Public Viewing :Mitfiebern macht glücklich

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Im Festzelt des Karlsfelder Siedlerfests, im Naturbad Vierkirchen oder in Biergärten sind die Spiele der Fußball-WM wieder live auf Großbildleinwänden zu sehen. Die Fans lieben das Gemeinschaftserlebnis und die Stimmung beim Public Viewing

Von Thomas Altvater, Dachau

Eigentlich ist das Naturbad Vierkirchen ein idyllischer Ort. Kinder planschen, Schwimmbegeisterte ziehen ihre Bahnen und Jugendliche springen vom Beckenrand. Doch in wenigen Tagen, vom 14. Juni an, wird das Bad zu einer kleinen Fanmeile. Am Donnerstagabend beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Russland, die im Landkreis Dachau in vielen Biergärten und auch im Vierkirchener Naturbad auf Großbildleinwänden übertragen wird. Diese sogenannten Public Viewings sind nach wie vor beliebt. Aus einem Grund: "Die Stimmung macht den Unterschied", erklärt Valentin Großmann, der das Public Viewing im Naturbad heuer zum bereits sechsten Mal organisiert.

Nach dem Public Viewing fahren viele Fans der deutschen Fußballnationalmannschaft laut hupend durch die Dachauer Innenstadt. Die Autokorsos sind zwar beliebt, aber illegal, wie die Dachauer Polizei erklärt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft seien immer sehr gut besucht, sagt Großmann. Kein Wunder, die Mannschaft spielte sich und ihre Fans bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien in einen Rausch. "Die Menschen kommen bunt gekleidet und sind mit den Deutschlandfarben bemalt, das ist eine besondere Atmosphäre und ganz anders, als wenn man die Spiele zu Hause verfolgt", erzählt Großmann. Bis zu 200 Menschen füllen dann das Zelt in Vierkirchen. Die weiteren Spiele des Turniers überträgt Großmann auf Anfrage. Für das Spiel Portugal gegen Spanien habe sich zum Beispiel eine ganze Gruppe gemeldet, sagt er, "und das zeigen wir dann natürlich".

So sah der Paulaner Seegarten einst aus. (Foto: Toni Heigl)

Die Eindrücke, die Großmann über all die Jahre gesammelt hat, bestätigt nun sogar eine Studie. Denn Public Viewing macht tatsächlich glücklich. Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen befragten während der Fußball-Europameisterschaft 2016 ungefähr tausend Menschen nach ihrer Lebenszufriedenheit. Die Menschen, so das Ergebnis, waren während des Turniers zufriedener als davor und danach. Besonder stark ausgeprägt war dieses Gefühl bei Menschen, die sich für Fußball interessierten, sich mit der Nationalmannschaft identifizierten und die Spiele live verfolgten.

Autokorsos - beliebt, aber illegal

Oft vermischt sich die gestiegene Lebenszufriedenheit der fußballbegeisterten Menschen dann mit Euphorie und Adrenalin. Trotzdem müssen die Fans einige Dinge beachten, wie Polizeisprecher Björn Scheid erklärt. Gerade die so beliebten Autokorsos seien illegal, so Scheid. "Das lässt sich aber nicht wirklich verhindern." Vielmehr müsse man aufpassen, dass alles so sicher wie möglich sei, so Scheid. Der Polizeisprecher appelliert vor allem an die gegenseitige Rücksichtnahme. Autokorsos könnten im Extremfall zur Gefährdung werden, "für die Fans selbst und auch für die anderen Verkehrsteilnehmer."

Auch im Café Leonhard wird die WM übertragen. (Foto: Toni Heigl)

Dabei zieht es längst nicht alle Menschen vor die großen Leinwände. Viele Fans verfolgen die Fußballspiele in der eigenen Wohnung oder im Garten. Doch auch hier gilt das Rücksichtnahmegebot, auf das der Mieterverein München verweist. Die Toleranzgrenze der Nachbarn mag während des Fußballturniers vielleicht ein wenig höher sein, rein rechtlich gebe es allerdings "keine Sonderregelung für besondere Ereignisse wie eine WM", so der Verein. Spiele nach 22 Uhr solle man deshalb lieber in der Wohnung sehen als im Freien, wo die Jubelschreie viel lauter zu hören sind.

In der Stadt Dachau wird es zur Weltmeisterschaft allerdings keine größeren Veranstaltungen geben. Entsprechende Anträge seien bisher noch nicht eingegangen, wie Hauptamtsleiter Josef Hermann erklärt. "Und auch die Stadt selbst wird kein Public Viewing veranstalten", so Hermann. Stattdessen können Fußballfans die Spiele in vielen Wirtshäusern und Biergärten im Dachauer Land verfolgen. Neben dem Naturbad in Vierkirchen überträgt der Seegarten in Karlsfeld alle Spiele des Turniers auf einer Leinwand. Im Festzelt auf dem Siedlerfest in Karlsfeld sind die Spiele der deutschen Nationalmannschaft sowie die Halbfinal- und Finalspiele zu sehen. Auch im Café Leonhard in Karlsfeld, im Brunnwirt in Dachau, in der Vereinsgaststätte des TSV Dachau 1865, im Amperlust und in der LoK Dachau werden die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft übertragen.

Polen im Fußballfieber

Neben Deutschland spielen insgesamt 31 Mannschaften einen Monat lang um den Weltmeistertitel. 440 635 Menschen in Bayern haben die Staatsbürgerschaft einer der weiteren Mannschaften, wie das Landesamt für Statistik erklärt. Mit 112 255 Staatsangehörigen sind die Polen die stärkste ausländische Fan-Gruppe im Freistaat, so das Amt. Und macht sich bemerkbar: "Auch die polnischen Fans machen eine wirklich gute Stimmung", erinnert sich einer der Veranstalter des Public Viewings im Karlsfelder Seegarten an die Europameisterschaft 2016 zurück. Dem gegenüber steht der WM-Neuling Panama, der in Bayern von lediglich 95 Landsleuten unterstützt wird.

Für Valentin Großmann ist jedoch jetzt schon klar, wer neuer - und in diesem Fall auch alter - Weltmeister wird. Er setzt auf einen erneuten Titelgewinn der deutschen Nationalmannschaft.

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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