Röhrmoos:Bayerisch-peruanisches Treffen der Kartoffelbauern

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Die peruanische Bäuerin Espirita Guerrero Romero (r.) und Agropia-Geschäftsführerin Yanet Giovana Garet Flores fahren auf einem Kartoffel-Vollernter. (Foto: Andreas Ziermann/Naturland, oh)

Espirita Guerrero Romero aus Peru besucht den Hof von Naturland-Mitglied Arthur Stein und staunt über die Technisierung eines modernen Landwirtschafsbetriebs.

Von Benjamin Emonts, Röhrmoos

Die Bäuerin Espirita Guerrero Romero baut ihre Kartoffeln in 4000 Metern Höhe an. Die peruanischen Anden, in denen sie lebt, gelten als die "Wiege der Kartoffel". Vor Tausenden Jahren sollen dort die ersten Kartoffeln überhaupt gewachsen sein. Mehr als 3000 verschiedene Sorten zählte man seither, rote, blaue, sogar schwarze. Die meisten von ihnen können nur unter den klimatischen Bedingungen in den peruanischen Anden gedeihen. Bis heute werden sie von Hand geerntet.

Dass Espirita Guerrero Romero schwer beeindruckt gewesen sein soll, als sie am Montag den Röhrmooser Bio-Bauern Arthur Stein auf dessen Scharlhof besucht hat, vermag also nicht zu verwundern. Steins Kartoffeln sind weder bunt noch so verschiedenförmig wie jene aus Romeros Heimat. Nicht zuletzt werden sie von Maschinen und nicht von Menschenhand geerntet. Romero durfte am Montag selbst mitfahren auf einem der großen Kartoffel-Vollernter, welche die Kartoffeln aus dem Boden ziehen und von Erde und Steinen befreien. Ein einziger Mann mit Traktor und Vollernter benötigt einen Tag, um eine Fläche von 3,5 Hektar abzuernten. In Peru schaffen 70 Arbeitskräfte in gleichen Zeit gerade einmal einen Hektar.

Bauern brauchen faire Preise

Umso wichtiger ist, dass die peruanischen Landwirte faire Preise für ihre Produkte erzielen. Das Forum Fairer Handel hat mit TransFair und dem Weltladen-Dachverband wieder die "Faire Woche" ausgerufen, die noch bis 30. September andauert. Ziel ist, gemeinsame Forderungen gegenüber Politik und Handel durchzusetzen und eine stärkere Ausweitung des Fairen Handels zu erreichen. Die Kleinbäuerin Romero wurde zu diesem Anlass mit der Geschäftsführerin der peruanischen Naturland Kleinbauern-Kooperative Agropia, Yanet Giovana Garet Flores, nach Deutschland eingeladen. Der Kooperative gehören 75 kleine Kartoffelbauern aus den Anden an. Es ist weltweit nur eine Naturland-Kooperation von vielen. Biobauer Stein sagt: "Naturland-Bauern auf der ganzen Welt haben das Ziel, mit der Natur zu wirtschaften, Menschen mit hochwertigen Bio-Lebensmitteln zu versorgen und eine gesunde Lebensgrundlage für zukünftige Generationen zu erhalten."

Während der Fairen Woche berichten Flores und Kleinbäuerin Espirita Guerrero Romero bundesweit, wie Öko-Landbau und Fairer Handel ihre Lebenssituation verbessern. Romero baut auf einem etwa drei Hektar großen Feld bis zu 80 verschiedene Kartoffelsorten an. "Der Faire Handel hat unsere wirtschaftliche Situation deutlich verbessert. So können immer mehr Mitglieder unserer Kooperative ihre Kinder zur Schule und auch auf weiterführende Schulen schicken. Meine Tochter lernt zum Beispiel Buchhaltung", sagte sie.

Moderne Vermarktung mit dem "Regiomaten"

Die Naturland-Kooperative ist gut aufgestellt für die Zukunft. Dank der Mittel aus der Fair Prämie konnte eine eigene Anlage aufgebaut werden, in der die Kartoffeln seit diesem Jahr am Ort zu Chips verarbeitet werden. Agropia macht sich damit unabhängig von Preisschwankungen und erzielt eine größere Wertschöpfung. Ihre roten und blauen Kartoffelchips werden in Deutschland in den Weltläden vertrieben.

Die Frage der Vermarktung beschäftigt den bayerischen Bauern nicht weniger als seine Kolleginnen aus Peru. Arthur Stein kann dank einer Kooperation mit anderen Öko-Bauern aus der Region direkt an den Lebensmitteleinzelhandel liefern. Der Zusammenschluss ermöglicht ausreichende Liefermengen und die Finanzierung der nötigen Infrastruktur. Einen Teil seiner Ernte, etwa ein bis zwei Prozent, vermarktet Stein über seinen Hof direkt. Seit vergangener Woche steht in einer Holzhütte auch ein "Regiomat", ein gekühlter Automat, in dem Verbraucher rund um die Uhr Produkte der umliegenden Erzeuger beziehen können. Es werden Fleisch, Wurst, Eier, Nudeln und Eierlikör angeboten. "Es ist spannend, wie andere Landwirte den Herausforderungen am Markt begegnen", sagte Agropia-Geschäftsführerin Flores: "Für Agropia sind ökologischer Landbau und fairer Handel die tragenden Säulen, um die Natur zu erhalten und die Lebensumstände unserer Mitglieder nachhaltig zu verbessern", betonte sie. Arthur Stein unterstrich, dass nur faire Preise den peruanischen Bauern ermöglichten, in den Anden weiter zu leben und nicht in die großen Städte umsiedeln zu müssen.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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