Sieben Musiker sitzen auf der improvisierten Bühne in der Kunstgalerie der Künstlervereinigung Dachau (KVD) in der Kulturschranne. Jeder von ihnen hält ein Instrument in den Händen. So weit, so normal. Doch das Konzert am vergangenen Montag, das den Auftakt zur Kunst-Sommerakademie Dachau bildete, war kein gewöhnliches. Denn die Musiker sind blind. Mit ihrem großen musikalischen Können war das Ensemble Blinde Musiker München der perfekte Einstieg in die Sommerakademie. Die KVD und das Dachauer Forum für katholische Erwachsenenbildung veranstalten ihre erste gemeinsame Sommerakademie in Dachau in mehreren Kursen, an denen sich zu ihrer Freude neben Laien auch behinderte Menschen des Franziskuswerks angemeldet haben. Die Blinden Musiker intonierten sozusagen das große Thema der Inklusion.
Inklusion ist das Gegenteil von Schubladendenken. Die Heterogenität aller Menschen wird nicht nur beachtet, sondern wertgeschätzt, Vielfalt ist die Normalität. Der Einzelne in seiner Individualität ist Teil der Gesellschaft und kann ohne Einschränkungen an ihr teilhaben. Ein selbstverständliches Neben- und Miteinander aller Menschen, das ist eine ehrbare Idee, die in der Praxis leider noch schwer umsetzbar ist. Die KVD und das Dachauer Forum, die Organisatoren der Kunst-Sommerakademie, versuchen, dieses Prinzip der Inklusion zu realisieren. Beide arbeiten schon seit Jahrzehnten regelmäßig mit dem Franziskuswerk im Dorf Schönbrunn zusammen.
Die Sommerakademie basiert auf einer Initiative des Dachauer Forums für katholische Erwachsenenbildung, erzählt Geschäftsführerin Annerose Stanglmayr. Das diesjährige Schwerpunktthema "Kultur ist überall" solle zu einer verstärkten Beteiligung des Dachauer Forums am kulturellen Leben in Dachau führen, vor allem in Kooperation mit dem Franziskuswerk Schönbrunn. Mit dieser Initiative trat das Forum an die KVD heran, gemeinsam entstand daraus die Idee der Sommerakademie. "Ich bin erstaunt, wie reichhaltig unser Programm geworden ist, obwohl die Sommerakademie zum ersten Mal stattfindet", sagt Monika Siebmanns, erste Vorsitzende der KVD. Obwohl Inklusion nicht das ursprüngliche Ziel der Veranstaltung war, ist durch die Zusammenarbeit mit dem Franziskuswerk Schönbrunn ein inklusives Angebot daraus geworden. "Es sollen mit einer Selbstverständlichkeit Menschen mit und ohne Behinderung teilnehmen, die gemeinsam den Reichtum in der Begegnung entdecken können", so Stanglmayr. Bereits bei der Auftaktveranstaltung war das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung erfüllt: Das Konzert der Blinden Musiker besuchten Bewohner des Franziskuswerks neben Menschen ohne Behinderung, Berufskünstler neben Laien.
Der Aufbau der Sommerakademie orientiert sich am Motto "Von der Idee über die Hand zur Kunst". Im ersten Workshop geht es um "Kunst(ge)schichten im Dialog zwischen Malerei und Zeichnung". Katrin Schürmann und Inge Jakobsen, beide KVD-Mitglieder, nähern sich mit den Teilnehmern auf spielerische Art und Weise verschiedenen Techniken an. Neben- und übereinander wird gezeichnet und gemalt, jeder experimentiert bei individueller Betreuung. Der zweite Workshop widmet sich dem Theater. Unter der Leitung von Sonderpädagogin Renate Neckermann entwickeln die Teilnehmer über Spiele und Übungen eigene Ideen, die auf die Bühne gebracht werden können. Diese beiden Workshops decken den Bereich der Idee im Motto ab. In Workshop drei erarbeiten die Teilnehmer lebensgroße Selbstporträts aus Ton, womit sich die Sommerakademie gemäß ihrem Motto der Hand zuwendet. Im vierten Kurs "Von Gutenberg zu Macintosh" darf in verschiedene Drucktechniken hineingeschnuppert werden. Zudem findet noch eine Bildhauerwerkstatt statt.
Alle in den Workshops entstandenen Arbeiten werden zum Abschluss der Kunst-Sommerakademie in der Galerie der KVD in der Kulturschranne ausgestellt. Die Erwartungen der Organisatoren haben sich dabei schon vor Beginn erfüllt, da alle fünf Workshops mit genügend Teilnehmern stattfinden können, so Siebmanns. Sowohl die KVD als auch das Dachauer Forum freuen sich sehr über den Zuspruch der Kunstfreunde und sind gespannt auf die Ergebnisse. Aber auch wer keinen Platz in einem der Workshops ergattern konnte, ist im Sinne der Inklusion nicht von der Kunst-Sommerakademie ausgeschlossen. Annerose Stanglmayr vom Dachauer Forum sagt: "Besuch ist willkommen. Abends zum Ausklang dürfen Besucher gerne reinschnuppern und sich selbst ein Bild von der Sommerakademie machen."
Sommerakademie von KVD und Dachauer Forum, Galerie in der Kulturschranne. Besucher abends zur Besichtigung erwünscht. Vernissage am Donnerstag, 23. August, um 19.30 Uhr.