die Kinder lernen und erkunden, das vermittelte den Gästen der Einweihungsfeier eine kleine Bilder-Galerie - an einer Leine mitten im Wald.

Der "Waldkindergarten an der Vogelweide", wie die Einrichtung wegen der vielfältigen Vogelpopulation im Umfeld jetzt feierlich benannt wurde, ist die erste waldpädagogische Einrichtung in Dachau. Das Konzept Wald-Kindergarten, im Landkreis bisher nur in ländlichen Gemeinden angeboten, "steht auch einer Stadt gut zu Gesicht", ist Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) überzeugt. Vielleicht sogar gerade der Stadt, wo Kinder unberührte Natur nicht direkt vor der Haustüre finden.

Eine Elterninitiative hat das Projekt angestoßen

Die Idee für einen Waldkindergarten in Dachau-Süd geht auf eine Elterninitiative zurück, die das Projekt aber dann nicht umsetzen konnte. Also hat die Stadt den Gedanken aufgegriffen und auf einem Waldstück an der Schinderkreppe den Kindergarten mit 25 Plätzen initiiert. Die neue Einrichtung wurde naturnah konzipiert, aber dennoch kindgerecht ausgestattet. Zur Infrastruktur gehört eine Kompost-Toilette genauso wie der solide Bauwagen, der den Kindern bei schlechtem Wetter als Unterschlupf dient. Ein mit Annehmlichkeiten wie Stromanschluss, Teeküche und Heizung ausgestatteter mobiler Bau, der 48 000 Euro gekostet hat. Ein Preis, der Stadtkämmerer Thomas Ernst "Freudentränen in die Augen treibt", wie der OB schmunzelnd berichtete. Kein Wunder, denn angesichts der Millionen-Beträge, die üblicherweise für neue Kitas investiert werden, ist der Waldkindergarten finanziell gesehen "ein Schnäppchen".

Doch eine Wald-Kita ist nicht nur preiswert, sondern überzeugt auch mit naturnahem Konzept. Als der Oberbürgermeister den Kindern "viele Abenteuer im Wald" wünschte, war ein wichtiger Aspekt getroffen, der offenbar auch Familien überzeugt. "Im Wald gibt es mehr Freiheit, mehr Platz, und die Kleinen können länger Kind bleiben. Es gibt nichts Besseres", sind die Eltern von Luka überzeugt. Mit seinen zweieinhalb Jahren ist der Junge der Jüngste in der kleinen Gruppe. Überzeugt von der Waldpädagogik ist auch Doris Faouzi, deren Sohn Yassin schon eine Waldspielgruppe besucht hat. Im Freien ohne vorgefertigtes Spielzeug sei die Fantasie viel stärker gefragt, erklärt Faouzi. Die Kinder würden eine enge Verbundenheit zur Natur entwickeln. "Das lässt sich mit nichts aufwiegen." Wenig überraschend, dass auch Förster Franz Knierer vom Waldkindergarten begeistert ist. Der Experte berät Kita-Leiterin Hussendörfer und ihre Kollegin Henrike Gross bei Fragen rund um Flora und Fauna. Auch eine Schulung zur Sicherheit im Wald hat er mit den Pädagoginnen abgehalten. Sorgen müssen sich Eltern nicht machen, betont Knierer. "Das Gefährlichste sind die an- und abfahrenden Fahrzeuge am Parkplatz."

Noch freie Plätze

Der Waldkindergarten ist als neue Einrichtung Anfang Mai mit zwei Kindern gestartet, jetzt kommen täglich sechs Mädchen und Buben, für die Zeit von September an gibt es elf Anmeldungen. "Wir schauen begeistert zu, wie der Zulauf steigt", betont Awo-Fachbereichsleiterin Marina Braun. Noch sind aber Plätze frei. Informationen finden interessierte Eltern im Internet unter www.awo-dachau.de, Anmeldungen sind in der Awo-Geschäftsstelle (Telefon 08131 / 61 20 60-12) möglich.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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